Cugel der Schlaue
zweiten wie ihn zu finden, es wäre sinnlos, es auch nur zu hoffen.«
Weamish rief erneut voll Ungeduld: »So kommt, Cugel! Müssen wir hier herumstehen, bis die Sonne erlischt?«
»Ich komme, habe jedoch nicht vor, blindlings durch diesen langen, dunklen Korridor zu laufen!«
»Nun gut, folgt mir! Hierher!«
Cugel eilte hinter Weamish her zum Speiseraum: ein Saal mit Tischen an einer und einem vollbeladenen Büfett an der anderen Seite. Zwei Männer saßen beim Essen. Einer war groß und kräftig mit Stiernacken, einem roten Gesicht, üppigem blondem Kraushaar und mürrischer Miene; er aß dicke Bohnen und Brot. Der zweite, der so schlank wie eine Echse war, dunkle, ledrige Haut, ein schmales, knochiges Gesicht und dickes Schwarzhaar hatte, verzehrte ein nicht weniger einfaches Mahl aus gedämpftem Grünkohl und dazu eine rohe Zwiebel.
Cugels Blick fiel jedoch sofort auf das Büfett. Staunend wandte er sich an Weamish: »Wartet Twango immer mit einer solchen Auswahl von Köstlichkeiten auf?«
Gleichmütig antwortete Weamish. »O ja, meistens.«
»Die beiden Männer dort; wer sind sie?«
»Der linke ist Yelleg, der andere Malser. Sie sind die Arbeiter, über die Ihr die Aufsicht haben werdet.«
»Nur zwei? Ich erwartete einen größeren Trupp.«
»Ihr werdet feststellen, daß die beiden genügen.«
»Für Arbeiter sind die beiden, was ihr Essen betrifft, recht genügsam.«
Ohne sonderliches Interesse blickte Weamish auf die zwei. »Sieht wohl so aus. Was ist mit Euch? Was wollt Ihr speisen?« Cugel trat an das Büfett, um sich alles näher anzusehen. »Ich werde mit diesem Räucherfisch in Öl anfangen, dazu einen Pfefferblattsalat. Danach dieses Brathuhn, das köstlich zu sein scheint, auch eine Scheibe des Rostbratens ... Die Garnierung sieht ungemein appetitlich aus. Als Nachspeise einige der Törtchen und eine Flasche violetten Mendolenz. Das dürfte genügen. Es besteht kein Zweifel, daß Twango für seine Angestellten gut sorgt!«
Cugel stellte die ausgesuchten Gerichte auf ein Tablett. Weamish nahm sich nur ein Tellerchen mit gedünsteten Klettenblättern. Erstaunt erkundigte sich Cugel: »Ist Euer Appetit so gering, daß Ihr Euch mit so etwas zufriedengebt?«
Weamish blickte stirnrunzelnd auf den Teller. »Zugegeben, es ist etwas karg. Ich finde, daß ein zu üppiges Mahl mich träge macht.«
Cugel lachte selbstbewußt. »Ich werde alles rationalisieren, dann wird Euer übertriebener Eifer überflüssig – dann fliegen keine Rockschöße mehr.«
Weamish schürzte die Lippen. »Ihr werdet feststellen, daß Ihr manchmal genauso schwer arbeiten müßt wie Eure Untergebenen. Das bringt eine Aufseherstellung mit sich.«
»Nie!« erklärte Cugel fest. »Ich bestehe auf eine strenge Trennung der Pflichten. Ein Arbeiter hat nichts anzuschaffen, und ein Aufseher arbeitet nicht körperlich. Was Euer Abendmahl betrifft, Ihr seid in den Ruhestand getreten, also könnt Ihr essen und trinken, was Euch schmeckt.«
»Mein Konto ist aufgelöst«, entgegnete Weamish. »Ich möchte kein neues eröffnen.«
»Eine Kleinigkeit, wahrhaftig«, sagte Cugel kopfschüttelnd. »Doch wenn Ihr Euch deshalb Gedanken macht, dann eßt und trinkt auf meine Rechnung!«
»Das ist außerordentlich großzügig.« Weamish sprang auf und humpelte eilig zum Büfett. Mit einer Auswahl feinster Bratenstücke, eingemachter Früchte, Törtchen, einem großen Käse und einer Flasche Wein kehrte er zurück und machte sich mit sichtlichem Appetit darüber her.
Ein Geräusch in Kopfhöhe lenkte Cugels Aufmerksamkeit auf sich. Er blickte auf und sah Gark und Gookin auf einem Wandbrett kauern. Gark hielt eine Tafel, auf der Gookin mit lächerlich langem Griffel Eintragungen machte.
Gark betrachtete eingehend Cugels Tablett. »Erstens: eine Portion geräucherter Fisch in Öl mit Knoblauch und einer Stange Lauch – kostet vier Terces. Zweitens: ein Brathuhn, erste Qualität, sehr groß, mit einer Schale Soße und siebenerlei Beilagegarnierungen – kostet elf Terces. Drittens: drei gefüllte Minzentörtchen, jedes drei Terces, insgesamt neun Terces. Viertens: ein gemischter Salat – kostet sechs Terces. Fünftens: drei Scheiben Brot, à zwei Terces – macht sechs Terces. Sechstens: eine große Portion Quittenkompott – kostet drei Terces. Siebtens: eine Flasche Wein – kostet neun Terces. Dazu kommt noch eine Terce für Servietten, Besteck- und Geschirrbenutzung.«
»Alles eingetragen und berechnet. Cugel unterschreibt hier«,
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