Credo - Das letzte Geheimnis
geschlagen. »Sie glauben, das ist … Gott?«
Hazelius erwiderte seinen Blick mit undurchdringlicher Miene. »Ich glaube, dass Isabella sich in einer echten Kommunikation befindet. Ob das tatsächlich Gott ist – was auch immer dieses Wort bedeuten soll –, können wir nicht beurteilen, weil wir noch nicht genug Daten haben. Und deshalb müssen wir weitermachen.«
Ford blickte sich um. Der Schock aller Anwesenden war immer noch fast greifbar. Wardlaws Gesicht war schweißnass. Kate und St. Vincent waren bleich wie der Tod.
Er nahm Kates Hand. »Geht es dir gut?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht so recht.«
Hazelius setzte das Gespräch mit Dolby fort. »Wie lange können wir sie noch laufen lassen?«
»Es ist gefährlich, sie überhaupt mit voller Leistung laufen zu lassen.«
»Ich habe Sie nicht gefragt, ob es gefährlich ist. Ich will wissen,
wie lange
.«
»Zwei, drei Stunden.«
»Moment«, sagte Innes. »Wir wollen doch nichts überstürzen. Wir müssen uns die Zeit nehmen, kurz darüber nachzudenken, was hier passiert ist. Das ist … beispiellos.«
Hazelius wandte sich zu ihm um. »George, wenn Gott mit Ihnen sprechen wollte, würden Sie sich einfach abwenden und weitergehen?«
»Ach, nun hören Sie aber auf, Gregory! Sie können doch nicht ernsthaft glauben, dass wir hier mit Gott sprechen!«
»Ich habe ja auch nur gesagt,
wenn
.«
»Ich weigere mich, absurde hypothetische Fragen zu beantworten.«
»George,
falls
wir Kontakt zu irgendeiner universalen Intelligenz hergestellt haben sollten, können wir uns jetzt nicht einfach von ihr abwenden. Weil das eine einmalige Gelegenheit ist. Wir haben sie nur jetzt. Sie wird sich nicht ewig bieten.«
»Das ist doch Irrsinn«, sagte Innes mit schwacher Stimme.
»Nein, George, das ist kein Irrsinn. Das Ding hat uns den Beweis geliefert, den wir gefordert hatten. Zwei Mal sogar. Vielleicht ist es Gott, vielleicht auch etwas anderes. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur eines: Ich steige nicht vor der Endstation aus diesem Zug aus.« Er ließ den glühenden Blick durch den Raum schweifen. »Also, wie steht es? Seid ihr alle dabei?«
Isabellas Gesang erfüllte den Raum. Die Bildschirme flackerten. Niemand sprach ein Wort. Aber Ford konnte das
Ja
auf sämtlichen Gesichtern deutlich erkennen.
46
In der nach hinten gelegenen Schlafnische seines Trailers schloss Pastor Russ Eddy seine Bibel und legte sie auf einen von mehreren wackeligen Stapeln Bücher auf seinem Schreibtisch. Er rückte die Stapel von seinem Mac ab, um ein wenig Platz zum Arbeiten zu haben. Dann weckte er den Computer, und der Monitor tauchte den Raum in kühles Blau. Es war neun Uhr abends.
Sein Kopf war so klar wie noch nie zuvor. Gott hatte seine Gebete erhört. Gott hatte ihm genau gesagt, was er tun musste.
Ein paar Minuten lang starrte er auf den leeren Bildschirm und sammelte seine Gedanken. Äußerlich war sein Körper ganz still. Innerlich pochte sein Herz vor Inbrunst, beseelt vom Heiligen Geist. Es gab einen Grund dafür, weshalb er in einer schäbigen Missionskirche am Rande der Welt gelandet war. Es gab einen Grund für Lorenzos Tod. Russell Eddy war von Gott hier plaziert worden, um Ihm als Wachposten zu dienen. Gott hatte ihn dazu auserwählt, eine entscheidende Rolle in der bevorstehenden Endzeit zu spielen.
Eine halbe Stunde lang saß er still da und dachte intensiv über den Brief nach, den er schreiben musste. Sein Verstand blieb übernatürlich klar und scharf, während er den Brief, Wort für Wort, in Gedanken verfasste.
Er war bereit. Er senkte den Kopf, sprach ein kurzes Gebet und hob die Hände zur Tastatur.
Meine lieben Freunde in Jesus Christus, viele von euch haben heute Abend die Sendung
Roundtable America
von Reverend Don T. Spates gesehen. Ihr habt gehört, was er über das Isabella-Projekt gesagt hat. Ihr habt gehört, dass er von einer geheimen Quelle gesprochen hat, einem »frommen Christen vor Ort«, von dem er seine Informationen erhält.
Ich bin diese geheime Quelle. Gott hat mich gebeten, euch zu enthüllen, was ich weiß. Was ihr damit anfangt, ist eine Angelegenheit zwischen euch und Gott, dem Herrn.
Mein Name ist Russell Eddy, ich bin Pastor der Mission »Gathered in Thy Name« im Indianerreservat. Unsere einfache, abgelegene Missionsstation liegt in der Wüste von Arizona am Fuß der Red Mesa, keine fünfzehn Kilometer vom Isabella-Projekt entfernt.
Meine Freunde, ich bringe euch Neuigkeiten – unglaubliche, erschreckende und doch
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