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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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Februar
    Er beobachtete die Frau aus seinem Versteck in den Büschen. Es wurde schon dunkel, und bald würden die Letzten den Park verlassen. Der kühle Abend und der drohende Regen hatten die meisten bereits vertrieben, aber er wusste, dass sie warten würde, weil sie hier verabredet war – mit ihm.
    Er genoss es, diese Macht über sie zu haben. Als er ihr das erste Mal ein Treffen vorgeschlagen hatte, war sie bereitwillig darauf eingegangen. Sie hatte fast eine Stunde im Regen ausgeharrt, während er in seinem warmen Auto saß. Als sie schließlich die Geduld verlor, folgte er ihr bis nach Hause und erfreute sich dabei an dem Anblick ihrer schlanken Waden, die immer wieder unter dem Wintermantel hervorblitzten. Er hätte sie gleich darauf nehmen sollen wie geplant. Doch er hatte gezögert. Aus Stunden der Verzögerung waren Tage geworden, aus Tagen eine Woche. Er ließ Gelegenheiten verstreichen, begnügte sich mit seinen Phantasien und dem Vergnügen anonymer Nähe. Auf der Straße war er ganz dicht an ihr vorbeigegangen, hatte ihr Parfüm gerochen, und er hatte über ihr einsames, müßiges Leben nachgedacht. Sie ging nie zur Arbeit.
    Nach einer Woche waren seine Punkte verspielt. Er hätte sie fallen lassen und sich eine andere suchen sollen. Stattdessen bat er sie um ein zweites Treffen, was er noch nie getan hatte, aber sie war etwas Besonderes. Er wusste, dass sie besser sein würde als alle anderen, dass sich bei ihr die Gefahr lohnte und das Risiko, für seinen Ungehorsam bestraft zu werden. Es war verboten, dieselbe Frau zweimal zu treffen, ein schwerer Verstoß gegen die Regeln.
    Er zog seinen neuen Lederhandschuh ein Stück herunter und blickte auf das Leuchtzifferblatt der Uhr. Bald war es so weit. Langsam verblasste der Himmel und wurde aschgrau und verschwommen wie der Bauch eines mächtigen Raubvogels, der über der Erde kreiste. Die Frau ging nun hin und her, stampfte mit den Füßen, um sich an diesem kalten Winterabend aufzuwärmen. Er nahm ihre Kleidung in Augenschein: Der lange, schwarze Mantel verbarg ihre Figur, aber er wusste, wie sie aussah. Mit einem Fernglas war er in die Privatsphäre ihres Schlafzimmers eingedrungen. Dumm von ihr zu glauben, sie bräuchte die Vorhänge nicht zuzuziehen, nur weil sie im obersten Stock wohnte. Er hatte blasse Haut schimmern sehen, das Rosa einer Brustwarze und den dunklen Anflug von Schamhaar. In ihrem Müll hatte er weggeworfene Unterwäsche gefunden und behalten, noch ein Regelverstoß. »Keine Spuren.« Wenn sein Souvenir entdeckt würde, bekäme er gewaltigen Ärger.
    Er war nur ein Schüler und lernte bei einem Meister, der kein Pardon kannte, wenn es darum ging, die Regeln des Spieles einzuhalten, das er erfunden hatte. Normalerweise befolgte er sie, aber bei ihr war die Versuchung einfach zu groß gewesen. Ansonsten war er ein guter Schüler, der mit jedem Mal besser wurde. Die hier würde seine Beste sein, ganz bestimmt. Vielleicht würde er sie heute Abend … ja … töten. Er zitterte schon, als er das Wort nur dachte. Er wusste, dass das von ihm erwartet wurde und dass ihm so manche Geheimnisse nicht offenbart würden, solange er sich nicht bewährt hatte. Er war unsäglich gespannt auf die Geheimnisse. Erst wenn er sie kannte, würde er ganz dazugehören.
    Der junge Mann schauderte vor aufgeregter Vorfreude. Sein Atem beschleunigte sich, und die Erregung löste ein unkontrollierbares Flattern in seiner Kehle aus. Er stellte sich vor, wie er die Hände um ihren Hals legte, und Wärme durchflutete ihn.
    »Nein!« Er zischte es durch zusammengebissene Zähne. Er verachtete sich für seine mangelnde Selbstbeherrschung. Es war immer zu schnell vorbei. Nicht wie bei … Er schob den Gedanken beiseite. Wenn er anfing, Vergleiche anzustellen, würde sich sein Selbstvertrauen in Luft auflösen. Es wäre nicht das erste Mal.
    Endlich. Das Liebespärchen auf der Bank hinten im Rosengarten erhob sich und warf im Vorbeigehen einen Blick auf die einsame Frau. Sie war es wert, noch einmal hinzuschauen. Blass, vollkommene Haut, volle Lippen, die wie eine reife Frucht zerplatzen würden, wenn er in sie hineinbiss, und Haare so schwarz, dass sie seine dunkelsten Gedanken begraben konnten.
    Er dehnte und streckte Arme und Beine, um die Muskeln zu lockern, um schnell und stark zu sein. Auf der anderen Seite der Mauer gingen Straßenlaternen an, warfen tiefere Schatten über die Gärten und in den Park. Sein Versteck im Gebüsch wurde dunkler. Wenn sie irgendwann

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