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Crash

Crash

Titel: Crash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. G. Ballard
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Baujahr und Modell meines Wagens hätte rekonstruieren können. Die Instrumente des Armaturenbretts hatten sich, wie auch der Abdruck des Lenkrads, deutlich in meine Brust eingegraben, die Stellung von Gaspedal und Bremse war anhand der Verletzungen meiner Knie und Schienbeine zu ersehen. Der Aufprall der zweiten Kollision, zwischen meinem Körper und dem Wageninneren, wurde durch diese Wunden eindeutig definiert, wie auch der nachhaltige Druck der Konturen eines Frauenkörpers noch einige Stunden nach dem Geschlechtsakt auf der eigenen Haut zu spüren ist.
    Am vierten Tag wurden die Anästhetika ohne ersichtlichen Grund abgesetzt. Ich übergab mich jeden Morgen in einen emaillierten Spucknapf, den mir eine Krankenschwester unter das Gesicht hielt. Sie betrachtete mich mit humorvollem, aber starrem Blick. Der kalte Rand der nierenförmigen Schale drückte gegen meine Wange. Ein kleiner Blutfleck von einem früheren Benutzer verunstaltete die wie Porzellan aussehende Oberfläche.
    Ich lehnte die Stirn gegen die kräftigen Oberschenkel der Schwester, während ich mich erbrach. Neben meinem Mund kontrastierten ihre abgearbeiteten Finger seltsam mit ihrem jugendlichen Körper. Ich dachte an ihre Vulva. Wann hatte sie diese feuchte Spalte zum letzten Mal gewaschen? Während meiner Genesung war ich von solchen Fragen besessen, wenn ich mich mit den Ärzten oder Schwestern unterhielt. Wann hatten sie zuletzt ihre Genitalien gewaschen, klebten winzige Fäkalienreste immer noch an ihren Aftern, wenn sie Antibiotika für eine streptokokkeninfizierte Kehle vorbereiteten, haftete ihrer Unterwäsche der Geruch illegitimer Geschlechtsakte an, wenn sie vom Krankenhaus heimfuhren, vermengten sich die Reste von Sperma oder weiblicher Gleitflüssigkeit an ihren Händen mit dem Kühlwasser unerwarteter Verkehrsunfälle? Ich hustete einige Klumpen grünlichen Auswurfs in den Spucknapf, während ich mich an die warmen Konturen ihres Schenkels preßte. Der Saum ihres weißen Kittels war notdürftig mit einigen Stichen schwarzen Garns genäht. Ich betrachtete die lockeren Fadenschlingen über ihrer linken Gesäßbacke. Ihre Kurven schienen so willkürlich und bedeutsam wie die Verletzung meiner Brust und meiner Beine.
    Auslösendes Moment für meine Besessenheit von den sexuellen Möglichkeiten von allem, was mich umgab, war der Unfall gewesen. Ich stellte mir die Betten mit den Über lebenden eines Flugzeugunglücks belegt vor, jeder Verstand ein Kaleidoskop von Eindrücken. Der Zusammenprall unserer Wagen war das Modell einer ultimativen sexuellen Vereinigung, von der ich bisher niemals auch nur zu träumen gewagt hatte. Die Verletzungen noch einzuliefernder Patienten fesselten mich, eine gewaltige Enzyklopädie leicht zugänglicher Träume.
    Catherine schien sich dieser Phantasien durchaus bewusst zu sein. Bei ihren ersten Besuchen war ich noch im Schock gewesen, und sie hatte sieh mit den Einrichtungen und der Atmosphäre des Krankenhauses vertraut gemacht und humorvolle Wortwechsel mit den Ärzten geführt. Als die Schwester mein Erbrochenes wegtrug, zog Catherine expertenhaft den Metalltisch vom Fußende des Bettes weg und breitete einen Stapel Magazine darauf aus. Sie setzte sich neben mich und betrachtete mein unrasiertes Gesicht und die schmutzigen Hände mit einem mißbilligenden Blick.
    Ich gab mir Mühe, ihr zuzulächeln. Die Stiche der genähten Wunde an meiner Stirn, die wie ein zweiter Haaransatz etwa einen Zentimeter unter dem eigentlichen Haaransatz verlief, machten es mir schwer, den Gesichtsausdruck zu ändern. Im Rasierspiegel, den mir eine Krankenschwester vor das Gesicht hielt, erinnerte ich an einen aufgeschreckten Schlangenmenschen, der von seiner ureigenen, trotzigen Anatomie verblüfft ist.
    »Tut mir leid.« Ich nahm ihre Hand. »Ich muß schrecklich aussehen.«
    »Du siehst gut aus« , widersprach sie. »Doch, wirklich. Wie eines der unglücklichen Opfer in Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett.«
    »Bitte komm morgen wieder.«
    »Das werde ich gerne.« Sie berührte meine Stirn und sah dabei die Wunde zimperlich an. »Ich werde dir ein wenig Make-up mitbringen. Ich glaube, die einzige kosmetische Behandlung hier läßt man den Patienten drüben in der Leichenhalle von Ashford zukommen.«
    Ich sah sie eingehender an. Ihre Zurschaustellung von Wärme und weiblicher Fürsorge erfreute mich seltsamerweise. In den zurückliegenden Jahren hatte uns die geistige Distanz zwischen meiner Arbeit in den Werbestudios in

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