Cotton Reloaded - Folge 2: Countdown
Sitzmöglichkeiten, Decken, Proviant und Getränke sorgen lassen.
So rücksichtsvoll und unauffällig wie möglich führten die Agents die betroffenen Personen in den isolierten Bereich.
*
Nachdem sie die Sicherheitssperren am Eingangstor passiert hatten, steuerte Decker einen der gespenstisch wirkenden Komplexe an. Sie bog in eine Einfahrt. Das Fahrzeug wurde langsamer und stoppte, als die Scheinwerfer vier Männer erfassten. Sie warteten vor dem Eingang in ein festungsähnliches Gebäude. Der Bereich wurde von einem Scheinwerfer über der Tür erhellt.
Seif al-Bakkay war ein kleiner, dunkelhäutiger Mann mit kahl rasiertem Schädel. Er trug einen orangeroten Overall. Eine Kette verband seine Handschellen mit den Fußfesseln, was beim Gehen nur winzige Schritte erlaubte. Seiner Leibesfülle nach zu urteilen schmeckte ihm die Gefängnisküche. Eine Narbe verunstaltete sein Gesicht. Seine Mimik verriet Argwohn. Niemand hatte ihn eingeweiht, um was es hier ging.
Die beiden uniformierten Wachmänner neben ihm waren mit halbautomatischen Maschinenpistolen bewaffnet. Der vierte Mann in der Gruppe war ein Endfünfziger mit zerfurchtem Gesicht und grau meliertem Haar. In der Hand hielt er ein Klemmbrett mit Formularen. Mit wehendem Trenchcoat ging er dem Explorer entgegen. Vor etwa einer halben Stunde hatte man ihn aus dem Weißen Haus angerufen und über die bevorstehende Übergabe des Gefangenen informiert. Er hatte keine Ahnung, wer die Leute vom FBI waren, doch offensichtlich besaßen sie gute Kontakte zu den höchsten Regierungsstellen.
Der Mann trat an die Fahrerseite des Explorers. Wegen der getönten Scheiben konnte er niemanden im Innenraum erkennen.
Decker drückte einen Knopf. Mit leisem Surren glitt das Seitenfenster nach unten.
»Guten Morgen«, grüßte sie. »Mister Siegel, nehme ich an.«
»Ja, ich bin der stellvertretende Direktor hier. Guten Morgen. Man hat mich über Ihr Kommen unterrichtet. Ich muss Sie trotzdem bitten, sich zu legitimieren. So lauten die Vorschriften.«
»Ja, natürlich.« Decker stellte den Motor ab und stieg aus.
Siegel warf einen verstohlenen Blick durch die aufschwingende Tür auf Cotton. Decker zückte ihren Dienstausweis und hielt ihn Siegel hin.
»Danke«, sagte er, nachdem er die kleine Plastikkarte gewissenhaft studiert hatte. »Bringen wir die offizielle Übergabe des Gefangenen kurz und schmerzlos über die Bühne, indem Sie dieses Formular ausfüllen und unterzeichnen.«
Cotton stieg auf der Beifahrerseite aus. In der Luft hing ein feuchter Geruch. Der G-Man warf einen Blick auf die Uhr und musterte dann den Gefangenen. Dabei spürte er die Skepsis, die ihm von den Wachmännern entgegenschlug.
Fast zehn Jahre hatten Special Forces nach al-Bakkay gefahndet. Der Fanatiker hatte seine verdrehte Weltanschauung in Form terroristischer Aktionen kundgetan. Nachweislich war er an drei Bombenattentaten gegen westliche Einrichtungen beteiligt. Dabei hatten viele Unschuldige den Tod gefunden. Danach war er abgetaucht, angeblich ins östliche Grenzland Afghanistans oder ins pakistanische Swat-Tal, einer Hochburg der Taliban.
Vor einem Jahr kassierte ihn ein Streifenpolizist wegen eines simplen Verkehrsdelikts auf amerikanischem Boden ein. Hätte man ihn im Ausland festgenommen, wäre er statt in ein Bundesgefängnis nach Guantanamo verfrachtet worden.
Aus einem unerfindlichen Grund fühlte Cotton sich plötzlich einer Gefahr ausgesetzt. Er hielt nach Anzeichen Ausschau, die seinen Instinkt bestätigten, doch die Dunkelheit ließ kaum Details außerhalb des von der Türlampe erhellten Bereichs erkennen.
Nachdem die Formalitäten erledigt waren, verabschiedete sich der stellvertretende Gefängnisdirektor und kehrte mit den beiden Wachmännern in die Haftanstalt zurück. Hinter sich verschlossen sie den Eingang mit einer schweren Stahltür und verriegelten sie von innen.
Cotton führte al-Bakkay zu ihrem Fahrzeug. Decker öffnete die hintere Tür, damit der Gefangene auf der Rückbank Platz nehmen konnte. Cotton stand etwas seitlich versetzt hinter dem Topterroristen. Plötzlich spürte er einen scharfen Luftzug an der Wange. Im gleichen Augenblick traf ein Geschoss al-Bakky in den Hinterkopf. Inmitten einer Fontäne aus Blut trat das Projektil an der Stirn des Mannes wieder aus. Die wulstigen Lippen zu einem stummen Schrei aufgerissen, kippte die Leiche zu Boden.
Kein Schuss war zu hören gewesen. Der Sniper hatte einen Schalldämpfer benutzt. Wer immer er war - er war
Weitere Kostenlose Bücher