Cthulhu-Geistergeschichten
völlig außerirdischen Musik erfüllt war. Ich stand da und blickte in namenlosem Grauen in die Nacht hinaus. Der Wind hatte nun die beiden Kerzen gelöscht, ich befand mich in einer tobenden, undurchdringlichen Finsternis: vor mir das dämonische Chaos, hinter mir der infernalische Wahnsinn der rasend gewordenen Violine. Ich tappte in die Dunkelheit zurück, Streichholz hatte ich keines, stieß gegen den Tisch, warf einen der Stühle um und erreichte schließlich die Stelle, wo die schreckliche Musik ertönte. Wenigstens mich und Zann aus dieser ungeheuren Bedrohung zu retten wollte ich nicht unversucht lassen! Plötzlich fühlte ich, wie mich eine schauerliche Kälte überrieselte, und ich schrie entsetzt auf, aber mein Schrei ging in diesem Pandämonium der irrsinnigen Geige unter. Da traf mich unversehens der wie toll sägende Geigenbogen aus der Dunkelheit. Ich wußte nun, daß ich neben dem Alten stand; ich griff aufs Geratewohl ins Ungewisse, berührte die Lehne von Zanns Stuhl, bekam ihn selbst an der Schulter zu fassen und schüttelte ihn, um ihn wieder zur Besinnung zu bringen.
Er aber reagierte nicht, seine Violine schrillte unvermindert weiter. Ich hielt mit der Hand das mechanische Nicken seines kahlen Schädels an, dann schrie ich ihm ins Ohr, daß wir vor diesen unbekannten Dingen der Nacht fliehen müßten. Er aber antwortete nicht, ließ auch nicht im mindesten von seinem unaussprechlichen Musizieren ab, während durch das offene Fenster seltsame Windströme fuhren und in diesem Tohuwabohu aus Dunkelheit und Grauen zu tanzen schienen. Als meine Hand zufällig sein Ohr berührte, durchzuckte mich ein kalter Schauer, obgleich ich nicht wußte, warum - bis ich endlich sein eisiges, nicht atmendes Gesicht berührte, dessen hervorquellendes Augenpaar in ein sinnloses Nichts starrte.
Und dann, wie durch ein Wunder, fand ich die Türe und den großen Holzriegel. Von einer wilden Panik gejagt, floh ich dieses glasäugige Etwas in der Dunkelheit, floh ich das ghoulische Geheule jener verfluchten Violine, deren Wüten noch zunahm, als ich in das finstere Treppenhaus hinausstürzte.
Ich rannte, sprang, flog diese nicht endenwollenden Stufen hinunter, durchquerte das verruchte Haus, raste wie besinnungslos auf die enge Straße hinaus; stolperte über das verkommene, buckelige Pflaster, lief den stinkenden Hafenkai entlang, hastete keuchend über die große, finstere Steinbrücke - bis ich endlich die breiteren, gesünderen Straßen und Boulevards der Stadt erreichte, die wir alle kennen.
Das sind die grauenhaften Eindrücke, die noch immer meine Seele verfolgen und bedrängen. Und ich entsinne mich, daß es windstill war, ein schöner Mond stand am Himmel, und die hellen Lichter der Stadt flimmerten wie eh und je.
Trotz der sorgfältigsten Nachforschungen und Untersuchungen ist es mir nie wieder gelungen, jene Rue d'Auseil wiederzufinden. Aber ich bin darüber nicht so sehr betrübt; auch nicht darüber, daß jene engbeschriebenen Blätter, die allein Erich Zanns Musik hätten erklären können, von den unträumbaren Abgründen des schwärzesten Nichts verschlungen wurden.
Der leuchtende Trapezoeder
Robert Bloch gewidmet
I have seen the dark universe yawning Where the
black planets roll without aim-Where they roll in their horror unheeded, Without knowledge or luster or name.
Nemesis
Selbst diejenigen, die den Fall eingehend untersuchten, werden zögern, der Annahme, Robert Blake sei vom Blitz erschlagen worden, zu widersprechen. Es besteht sogar die Möglichkeit, daß die Todesursache nur ein Schock nach einer starken elektrischen Entladung gewesen war. Unbestreitbar bleibt, daß die Fenster seines Ateliers vollkommen intakt waren, aber die Natur hat dem Menschen schon oft bewiesen, welcher Überraschungen sie fähig ist. Der Ausdruck seines Gesichts läßt sich ohne weiteres als belangloser Muskelreflex erklären, der mit den Ereignissen kurz vor seinem Tode nichts zu tun haben muß, während die Eintragungen in seinem Tagebuch eindeutig die Resultate seiner bizarren Einbildungskraft sind, die durch gewisse abergläubische Vorstellungen und eigene Entdeckungen längst verschollener Dinge erregt worden waren. Und was die anomalen Zustände in der verlassenen Kirche von Federal Hill betrifft, so wird sie der gewiegte Analytiker als bewußte oder unbewußte Scharlatanerie abtun, an der Blake im geheimen nicht unbeteiligt gewesen sein mag.
Immerhin war das Opfer ein Schriftsteller und Maler gewesen,
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