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Cthulhu-Geistergeschichten

Cthulhu-Geistergeschichten

Titel: Cthulhu-Geistergeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cthulhu-Geistergeschichten
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heute haben wir Sime, und Angarola in Chicago. Aber Pickman hatte sie in einem so hohen Maße wie kein anderer zuvor - und ich hoffe, er wird der letzte gewesen sein.
    Frage mich bitte nicht, was sie sehen; du weißt, in der Kunst ist es normalerweise so: der ganze Unterschied, der gemacht wird, ist der zwischen den belebten, atmenden Dingen, die nach der Natur oder nach Modellen gezeichnet werden auf der einen Seite und andrerseits der artifizielle Plunder, den geschäftstüchtige Möchtegerns nach akademischen Regeln in einem kahlen Atelier auf die geduldige Leinwand hinhauen.
    Tja, ich würde sagen, der wahre Maler des Makabren besitzt eine Art Sehergäbe, die Modelle anzufertigen, in denen er die gespenstische Welt, in der er lebt, nachvollzieht.
    Weiß Gott, er versteht es, Bilder hervorzubringen, neben denen sich die Pfefferkuchenträume mancher Kleckser ausnehmen wie die Bilder eines begabten Portraitisten neben den Machwerken eines Fernkursusteilnehmers. Hätte ich jemals Pickmans Visionen gehabt - aber nein! Komm, laß uns einen Schluck trinken, bevor ich weitererzähle. Mein Gott, ich wäre wohl nicht mehr am Leben, oder bei gesundem Verstand, hätte ich je das gesehen, was dieser Mensch - wenn er überhaupt ein Mensch war! -gesehen hat.
    Du weißt, Portraits waren Pickmans Stärke. Ich meine, es hat seit Goya wohl keinen anderen Maler gegeben, der es vermocht hätte, in ein Antlitz den Ausdruck der schieren Hölle zu setzen. Und vor Goya mußt du schon weit ins Mittelalter zurückgehen - da haben sie die Wasserspeier und Höllenfratzen von Notre-Dame und Mont Saint-Michel aus den Steinen gehauen. Sie glaubten an eine Menge Dinge, diese Burschen — und vielleicht sahen sie sogar tatsächlich alles mögliche; das Mittelalter hatte da einige sehr merkwürdige Perioden. Ich entsinne mich, wie du selbst einmal Pickman fragtest, von wo zum Kuckuck er all diese Ideen und Gesichte herhabe. Erinnerst du dich noch an das böse Lachen, das er dir zur Antwort gab? Dieses Lachen dürfte auch der Grund gewesen sein, weshalb der gute Reid nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Reid begann damals, wie du weißt, sich mit vergleichender Pathologie zu beschäftigen und war mit allerlei prächtigem Zeug wie »biologische oder evolutionäre Bedeutung mentaler und physikalischer Symptome« zum Brechen voll. Er behauptete, daß Pickman ihn von Tag zu Tag mehr abstoße, daß sein Gesichtsausdruck sich in einer solch abscheulichen Weise verändere, daß es nicht mehr menschlich zu nennen sei; ja, er habe einen förmlichen Horror in seiner Gegenwart. Pickman war seiner Meinung nach anomal und höchstgradig pervertiert veranlagt. Du hast, glaube ich, sogar selbst einmal Reid in einem Brief geschrieben, daß nicht Pickman es sei, der ihn nervlich zermürbe und aufwühle, sondern dessen Bilder. Ich selbst sagte ihm damals ähnliches.
    Du darfst aber von mir nicht denken, ich habe Pickman etwa wegen solcher Dinge gemieden, ganz im Gegenteil, meine Bewunderung für ihn wuchs sogar, denn dieses
    "Ghoule beim Fraß" bedeutete einen immensen Fortschritt in seiner Kunst. Trotzdem fand sich, wie du weißt, nicht eine Galerie, die dieses Bild ausgehängt hätte, und das
    "Museum of Fine Arts" weigerte sich, es als Geschenk anzunehmen. Kein Mensch wollte es kaufen, das versteht sich wohl von selbst, und Pickman hatte es bis zu seinem Verschwinden im Atelier hängen. Jetzt ist es bei seinem Vater in Salem - Pickman stammte, wie du weißt, von dort her, und eine seiner weiblichen Vorfahren wurde 1692
    als Hexe hingerichtet.
    Ich hatte es mir angewöhnt, Pickman immer häufiger zu besuchen, besonders, nachdem ich mit Vorstudien zu einer Abhandlung über makabre Kunst begonnen hatte. Es ist wahrscheinlich, daß mich seine Bilder auf diese Idee gebracht haben; es erwies sich auch bald, daß er mir für meine Arbeit sehr wertvolle Ratschläge und Hinweise zu geben vermochte. Er zeigte mir seine ganzen Gemälde und Zeichnungen einschließlich einiger Federskizzen, welche letzteren, wären sie bekannt geworden, ihn zweifellos die Mitgliedschaft im Club gekostet hätten. Es dauerte auch nicht lange, so war ich einer seiner eifrigsten Bewunderer geworden und konnte ihm stundenlang wie ein Schuljunge bei seinen Theorien und philosophischen Spekulationen zuhören, die bizarr genug waren, um ihn für das Irrenhaus von Denver zu qualifizieren. Meine Verehrung für ihn, die sich mit der Tatsache verband, daß ihn die Leute immer mehr mieden, bestärkte

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