Sophies Melodie (German Edition)
PROLOG
Landsitz Kellan Manor, Schottland
M it einer lässig anmutenden und schwungvollen Kopfbewegung warf Melanie Afra ihr schulterlanges goldblondes Haar zurück.
Es war nicht nur ihre auffallende Schönheit, sondern mehr noch ihre engelhafte Erscheinung, die bereits auf den ersten Blick bezauberte. Eine Art ewiger Lichtschimmer erzeugte die strahlende Aura, die sie stets einzuhüllen schien wie ein diamantenbesetzter hauchdünner Schleier.
Ihre wahre, weitaus weniger schöne Persönlichkeit blieb jedoch perfekt darunter verborgen. Auch deshalb war ihre Wirkung auf andere Menschen, vor allem aber auf Männer, in den allermeisten Fällen umfassend. Dessen war sie sich bewusst.
Mit geradem Rücken, stolzem Blick und erhobenem Kopf saß sie auf einem einfachen Küchenstuhl und schlug ihre langen braun gebrannten Beine übereinander, sodass der kurze hautenge Baumwollrock noch um einige Zentimeter höher rutschte. Gekonnt heftete sie den Blick aus ihren tiefblauen Augen unter den dichten Wimpern auf den Mund des dunkelhaarigen Mannes, der breitbeinig vor ihr stand und sie sichtlich erschüttert ansah.
Für jeden Unbeteiligten wäre es unverkennbar gewesen, dass er ein großes Maß an Energie aufbringen musste, um seine schwindende Beherrschung nicht doch noch gänzlich einzubüßen. Melanie Afra jedoch war wie üblich so sehr auf die eigene Wirkung konzentriert, dass sie seine Gefühle noch nicht einmal erahnte. Sie übersah einfach, dass seine ausdrucksstarken Augen zu schmalen Schlitzen zusammengezogen waren und er fast ein wenig bedrohlich wirkte, wie er so dastand, sie düster anstarrte und um Fassung rang.
„Das ändert alles, Melly! Du kennst meine Einstellung zu diesem Thema.“
„Ich weiß, Schatz. Ich habe gelernt, dass …“
„Versprich mir nichts mehr, Melanie. Handle lieber dementsprechend.“
„Wenn du ehrlich bist, haben wir beide doch schon vorher geahnt, worauf das hinauslaufen wird, oder? Du wusstest doch auch, dass diese Nacht vor zwei Monaten so oder so alles wieder über den Haufen geworfen hat. Ich liebe nur dich! Das weiß ich jetzt.“
Lägen die Dinge anders, hätte er jetzt wahrscheinlich laut aufgelacht. Ihre sehr eigene Auslegung der absurden Situation, in der sie sich befanden, war typisch für sie. Und was ihr Liebesgeständnis anging, nahm er ohnehin an, dass sie wieder einmal log. Dennoch nickte er nur. Es war im Grunde auch nicht wichtig, ob sie dieses Mal ausnahmsweise die Wahrheit sagte. Für ihn änderte es nichts, nicht das Geringste. Es ließ sich nichts schönreden – und in diesem besonderen Fall war es besser für ihn, wenn er ihr und sich etwas vormachte, solange es nur möglich war. Vielleicht würde er das nun auch sein Leben lang tun müssen. Dann war das eben der Preis für den größten Fehler, den er bisher begangen hatte.
In seinem Inneren verkrampfte sich etwas, und er fühlte wieder einmal diese bleierne Trostlosigkeit in sich aufsteigen, eine eisige Kälte, die sich so erschreckend endgültig anfühlte und ihm unterdessen schon entsetzlich vertraut war. Wie so oft kämpfte er auch dieses Mal mit all seiner Kraft dagegen an, denn jetzt konnte er nicht mehr von dem Weg abweichen, den das Schicksal für ihn gewählt hatte.
Mit gleichmäßigen Atemzügen gelang es ihm endlich, seine Nerven ein wenig zu beruhigen. Schließlich versuchte er sich sogar an einem angedeuteten Lächeln.
„Weißt du, Melly, das Verrückte ist, ich glaube dir.“ Das Seufzen, das ihm entfuhr, kam aus tiefster Seele. Es lag eben nicht in seiner Natur, zu lügen. In diesem speziellen Fall hatte er jedoch leider keine andere Wahl. Trotzdem fühlte er sich dabei miserabel. „Verdammt, vielleicht möchte ich dir aucheinfach glauben. Schließlich bist du noch immer meine Frau.“
Melanie erhob sich und flog förmlich in seine Arme. Es war ihr schon immer leichtgefallen, nur das zu hören, was sie hören wollte. Etwas zu hinterfragen oder gar der kalten Wahrheit ins Gesicht zu sehen war nicht ihre Art. Genüsslich ließ sie die schlanken Finger durch sein festes ebenholzfarbenes Haar gleiten. Ihr biegsamer Körper schien sich dem seinen in derselben Weise anzupassen, wie ein Puzzleteil sich in das andere fügte.
Zufrieden bemerkte sie, dass in seinen Augen ein flüchtiger Funke aufglomm, den sie sofort als eindeutigen Hinweis auf das Aufkeimen körperlichen Begehrens interpretierte. Erst jetzt konnte sie sehen, dass eine unterdrückte Wut in ihm nach und nach verrauchte. Sie
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