Cottage mit Aussicht
mutig von Ihnen! Das Haus hat nicht einmal Böden, nicht wahr? Ich wollte Sie einladen, bei uns ein Bad zu nehmen, aber im Augenblick können wir nicht einmal selbst baden. Ich warte auf einen Klempner. Er wollte eigentlich schon vor zwei hier sein - sieht also nicht so aus, als käme er jetzt noch.«
»Oje, wo liegt denn das Problem?«, fragte Anna.
Drei kleine Jungen, die vermutlich ihre Stimme gehört hatten, ließen ihre Kriegsspielzeuge - Massenvernichtungswaffen, die Anna unbekannt waren - liegen und scharten sich um ihre Mutter, um festzustellen, mit wem sie sprach.
»Ein verstopfter Abfluss«, antwortete die Frau mit einer Grimasse. »Ich habe den Stöpsel rausgezogen, und es passiert einfach nichts. Die Wanne ist voll mit kaltem Seifenwasser. Wenn diese drei abends nicht in die Badewanne kommen, dauert es eine Ewigkeit, bis sie einschlafen. Außerdem fängt es langsam an zu stinken.«
»Hm, da könnte ich vielleicht helfen«, meinte Anna.
Das Gesicht der Frau leuchtete auf. »Wirklich? Wie?«
»Ich verstehe mich ganz gut auf handwerkliche Arbeiten, was angesichts des Zustandes meines Hauses wahrscheinlich ein Glück ist. Aber vor allem habe ich ein Werkzeug zur Reinigung von Abflüssen. Ich hole es rasch«, erbot sich Anna, »wenn Sie möchten.«
»Von Herzen gern! Ich werde den Kessel aufsetzen. Oder soll ich eine Flasche Wein öffnen?«
Anna grinste sie an. »Ich bin in einer Minute zurück.«
Anna brauchte dann doch ein wenig länger als eine Minute, um das Werkzeug zu finden, das sie und ihre Schwester in der Wohnung in Spitalfields so oft benutzt hatten. Als sie an die Tür des Nachbarhauses klopfte und hineingelassen wurde, fand sie dort ein beträchtliches Maß an Chaos vor.
»Ich bin Chloe«, sagte die Frau.
»Anna.«
»Und das sind Bruno, Tom und Harry. Zwei, vier und sechs, nur in umgekehrter Reihenfolge.«
»Hallo«, grüßte Anna, plötzlich wieder scheu angesichts dreier fragender Augenpaare. »Ich habe meine Ausrüstung. Wenn Sie mich nach oben begleiten wollen?«
Sie gingen allesamt die steile und enge Treppe in den zweiten Stock hinauf, wo das Badezimmer und die Zimmer der Jungen lagen. Die Jungs packten Anna und zerrten sie durch den Flur.
»Wir haben seit zwei Tagen nicht mehr gebadet!«, berichtete der Älteste, der wahrscheinlich Bruno war, aber auch Harry hätte sein können.
»Mein Mann ist nicht zu Hause«, fügte seine Mutter hinzu. »Er ist nie zu Hause, wenn wir hier einen Notfall haben.«
Anna fand nicht, dass ein verstopfter Badewannenabfluss unbedingt als Notfall durchging, akzeptierte aber, dass Chloe anderer Meinung war. Sie krempelte sich den Ärmel so weit wie möglich hoch, was nicht annähernd weit genug war.
»Ihr wollt nicht vielleicht alle nach unten gehen, während ich das erledige?«, schlug sie vor. »Ich möchte meine Pullover ausziehen.«
»Wir wollen zusehen«, verkündete einer der Jungen.
»Ja, das wollen wir«, sagte ein anderer.
Anna seufzte. »In Ordnung.« Sie streifte sich die Träger der Latzhose ab und zog sich die beiden Pullover über den Kopf, die sie über einem langärmeligen T-Shirt trug. Glücklicherweise ließ dieser Ärmel sich hoch genug aufkrempeln. Als Nächstes tauchte sie mit dem Arm in das kalte, schmutzige Wasser. »Also gut, wenn Sie mir jetzt meine Abflusspumpe geben würden?« »Echt cool«, murmelte Bruno.
»In dem Punkt hast du recht«, erwiderte Anna schaudernd. »Wirklich sehr kühl.«
Kapitel 2
A ls die Badewanne leer und sauber war, füllte Chloe sie noch einmal und ging dann nach unten, um sich um das Abendessen zu kümmern, während Anna im Badezimmer auf dem Boden hockte und den Jungen Geschichten vorlas. Da sie Neffen hatte, war sie an kleine Jungen gewöhnt, und die Lektüre, die sich die drei ausgesucht hatten, ergötzte sie ungemein. Als der Kleinste schließlich erste Zeichen von Müdigkeit zeigte, trieb sie sie einen nach dem anderen aus der Wanne und wickelte sie in Handtücher. Dann schickte sie sie wie angewiesen nach unten, wo sie sich an den Kamin setzen sollten.
Als Anna die Badespielzeuge herausgefischt, die Wanne geschrubbt und ihr Bestes gegeben hatte, um den Boden zu trocknen, ging sie wieder nach unten. Die Jungen saßen in ihren Pyjamas am Tisch und aßen Spaghetti mit Fleischbällchen.
»Wenn mein Mann nicht da ist, nehmen wir es mit dem Essen nicht allzu genau«, erklärte Chloe. »Es ist besser, sie zuerst abzufüttern und dann zu baden, aber irgendwie kommt immer etwas
Weitere Kostenlose Bücher