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Cut

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Titel: Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Kroeger
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Übersee-Instituts in Hamburg hatte ihm die Fotos herausgesucht und ihm sogar bei der Suche nach Hausers gegenwärtigem Aufenthaltsort geholfen. Trotzdem hatte es ihn in diesem gottverlassenen Kaff mehr als eine Stunde Fragerei gekostet, um herauszufinden, dass Ludwig Hauser schon seit Jahren bei seiner Lebensgefährtin wohnte. Ungeachtet der Kälte musste er lächeln, als er an die Falte auf der Stirn der Nachbarin dachte.
    »Le-bens-ge-fähr-tin. Und das in seinem Alter. Und noch dazu mit der Tochter seines Kameraden. Mindestens zwanzig Jahre jünger als er.«
    Mehmet war froh, dass hier alle so langsam redeten. Sein Deutsch war nicht besonders gut. Aber den Leuten fehlte der Charme der britischen Arbeiterklasse. Sie waren eben doch – deutsch. Und das war für einen überzeugten Antifaschisten wie ihn immer noch gleichbedeutend mit einer getrockneten Kruste aus braunem Lehm.
    Als Sohn pakistanischer Einwanderer hatte er in London ziemlich zu kämpfen gehabt. Trotzdem hätte er um keinen Preis mit einem Kind deutscher Eltern tauschen wollen, damals in den Siebzigern. »Wahrscheinlich wäre ich bei der RAF gelandet«, schoss es ihm durch den Kopf, als er Schritte hinter der Rauchglastür hörte. Er versuchte sich auf seine Rolle zu konzentrieren.
    Die Frau war höflich, aber misstrauisch. Sie sah aus wie eine vergilbte Hauptdarstellerin aus einem dieser alten deutschen Heimatfilme. Beige Hose, rotweiß karierte Bluse und eine mittelblonde kurze Dauerwelle.
    »Doktor Charlotte Weidenkamp«, sagte sie leise, nachdem sie schweigend seinen Erklärungen gelauscht hatte. Ihre Stimme hatte einen angenehm weichen Klang. Sie führte ihn ohne weitere Umstände ins Wohnzimmer, wo er pflichtbewusst den schönen Ausblick bewunderte.
    Nach einiger Zeit spürte er plötzlich das Gewicht einer schweren Pranke auf seiner rechten Schulter. »Seien Sie willkommen, mein junger Freund aus Hindustan.«
    Mehmet drehte sich schnell um, um sich zu vergewissern, dass der Mann keinen Witz machte. Aber er sah nur in ein freundliches Altmännergesicht mit müden Augen, dessen Wangen von feinen roten Äderchen durchzogen waren. Der Mann trug eine ausgeblichene Cordhose und eins dieser hier üblichen Fischerhemden. Mehmet in seinem Anzug fühlte sich sofort fehl am Platz. Er setzte sein schüchternstes Lächeln auf.
    »So jung bin ich gar nicht mehr. Über vierzig schon, Sahib.«
    Über Hausers Gesicht huschte ein Lächeln. »Sie sind also Journalist und schreiben für die –«
    »Times of India«, ergänzte Mehmet schnell. »Wissen Sie, wir arbeiten gerade an einer Serie über die Tage des Freiheitskampfes, und da darf natürlich die indische Legion nicht fehlen.«
    »Setzen Sie sich, junger Freund!« Schon hatte Hauser ihn mit überraschender Vehemenz in den tiefen Polstersessel gedrückt. Seine Freundin Doktor Weidenkamp brachte wortlos zwei Tassen Kaffee und reichte selbst gebackene Plätzchen dazu. Mehmet fühlte sich eingelullt von der Behaglichkeit dieser antiquierten Wohnstube, während Hauser ein Videoband einlegte, das den Titel Die Goldenen Zeiten der Wochenschau trug.

9 Mölln
    Die S-Bahn verlässt langsam die Halle des Hauptbahnhofs und du kuschelst dich in die Polster. Natürlich müssen sich die beiden Jungmänner direkt neben dich setzen. Wann bist du endlich zu alt für so viel ungewollte Aufmerksamkeit? Haben die nicht deine weißen Haare registriert, unübersehbar im Schwarz verteilt? Einer redet mit dir auf Türkisch, der Klang der Sprache ist dir so vertraut wie keine andere aus deiner Mietskaserne in Barmbek.
    »Tut mir Leid, ich verstehe kein Türkisch«, sagst du. Dann gibst du ihnen zehn Sekunden. Zehn neun acht sieben – bingo.
    »Und woher kommen Sie?«, fragt der andere höflich.
    »Aus Hamburg«, sagst du und fügst ein bisschen gehässig hinzu: »Und Sie?«
    »Klar, wir auch«, sagt der Erste und hält dem anderen die Hand zum Abklatschen hin. »Altona.«
    Du fühlst dich für einen Moment wie in Kurz und schmerzlos. Damals habt ihr den Preis bekommen für die Reihe Moderner Heimatfilm mit Filmen von Regisseuren der dritten Generation. Kinder der Kinder der Gastarbeiter. Ein Hamburg wie aus einem Buch von Hanef Kureishi. Die Blicke eines älteren Ehepaares aus dem Nachbarabteil holen dich zurück in die deutsche Realität. Mach dir nichts vor. Hamburg ist nicht London und Deutschland kein Einwanderungsland.
    Du guckst aus dem Fenster, und die hundertmal gesehenen Fassaden, die jetzt vorbeirauschen, erinnern dich

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