Crescendo
hatte den Anstand, rot zu werden.
»Du hast sie zur Rede gestellt?« In seiner Stimme schwang Entrüstung, und Claire schaute weg.
»Nicht richtig, aber ich musste es wissen. Ich dachte, ich sei in dich verliebt. Heute ist mir klar, dass da sehr viel Schwärmerei mit im Spiel war – und Lust.« Sie sah ihn aus den Augenwinkeln an und wurde erneut rot. »Ich wollte unbedingt, dass du meine Gefühle erwiderst, aber das hast du nicht getan. Und da keimte in mir der Verdacht, dass zwischen euch beiden irgendwas läuft.«
»Das ist lächerlich. Ich würde nie etwas mit einer Mitarbeiterin anfangen.«
»Heute weiß ich das, und die arme Nightingale hat das auch kapiert, aber sie ist eine Frau, und du bist ein allein stehender Mann … die meisten Männer würden viel dafür geben, eine Beziehung mit Louise Nightingale zu haben, das kann ich dir versichern.«
»Hat sie es dir gegenüber zugegeben?«
»Nicht mit Worten, aber das, was sie nicht gesagt hat, war deutlich genug.«
»Wieso hast du mir nichts gesagt?«
»Weil sie mich drum gebeten hat, das ist zumindest der Grund, den ich mir damals eingeredet habe, aber wenn ich ehrlich bin, hatte ich Angst davor, dass du sie vielleicht auch lieben könntest. Sieh mich nicht so an.«
»Wie konntest du das nur denken? Ich …« Fenwick stolperte über seine eigenen Worte.
Er wollte sagen, dass er außer Respekt vor ihren beruflichen Fähigkeiten nichts für sie empfand, doch im selben Augenblick, als ihm die Worte auf der Zunge lagen, wusste er, dass sie gelogen waren. Er empfand mehr für sie, aber diese Empfindung konnte doch nicht Liebe sein. Ihre Unverblümtheit amüsierte ihn, ihr Mut und ihre Intelligenz nötigten ihm enormen Respekt ab, vielleicht gab es da sogar eine gewisse Zuneigung, und er machte sich tatsächlich große Sorgen um sie. Aber das war doch wohl nicht Liebe, oder? Nichts davon erinnerte ihn an die alles verzehrende Leidenschaft, die er für seine Frau empfunden hatte, von dem Augenblick an, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte.
Er merkte, dass er schon länger schwieg. Claire betrachtete ihn mit einem wissenden Ausdruck im Gesicht, als könne sie seine Abwehrmauern durchschauen. Sie stand auf und gab ihm einen Kuss aufs Haar.
»Jetzt weißt du’s. Was du mit dem Wissen, mit deinen Gefühlen anfängst, liegt ganz bei dir. Ich rate dir bloß, gehe klug mit der Information um. Mach was draus. Sei dir selbst gegenüber ehrlich. Das bist du ihr schuldig. Die Liebe einer Frau ist ein kostbares Geschenk, also ignorier es nicht einfach, selbst wenn du, wie bei mir, zu dem Schluss kommst, dass du die Gefühle nicht erwidern kannst.«
Sie ging und ließ einen Fenwick zurück, der die Stelle auf dem Teppich anstarrte, wo sie gesessen hatte.
Er konnte nicht schlafen. Immer wieder gingen ihm Bilder von dem letzten Mal, als er sie gesehen hatte, durch den Kopf. Ihre Augen, die Lippen, das dunkle Haar, so glänzend, dass es nass aussah. Was sollte er machen? Vernünftig wäre es, die Finger von ihr zu lassen. Sie war zu gefährlich. Er würde alles aufs Spiel setzen, wenn er sie ins Visier nahm. Und dennoch …
Und dennoch bekam er sie nicht aus dem Kopf. Er konnte sie nicht ignorieren, jetzt nicht mehr. Wenn er das Glück hätte, sie zu finden und eine Weile ungestört mit ihr zusammen zu sein, was dann?
Ihr Gesicht verfolgte ihn mehr und mehr. An Fotos bestand kein Mangel, Aufnahmen aus Zeitungsausschnitten, die ihr Aussehen betonten und diese Augen. Er hatte gesehen, wie sie sich mit Tränen füllten, hatte beobachtet, wie sie vor Schmerz und Angst ganz groß wurden. Es waren wunderbare Augen.
Ihm wurde heiß zwischen den Beinen, und er schob die Hand unter die Decke. Es war erregend, an sie zu denken, aufreizender als alles, was ihn in letzter Zeit beschäftigt hatte. Er malte sich aus, was er alles mit ihr anstellen würde, wenn sie sich endlich gegenüberstanden, und sein Begehren wurde immer stärker. Als er zum Höhepunkt kam, schrie er auf und biss sich in den Handballen, bis es wehtat. Kein Zweifel, er musste sie haben. Sie war eine offene Rechnung. Er musste sich selbst beweisen, dass er alles mit ihr machen konnte, was er wollte, nicht etwa, weil er selbst in dieser Richtung irgendwelche Zweifel gehabt hätte, sondern weil ein richtiger Mann das eben so machte.
Weil er nicht einschlafen konnte, wusch er sich und goss sich dann ein großes Glas Gin mit einem Schuss Tonic ein. Er musste hier weg, und schon bald würde er keinen Stützpunkt
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