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Cristóbal: oder Die Reise nach Indien

Cristóbal: oder Die Reise nach Indien

Titel: Cristóbal: oder Die Reise nach Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Orsenna
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und ich habe dann den Eindruck, dass es keine Folter gibt, die ich schlimmer empfinde als die Kälte. Aber von jeder scheint es mir, dass keine qualvoller ist als die, unter der ich gerade leide.
    Am Freitag kehre ich nach oben zurück, wo so vielfacher Tod mir bevorsteht. Dann schinden sie mir den ganzen Körper, sodass von der Haut nichts übrig bleibt. Danach stoßen sie mich mit einem glühenden Pfahl in Ruß, der mit Salz vermischt ist, und sogleich wächst mir eine ganz neue Haut bei dieser Folter. Wohl zehnmal am Tag häuten sie mich und zwingen mich dann, in das Salzbad zu steigen. Und darauf lassen sie mich ganz heiß geschmolzenes Blei mit Kupfer trinken.
    Am Samstag schleudern sie mich wieder hinunter, wo die anderen Teufel mich neuen Qualen unterwerfen. Und dann werde ich in ein Verließ gesteckt – in der ganzen Hölle gibt es kein schrecklicheres und schmutzigeres –, ohne Seil stürze ich hinab. Da liege ich in Finsternis und Gestank, es gibt dort kein Licht. Der Gestank ist so stark, dass ich immer Angst habe, dass mein Herz zerspringt. Wegen des Kupfers, das die Teufel in der anderen Hölle mich zu trinken zwangen, kann ich nicht erbrechen. Dann schwelle ich stark an, und meine Haut spannt sich, ich habe Angst, denn fast platzt sie. Solche Hitze, solche Kälte, solchen Gestank und solche Schmerzen erleidet Judas. Und da gestern Samstag war, kam ich zwischen der neunten Stunde und Mittag hierher. Heute ruhe ich mich auf diesem Platz aus. Sehr bald werde ich einen bösen Abend erleben: Tausend Teufel werden sogleich kommen und mir keine Ruhe lassen, wenn sie mich in ihrer Gewalt haben werden.
    Nachdem sie noch einen hundertvierzig Jahre alten Eremiten namens Paulus an seinem Zufluchtsort besuchen, der ihnen das Geheimnis seiner blühenden Gesundheit und seiner seltenen Langlebigkeit mit dem Hinweis auf seine Ernährung erklärt – zuerst hat er dreißig Jahre nur Fisch gegessen, danach hat er sich fünfzig Jahre mit klarem Wasser zufriedengegeben –, erreichen Brendan und seine Seefahrermönche schließlich das Ziel ihrer Irrfahrt, das Paradies.
    Dann erblickten sie einen Jüngling von sehr großer Schönheit, der auf sie zukam. Er war ein Bote Gottes und sagte ihnen, sie sollten ans Ufer kommen. Sie legten an, er empfing sie und nannte siealle bei ihrem richtigen Namen. Dann küsste er sie herzlich und besänftigte die Drachen: Er hieß sie, sich ganz demütig und widerstandslos auf die Erde zu legen; und das Schwert ließ er von einem Engel festhalten, den er herbeiholen ließ: Der Eingang war offen. Und alle traten in die ewige Herrlichkeit ein.
    Der Jüngling ging voraus und führte sie durch das Paradies. Sie sahen ein Land voll von schönen Bäumen und Wiesen: Die Wiese, die immer voll von schönen Blumen ist, ist ein Garten. Die Blumen duften dort sehr süß wie an dem Ort, wo die Frommen wohnen, ein Ort mit herrlichen Bäumen und Blumen und sehr kostbaren Früchten und Düften. Dornen, Disteln und Brennnesseln gibt es dort nicht. Alle Bäume und Kräuter verströmen einen süßen Duft. Die Blumen blühen immer, und die Bäume tragen ständig Früchte, zu keiner Jahreszeit setzen sie aus. Hier ist stets milder Sommer, die Bäume tragen immer Früchte, die Blumen blühen, die Wälder sind voll von Wild und alle Flüsse voll von gutem Fisch. In den Flüssen fließt hier Milch. Dieser Überfluss herrscht überall: Das Schilf gibt Honig durch den Tau, der vom Himmel fällt. Wenn dort ein Berg ist, so ist er ganz aus Gold, und wenn es dort einen großen Stein gibt, so ist er wertvoll wie ein Schatz. Ohne Unterlass scheint hell die Sonne, kein Haar wird vom Wind bewegt. Keine Wolke zieht am Himmel auf, die das Sonnenlicht nehmen könnte. Wer hier sein wird, wird kein Leid erfahren – er wird nicht einmal wissen, woher Leid kommt –, weder Hitze noch Kälte, Kummer, Hunger, Durst noch Not. An allen Gütern wird er Überfluss haben. Was er sich am meisten wünscht, das wird ihm fürwahr nicht fehlen, vielmehr wird er es immer haben und bereit vorfinden.
    Brendan betrachtete diese Freuden genau; die Zeit, die er hier zubrachte, um dies alles zu sehen, kam ihm sehr kurz vor. Er wäre gerne lange sitzen geblieben. Noch viel weiter hatte ihn der junge Mann geführt und ihn über viele Dinge belehrt. Genau erklärte und sagte er ihm, an welcher Freude ein jeder teilhaben sollte. Dann ging er weiter auf einen hohen Berg, der wie eine Zypresse aussah, und Brendan folgte ihm. Von dort erblickten sie

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