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Credo - Das letzte Geheimnis

Titel: Credo - Das letzte Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
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konnte.
    Die Mutter aller Verkehrsstaus blockierte inzwischen den Dugway an der Stelle, wo er das Plateau erreichte. Hunderte, vielleicht Tausende von Fahrzeugen waren kreuz und quer geparkt, auf der riesigen offenen Fläche am Ende des Dugway. Viele waren einfach stehengelassen worden, mit eingeschaltetem Licht und offenen Türen. Zahllose Menschen stiegen zu Fuß den Dugway hinauf, weil sie ihre Fahrzeuge irgendwo weiter unten hatten zurücklassen müssen. Sie strömten die Straße zum Isabella-Projekt entlang, schnurstracks zum Zentrum des Geschehens am Rand der Mesa, ohne den Umweg durch das Nakai Valley einzuschlagen.
    Er folgte der Straße mit dem Fernglas. Die Hangars brannten lichterloh. Die Trümmer des Hubschraubers, in dem die Soldaten gekommen waren, brannten ebenfalls, und die Flammen schlugen gut dreißig Meter hoch in den Himmel. Leichen lagen überall darum herum verstreut, Opfer der blutigen Schießerei, die er vor ein paar Minuten von hier aus beobachtet hatte. Die meisten Angreifer hatten den Flugplatz verlassen, nachdem sie den Hubschrauber in die Luft gejagt hatten,doch ein paar waren zurückgeblieben, um mit Hilfe eines großen Baggers Gräben quer über die Landebahn zu ziehen.
    Er folgte der strömenden Menschenmasse weiter, bis er im Fernglas den abgezäunten Bereich am Rand der Mesa sah. In der Sicherheitszone wimmelte es von Menschen; Begay schätzte, dass es mindestens tausend waren. Eine brodelnde Masse schob sich an einem der riesigen Strommasten empor, die Obersten hatten schon drei Viertel der Höhe geschafft. Andere hatten auf einem hohen Gebäude ganz am Rand der Mesa ein grob gezimmertes Kreuz errichtet und beschäftigten sich nun damit, alle möglichen Sendemasten einzureißen, die vom Dach aufragten.
    Langsam ließ Begay sein Fernglas sinken.
    »Hast du eine Ahnung, was zum Teufel da los ist?«, fragte Becenti.
    Begay schüttelte den Kopf.
    »Eine Art Ku-Klux-Klan-Treffen? Oder die Aryan Nation?«
    »Da sind Schwarze und Spanischstämmige dabei. Sogar ein paar Indianer.«
    »Das will ich sehen.«
    Während Becenti zum östlichen Ende der Mesa starrte, verdaute Begay, was er eben gesehen hatte. Zunächst hatte er geglaubt, das sei eine Versammlung von irgendwelchen Esoterik-Spinnern – so etwas kam im Reservat häufiger vor. Doch als sie den Hubschrauber in Brand gesteckt hatten, war ihm klargeworden, dass es hier um etwas ganz anderes gehen musste. Vielleicht hatte es etwas mit diesem Fernsehprediger zu tun, von dem einige Leute ihm erzählt hatten – er hatte eine Predigt gegen das Isabella-Projekt gehalten.
    Becenti brummte und starrte immer noch durch das Fernglas. »Sieh dir nur an, wie viele Leute sie auf dem Flugplatz getötet haben.«
    »Ja«, sagte Begay. »Und du kannst darauf wetten, dass es irgendeine Reaktion geben wird. Die vom FBI, oder wem der Hubschrauber sonst gehört hat, werden nicht einfach rumhocken und sich diese Scheiße in Ruhe angucken. Wir sollten lieber nicht mehr hier sein, wenn das Feuerwerk losgeht.«
    »Wir könnten doch noch ein bisschen bleiben und zuschauen. Schließlich sitzt man nicht jeden Tag in der ersten Reihe, wenn die Bilagaana sich gegenseitig in die Luft jagen. Wir haben doch immer gewusst, dass die Weißen das eines Tages fertigbringen würden, nicht wahr? Erinnerst du dich an diese Prophezeiung?«
    »Willy, hör auf. Wir müssen alle zusammenrufen und zusehen, dass wir von diesem verdammten Berg runterkommen.«
    Sie standen auf und gingen zurück ins Tal.

    Randy Doke stand auf der Motorhaube des Humvee über der tobenden Menge, die stämmigen Arme vor der Brust verschränkt. Sein Aussichtspunkt bot ihm einen guten Blick auf die Leute, die den Hochspannungsmast erklommen. Die Ersten kamen gerade oben an. Die Stromleitungen summten und knisterten. Er fühlte sich so energiegeladen wie noch nie in seinem Leben. Früher hatte Doke sich in Heroin, Kokain und Alkohol verloren. Auf dem absoluten Tiefpunkt – betrunken und mit vollgeschissener Hose in einem Bewässerungsgraben irgendwo außerhalb von Belén, New Mexico – drängte sich eine tiefverschüttete Erinnerung, ein Gebet aus Kindertagen, in seine Gedanken. Seine Mutter hatte ihn dieses Gebet gelehrt, ehe der versoffene alte Drecksack, mit dem sie zusammenlebte, erst sie und dann sich selbst erschossen hatte. Der Singsang der Verse hallte in seinem Kopf wider:
Jesus liebt mich ganz gewiss, denn die Bibel sagt mir dies
… Und genau in diesem Augenblick, in dem stinkenden Graben in

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