Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cthulhu-Geistergeschichten

Cthulhu-Geistergeschichten

Titel: Cthulhu-Geistergeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cthulhu-Geistergeschichten
Vom Netzwerk:
Sitz meiner Vorfahren war, scheute ich keine Ausgaben. Die Priorei war seit der Regierungszeit James I. nicht mehr bewohnt — ein grauses Trauerspiel, wenn auch nahezu ungeklärter Natur hatte den Herrn dahingerafft, fünf seiner Kinder und einige Bediente; den dritten Sohn aber, meinen direkten Vorfahren und einzigen Überlebenden jener verabscheuten Familie in einer schieren Wolke aus Verdächtigungen und grauem Schrecken in die Welt hinausgetrieben.
    Da nun dieser einzige Erbe als Mörder denunziert wurde, fiel der Besitz der Krone anheim. Der Beklagte hatte indes keinen Versuch unternommen, sich rechtzufertigen oder gar sein Eigentum zurückzuerlangen. Von einem Grausen gepackt, das stärker war als die Furcht vor Gewissensbissen und Gesetz, von nichts anderem mehr beseelt als dem brennenden Wunsch das uralte Gebäude aus Augen und Gedächtnis zu verlieren, floh Walter de la Poer, elfter Baron Exham nach Virginien, wo er sich niederließ und eine Familie gründete, die im folgenden Jahrhundert als die Delapores bekannt wurde.
    Exham Priory war unbewirtschaftet geblieben, wiewohl später dem Besitz der Norrys einverleibt und wegen seiner bizarr zusammengewürfelten Bauweise vielfach fachwissenschaftlichen Betrachtungen unterzogen; einer Architektur, die düstere gotische Türme aufwies, auf romanischem oder angelsächsischem Unterbau, dessen Fundamente wiederum aus einem früheren Stil — oder aus einer Mischung früherer Stile — bestand, römisch oder sogar druidisch der kymrischen Epoche, wenn man den Sagen und Legenden vertrauen will. Dieses Fundament war tatsächlich unik — an der einen Seite war es mit dem massiven Kalkgestein eins geworden, hatte sich mit den Felsen des jähen Abgrundes verschmolzen, über dessen Rand die Priorei ein ödes Tal drei Meilen westlich von Anchester überblickte.
    Architekten und Altertumsforscher begeisterten sich an diesen unglaublichen Relikten in Staub zerfallener Jahrhunderte, aber die Menschen der umliegenden Bauerndörfer haßten sie, hatten diesen sinistren Ort schon gehaßt, als meine Vorväter hier lebten, und hassen ihn noch heute, da er bedeckt von Moder und wilden Moosen in ghoulischen Träumen dahindämmerte - ein Anblick grauenhaftester Verlassenheit.

    Ich hatte noch keinen ganzen Tag in Anchester verbracht, als mir bewußt wurde, daß ich aus einem verfluchten Hause stammte. Und in dieser Woche haben Arbeiter Exham Priory in die Luft gesprengt und bemühen sich nun, jegliche Spur des Fundaments aus der Welt zu schaffen. Die dürren Fakten meines Stammbaums hatte ich wohl seit eh und je gekannt, und auch die Tatsache, daß mein erster amerikanischer Vorfahre unter reichlich hintergründigen Umständen nach den Kolonien gekommen war. Nähere Details hatte ich jedoch dank der für die Delapores so typischen Verschwiegenheit in Familienangelegenheiten niemals erfahren. Im Gegensatz zu unseren Pflanzer-Nachbarn brüsteten wir uns nur selten mit Ahnen aus den Kreuzzügen oder den Zeiten der Königin Elizabeth, auch waren keinerlei Traditionen überliefert worden, es sei denn das versiegelte Kuvert mit den Aufzeichnungen, das von jedem Baron für dessen erstgeborenen Sohn zur Öffnung nach dem Tode zurückgelassen wurde. Stolz waren wir nur auf den Ruhm, den wir nach unserer Einwanderung erworben hatten, den Ruhm einer stolzen, ehrenhaften, wenn auch etwas reservierten und zurückgezogen lebenden virginischen Familie.
    Während des Krieges wurde unser Vermögen vom Norden eingezogen, und unsere ganze Existenz änderte sich vom Grund aus mit dem Brand unseres Heims an den Ufern des James-Flusses. Mein Großvater, damals schon hochbetagt, war in dem Flammenmeer umgekommen, und mit ihm das Kuvert, das uns mit unserer Vergangenheit band. Ich entsinne mich jenes Feuers so, wie ich es damals als siebenjähriger Junge empfand:
    schreiende Soldaten der Föderierten, kreischende Frauen, heulende und laut betende Neger. Mein Vater diente in der Armee, verteidigte Richmond, und nach Bergen von Formalitäten wurden meine Mutter und ich durch die umkämpfte Zone zu ihm gebracht.
    Nach Friedensschluß gingen wir alle nach dem Norden, woher meine Mutter stammte; dort wuchs ich zum Manne heran und wurde schließlich ein wohlhabender, gesetzter Yankee. Um den Inhalt jenes von Generation an Generation vererbten Kuverts wußten weder mein Vater noch ich, und da ich mich gänzlich in der Alltäglichkeit des Geschäftslebens von Massachusetts verlor, schwand mein Interesse an den

Weitere Kostenlose Bücher