Cowboy Jim - Alle Geschichten in einem Band
als Erster. Er lud seine Waffe, spannte den Hahn, zielte lange und sorgfältig auf einen bestimmten Apfel und drückte ab.
Es war ein Fehlschuss.
Pistolen-Bill war noch umständlicher. Zuerst wurde die Pistole gereinigt. Dann holte er einen Stuhl und baute eine Armstütze davor auf. Jetzt legte er an und wartete, bis seine Hand ganz ruhig geworden war. Der Schuss knallte. Er traf den Apfel genau in der Mitte und zerriss ihn.
Pistolen-Bill hatte Apfelmus gemacht.
Inzwischen legte Jim das Lasso in viele gleich große Schlingen. Er bestieg sein Pferd und stellte sich hoch aufgerichtet in den Sattel.
Nachdem er sorgfältig Höhe und Entfernung geschätzt hatte, schwang er den rechten Arm zweimal vor und zurück, dann ließ er das Lasso los.
Wie eine Schlange zischte es in die Höhe und legte sich haargenau um einen kleinen Zweig, an dem ein dicker roter Apfel hing. Jim zog die Schlinge zu und ruckte ein wenig an ihr. Der Apfel löste sich und fiel. Ehe er aber den Boden erreichte, war Jim schon da und fing ihn auf.
»Ich habe gewonnen«, rief er stolz,
»gewonnen, gewonnen, gewonnen!«
Das ärgerte Pistolen-Bill.
Es ging ihm einfach nicht in den Kopf, dass dieser hergelaufene fremde Cowboy, der noch nicht einmal eine Pistole besaß, ihn besiegt haben sollte.
»Gewonnen, gewonnen«, rief Jim immer noch, »wo ist die Gitarre, Bill?«
Jetzt zeigte Pistolen-Bill sein wahres Gesicht. »Hol sie dir nur selbst«, sagte er drohend, »sie hängt in der Wirtsstube!«
Er stellte sich breitbeinig vor den Eingang. Die Mündung seiner Waffe war auf Jims Brust gerichtet.
Das sah sehr gefährlich aus.
»Nun gut«, sagte Jim achselzuckend. Er tat so, als wolle er ohne Gitarre wegreiten, gab Mister Tramp den Apfel zu fressen und hob das Lasso vom Boden auf. Er legte es sorgfältig zusammen und - ehe Bill sichs versah, saß die Schlinge schon über der Pistole. Ein kleiner Ruck und sie flog im hohen Bogen durch die Luft, drehte sich ein paarmal um sich selbst und landete schließlich haargenau im Schornstein des Wirtshauses »Zur wilden Kuh«.
»So«, sagte der Cowboy zufrieden, »das wäre geschafft. Jetzt hol sie dir nur selbst wieder zurück!«
Ohne weiter daran gehindert zu werden, betrat er die Wirtsstube, nahm die Gitarre von der Wand und hängte sie um. Er verließ den Raum, bestieg Mister Tramp und ritt davon. Pistolen-Bill stieg fluchend in den Schornstein und durchwühlte den Ruß nach seiner kostbaren Waffe. Als er wieder herauskam, war er so schwarz, dass ihn die Leute seit dieser Zeit nicht mehr Pistolen-Bill, sondern nur noch »Bill, den Schmutzfink« nannten. Und das war ein schlimmes Schimpfwort für einen Mann aus dem Wilden Westen. Auch wenn er ein Gauner war.
Cowboyfest
Jim, der Cowboy, und Mister Tramp, sein Pferd, waren ziemlich müde. Sie hatten eine Reihe Abenteuer bestanden, und wenn so etwas im Wilden Westen auch zum täglichen Leben gehört, so war es trotzdem aufregend und mühsam. Deswegen beschloss er, sich und seinem Pferd ein paar Tage Ruhe zu gönnen. Am Fuß der blauen Berge, dort, wo der Wald die Ufer des Elchflusses erreicht, fanden sie einen ruhigen Lagerplatz.
Jim sammelte Erdbeeren und Himbeeren und Mister Tramp graste am Waldrand. Hier und da machten sie Streifzüge in die nähere Umgebung. Sie bestiegen einen Hügel und betrachteten die Gegend oder badeten im Fluss. Wenn sie gar nicht wussten, was sie tun sollten, spielten sie zusammen »Räuber und Cowboy« oder »Kuh im Tal«. Am allerliebsten spielten sie Zirkus. Jim war der
Direktor und Mister Tramp vollbrachte unter seiner Leitung die erstaunlichsten Kunststücke. Die Vorstellung begann damit, dass sich der Cowboy auf die Erde hockte, dann rief er: »Jippi-di-hopp!«
Und das kleine Pferd sprang über ihn hinweg. Natürlich konnte es sich auch tot stellen oder mit dem Fuß sein Alter klopfen. Das kann fast jedes Zirkuspferd. Wenn Jim auf seiner Gitarre spielte, dann lief Mister Tramp mit hohen Schritten um ihn herum.
Das alles war einfach. Aber Jims kleines Pferd konnte mehr. Es sprang dreimal hintereinander mit Jim auf dem Rücken durch die wirbelnde Lassoschlinge.
Dieses Kunststück war einmalig. Kein anderes Pferd konnte ihm das nachmachen. Jim war ungeheuer stolz auf Mister Tramp, und er bedauerte sehr, dass sie keine Zuschauer hatten. Nur ein paar kleine Enten schauten aus dem Schilf heraus und die verstanden nichts vom Zirkus.
Eines Tages machte er eine Entdeckung. Er fand ein an einen Baumstamm genageltes
Stück
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