Crescendo
würden auch jetzt noch Geld scheffeln, wenn sie die Firma nicht hätten verlassen müssen. Daran war Griffiths schuld gewesen. Er neigte nun mal dazu, sich zu sehr auf jemanden zu versteifen, bis das Objekt seiner Aufmerksamkeit sich irgendwann beschwerte. Janie, das Miststuck, hatte offiziell gegen sie beide Beschwerde eingereicht. »Sexuelle Belästigung« stand in Waynes Kündigungsschreiben. Eine verdammte Überreaktion.
Nachdem sie gefeuert worden waren, wollte Wayne Janie eine Lektion erteilen, aber das hatte er ihm ausreden können. Stattdessen hatten sie sich ihre Schwester vorgenommen, die noch die Oberstufe besuchte. Wayne hatte sie in einem Park vergewaltigt, und als er zurückkam, hatte er noch ihr jungfräuliches Blut an sich, was gegen die Regeln verstieß. Drei Wochen später hatten sie Janie heimlich verfolgt, als sie am Samstagabend mit einer Gruppe Freundinnen ausging. Eines von den jungen Mädchen war besonders attraktiv, und er war ihr nach Hause gefolgt. Sie hatte ein möbliertes Zimmer irgendwo am Rande von Birmingham, und nachdem er das Haus eine Stunde lang beobachtet hatte, war er sicher, dass sie allein war. Er hatte sich aus weißem Papier einen steifen Priesterkragen gefaltet und in einem Kiosk an der Ecke ein paar Ausgaben der Kirchenzeitschrift »The Big Issue« gekauft. Dann hatte er mit den Zeitschriften unterm Arm bei ihr an die Tür geklopft.
In der Woche darauf war überraschend die Polizei bei ihm aufgetaucht. Zum Glück war Wendy zu Hause gewesen und hatte für ihn gelogen, wie er es von ihr erwartete. Er war ruhig geblieben, und das nicht nur, weil er wusste, dass er in der Wohnung der jungen Frau keine belastenden Spuren hinterlassen hatte. Der Detective Sergeant, der ihn befragte, wollte nicht sagen, wie sie auf seinen Namen gekommen waren, aber er konnte es sich denken, als sie Fragen nach Wayne stellten. Janie hatte ihnen einen Tipp gegeben, klar.
Sobald die Polizei gegangen war, hatte er Wayne auf dem Handy angerufen und ihm gesagt, er solle sich aus dem Staub machen und bloß den Mund halten, falls sie ihn erwischten. Er hatte gepackt und war am selben Tag abgehauen, nicht ohne Wendy vorher noch kurz für ihre Loyalität so zu belohnen, wie sie es am liebsten hatte. Seitdem kam er nur noch nach Birmingham, um sie bei Laune zu halten.
Er klickte sich bei den speziellen Websites ein, die ihm immer die größte Entspannung verschafften. Auf einigen waren Folterszenen zu sehen, auf anderen Kriegsgräuel, doch die meisten zeigten Verletzungen, die Kindern zugefügt wurden. Für Letzteres hatte er nicht besonders viel übrig, sie machten ihn einfach nicht an.
Es klopfte zögernd an der angelehnten Tür, als die schwarze Dunkelheit hinter den Gardinen langsam grau wurde.
»Ich hab dir Tee hingestellt.« Wendy traute sich nie, die Tür weiter zu öffnen.
»Ich will Kaffee.«
Wendys Klopfen hatte ihn aus seinen Träumen gerissen. Er richtete seine Gedanken wieder auf das Problem, die Polizistin ausfindig zu machen. Es gab eine Möglichkeit, sie übers Internet aufzuspüren, wenn er Glück hatte und sie online ging. Er könnte ihr per E-Mail einen Virus schicken, der sich an Informationen in ihrem Computer heftete und sie zu seinem zurückschickte. Das war zwar nicht einfach, aber er kannte einen genialen Programmierer, der noch immer in der Firma arbeitete. Iain würde ihm helfen, weil er einen Hang zu Kinderpornos hatte und von ihm mal welche bekommen hatte.
Aber vor acht war Iain nie im Büro, also musste er die Zeit bis dahin totschlagen. Er könnte in der Zwischenzeit ein bisschen nett zu Wendy sein, nur um sie daran zu erinnern, was für ein lieber Junge er sein konnte, wenn er wollte. Sie föhnte sich gerade vor der Frisierkommode die Haare, als er hinter sie trat und ihr Kamm und Föhn aus den Händen nahm. Er bürstete ihr das dünne, blonde Haar, bis es glänzte. Anschließend legte er sich aufs Bett und schaute zu, wie sie in ritueller Abfolge eine dicke Strumpfhose, ein billiges gestreiftes Baumwollkleid, einen Gummigürtel und bequeme Schuhe anzog. Ihre frisch gewaschene Haube hatte sie sicher schon in der Tasche. Er hatte sie einmal fast hübsch gefunden, jetzt war sie lediglich praktisch. Dass sie ihn liebte, wusste er. Dass Griffiths sie liebte, fand er zum Lächeln. Dass sie beide ihn fürchteten, fand er zum Lachen.
In der berauschenden Zeit des Hightech-Booms hatte er Wayne überredet, Wendy die Wohnung zu vermieten. Dadurch war sie an sie beide
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