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Crash

Crash

Titel: Crash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. G. Ballard
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sie gerade ein kleines sexuelles Techtelmechtel hinter sich. In ihrem Gesichtsausdruck stand deutlich geschrieben, daß sie von meiner Mitwisserschaft felsenfest überzeugt war, und auch, daß diese kleinen Kabinen des öfteren für solche Zwecke benützt wurden und sie der Meinung war, Catherine und ich würden später ihre Erfahrung zur Steigerung unserer eigenen komplexen Lust benützen. Als ich neben meiner Frau im Auto saß, glitten meine Finger über das Armaturenbrett und schalteten Zündung und Blinker ein, damit ich mich in den Verkehrsstrom einfädeln konnte. Ich erkannte, daß ich in meiner Behandlung des Wagens fast exakt die Art und Weise nachvollzog, wie Karen Catherine berührt hatte. Ihre düstere Erotik, die elegante Distanz zwischen ihren Fingerspitzen und den Nippeln meiner Frau, all das rekapitulierte ich zwischen mir und dem Wagen.
    Catherines andauerndes erotisches Interesse an ihrer Sekretärin schien sowohl ein Interesse an der Vorstellung zu sein, Sex mit ihr zu haben, als auch an dem physischen Vergnügen des Geschlechtsaktes selbst. Dieses Werben machte allerdings all unsere Beziehungen, sowohl untereinander als auch zu anderen Menschen, mehr und mehr abstrakt. Bald war sie außerstande, ohne weitschweifige Phantasien lesbischer Liebe mit Karen, die ihre Klitoris mit der Zunge, ihre Nippel und ihren Anus mit den Fingern liebkosen sollte, überhaupt einen Orgasmus zu erreichen. Diese Beschreibungen schienen eine Sprache der Suche nach Objekten zu sein, vielleicht sogar der Beginn einer neuen Sexualität, die von jeglichem physischen Ausdruck getrennt blieb.
    Ich vermutete, daß sie mindestens einmal Sex mit Karen habt hatte, aber wir hatten nun ein Stadium erreicht, in welchem das keine Rolle mehr spielte und auch keinerlei Bedeutung mehr hatte, abgesehen von einigen Quadratzentimetern vaginaler Schleimhaut, Fingernägeln und geschwollenen Lippen und Nippeln. Als ich im Krankenbett lag, beobachtete ich Catherine, wie sie die schlanken Beine der Schwester begutachtete, ihre kräftigen Gesäßbacken, den tiefblauen Gürtel um ihre Taille und ihre breiten Hüften. Ich rechnete fast damit, daß Catherine mit einer Hand nach den Brüsten dieser jungen Frau greifen oder sie unter ihren kurzen Kittel schieben würde, um mit der Handfläche zwischen der Gesäßspalte und dem muffigen Perineum zu reiben. Weit davon entfernt, ein protestierendes oder gar entzücktes Geräusch von sich zu geben, würde die Schwester wahrscheinlich unberührt von dieser sexuellen Geste, die nicht bedeutender als das banalste gesprochene Wort für sie war, weiter ihre Laken zusammenlegen.
    Catherine zog einen Manilahefter aus ihrer Tasche. Ich erkannte das Skript für einen Fernsehwerbespot, den ich entworfen hatte. Wir hofften, für diesen hochbezahlten Film, ein dreißigsekündiger Werbefilm, der das gesamte Programm neuer Sportwagen der Herstellerfirma Ford vorstellen sollte, eine Reihe bekannter Schauspielerinnen engagieren zu können. Am Nachmittag nach meinem Unfall hatte ich eigentlich beabsichtigt, eine Konferenz mit Aida James abzuhalten, einer freischaffenden Regisseurin, der wir den Auftrag angeboten hatten. Zufälligerweise begann eine der Schauspielerinnen, Elizabeth Taylor, gerade mit den Dreharbeiten zu einem neuen Fernsehfilm in Shepperton.
    »Aida hat angerufen und gesagt, wie leid es ihr tut. Kannst du dir das Skript noch mal ansehen? Sie hat einige Veränderungen vorgenommen.«
    Ich gestikulierte ihr, den Ordner wegzulegen und betrachtete mein Spiegelbild in Catherines Taschenspiegel. Der verletzte Nerv unter meiner Kopfhaut hatte meine rechte Augenbraue gesenkt, eine eingebaute Augenklappe, die meinen neuen Charakter vor mir zu verbergen schien. Ich betrachtete mein bleiches, mannequinähnliches Gesicht und bemühte mich, seine Falten zu deuten. Die glatte Haut gehörte fast einem Science-fiction-Filmschauspieler, der nach einer ausgedehnten Reise an der sonnigen Oberfläche eines fremden Planeten aus seiner Raumkapsel herauskommt. Jeden Augenblick konnte sich der Himmel teilen…
    Aus einem Impuls heraus fragte ich: »Wo ist das Auto?«
    »Draußen - auf dem Parkplatz.«
    »Was?« Ich richtete mich auf den Ellenbogen auf und versuchte, durch das Fenster meines Zimmers zu sehen. »Mein Auto, nicht deines.« Ich hatte einen Augenblick gedacht, man hätte es als eine Art Mahnmal außerhalb des Krankenhauses aufgestellt.
    »Das ist ein vollkommendes Wrack. Die Polizei hat es zu einem Schrottplatz hinter

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