Crashkurs Wein (Allgemeine Einführungen) (German Edition)
sogenannte Federweiße (oder Federrote, wenn er aus rotem Taubensaft entstand). Je weiter die Gärung fortgeschritten ist, desto weniger Süße und desto mehr Alkohol hat der Federweiße.
Irgendwann sterben die Hefen, meist mangels Nahrung, ab. Der Wein ist dann in der Regel »trocken«, hat also kaum noch Zucker. Der Rest Zucker, der nach dem Vergären im Wein verbleibt, heißt offiziell genau so: Restzucker. Als »trocken« dürfen in Deutschland Weine bis maximal 9 Gramm Restzucker pro Liter bezeichnet werden, als »halbtrocken« Weine bis maximal 17 g/l Restzucker. Darüber hinaus sind Weine »lieblich«, ab 45 g/l Restzucker »süß«. Die immer häufiger auf Etiketten zu findende Geschmacksangabe »feinherb« wird meistens für Weine im halbtrockenen oder unteren lieblichen Bereich verwendet, ist aber gesetzlich nicht definiert und insofern erst mal wenig aussagekräftig. Ganz wichtig: Die Winzer oder Kellereien können diese Geschmacksangaben aufs Etikett schreiben, müssen es aber nicht. Im Kapitel »Was das Etikett erzählt« (siehe > ff.) werden wir uns also noch mal eingehend damit befassen, wie Sie, zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit, einen trockenen, halbtrockenen oder lieblichen Wein identifizieren können.
HERRSCHAFTSWISSEN ZUM ANGEBEN
»Reinzucht« oder »Sponti« – die Sache mit den Hefen
Dass die alkoholische Gärung beim Traubenmost durch Hefen ausgelöst wird, wissen Sie ja.
Früher gab es keine Alternativen, der Winzer musste sich auf die Hefen verlassen, die an den Weintrauben kleben oder die sich in den Ritzen und Winkeln im Weinkeller verstecken. Diese »Naturhefen« sind jedoch kapriziös: Manchmal machen sie auf halber Strecke schlapp und der Wein bleibt halbtrocken oder sogar lieblich, obwohl der Winzer eigentlich einen trockenen Wein haben wollte. Oder es können unerwünschte Aromen gebildet werden. Um solche unliebsamen Überraschungen auszuschalten, haben sich in den letzten Jahrzehnten sogenannte »Reinzuchthefen« durchgesetzt. Das sind Hefen, die so gezüchtet sind, dass sie dem Winzer zu dem Geschmacksbild verhelfen, das er sich wünscht. Und: Es sind Hochleistungshefen, die dafür Sorge tragen, dass der Wein auch zu Ende gärt, also in der Regel trocken wird. Sie tragen den schönen lateinischen Namen Saccharomyces cerevisiae. Darin steckt das Wort Saccharose für Zucker und, die Asterix-erprobten Leser erinnern sich, cervesia für Bier. Denn auch Bier wird ja durch die alkoholische Gärung hergestellt. Aber: Keine Bewegung ohne Gegenbewegung. So haben sich in den letzten Jahren wieder einige Winzer zur »Spontanvergärung« bekannt – das ist die traditionelle Vergärung mit den Hefen, welche die Natur liefert. Die Weine, die so entstehen, werden im Fachjargon »Spontis« genannt. Wenn Sie also einen Winzer kennen (lernen) und ihn fragen, wie er es mit den »Spontis« hält, werden Sie mit Ihrem Insiderwissen mächtig punkten. Was nun besser ist? Eine Glaubensfrage: Viele Winzer schwören auf eine der beiden Richtungen und erzielen dabei jeweils eindrucksvolle Resultate, einige machen, je nach Wein, beides parallel. Wenn Ihnen ein Winzer einreden will, eine der beiden Alternativen sei die allein selig machende: Machen Sie es wie bei allen Extremisten – glauben Sie ihm einfach nicht.
TROCKEN, HALBTROCKEN, LIEBLICH: SO KOMMT DIE SÜSSE IN DEN WEIN
Die alkoholische Gärung führt dazu, dass nahezu der gesamte Zucker aus dem Traubenmost sich in Alkohol verwandelt und somit die meisten Weine also von Natur aus eigentlich »trocken« sind.
Nun gibt es aber im Handel ausgesprochen viele Weine zu kaufen, die halbtrocken oder lieblich sind – teilweise sogar für sehr wenig Geld.
Grundsätzlich gibt es zwei Arten von süßeren Weinen. Da sind einmal die klassischen »edelsüßen« Weine, bei denen die Beeren, aus denen sie gewonnen wurden, einfach so viel Zucker enthielten, dass irgendwann die Gärung von alleine aufhört. Das ist meist bei den wertvollen Beerenauslesen oder gar Trockenbeerenauslesen der Fall. Um so hohe Zuckerkonzentrationen im Most zu erreichen, müssen die Trauben von der Edelfäule (siehe > ) befallen sein. So erzeugte Weine sind aber sehr teuer und bilden nur einen winzigen Bruchteil der Produktion aller lieblichen oder süßen Weine.
Im Normalfall, also bei über 95 Prozent der weltweit produzierten lieblichen oder süßen Weine, läuft das anders ab: Hier wird meist durch den Kellermeister der erwünschte Süßegrad gesteuert. Dafür gibt es
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