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Cut

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Titel: Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Kyle Williams
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Bohnen, geröstete süße Kartoffeln mit Mango, Koriander und frischgehackten Jalapenas, panierte und gebackene Ziegenkäsestücke auf grünem Salat mit Fenchel und Süßkirschen sowie für jeden eine gefüllte Wachtel. Zum Nachtisch hatte Mutter Jimmys Lieblingskuchen gebacken, einen Cobbler mit Brombeeren, die sie im Sommer gepflückt und eingefroren hatte, außerdem einen Kürbiskäsekuchen mit Ahornsirupglasur und gerösteten Pecannüssen, auf den ich mich immer das ganze Jahr freue.
    «Für Sie habe ich extra etwas Pikantes gemacht», sagte Mutter lächelnd zu Rauser. Sie hatte beobachtet, dass er fast über alles, was sie ihm hinstellte, roten Pfeffer streute.
    Rauser nickte und griff nach den süßen Kartoffeln. «Sie sind die beste Köchin, die ich kenne, Mrs.   Street. So ein Essen kriegt man sonst nirgendwo.»
    «Ich koche ja auch gerne», sagte Mutter und errötete. «Besonders für einen Mann mit gutem Appetit. Kochen ist etwas Sinnliches. Das merkt man schon, wenn man eine Mango schält.»
    Ich sah Mutter an. Sie flirtete doch tatsächlich mit Rauser.
    «Peinlich», brummte Jimmy.
    Mein Dad schien es nicht zu bemerken. Ich warf einen Blick auf die Wassergläser mit Rum und Eierflip und fragte mich, wie viele die beiden wohl heute schon gekippt hatten.
    «Das war nicht immer so», sagte mein Vater. Solange ich mich erinnern kann, hatte ich ihn über die Kochkünste meiner Mutter lästern hören. Meistens war es sein einziger Beitrag zu unseren Feiertagsgesprächen. «Am Anfang unserer Ehe war es so schlimm, dass wir
nach
dem Essen gebetet haben.»
    «Howard», fauchte meine Mutter. «Dieser Witz war schon vor dreißig Jahren nicht lustig. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, warum du glaubst, er könnte jetzt lustig sein.»
    «Ich fand ihn lustig», sagte Miki, ohne aufzusehen. Sie untersuchte den truthahnförmigen Serviettenhalter aus Keramik neben ihrem Teller.
    Mutter sah erst sie an und dann wieder meinen Vater. «Howard, du hast die Tochter meiner einzigen Schwester gegen mich aufgestachelt. Ich hoffe, du bist zufrieden», zeterte sie wie eine betrogene Scarlett O’Hara. Je mehr sich meine Mutter als Opfer fühlt, desto mehr wird sie zu einer Südstaatenmatrone.
    «Keye, wo steckt Diane?», fragte Jimmy, wahrscheinlich in der Absicht, das Thema zu wechseln. Mein Bruder Jimmy ist der geborene Friedensstifter und ein Fachmann im Ablenken meiner Mutter. «Ich hatte gehofft, sie zu sehen, wenn ich hier bin.»
    Ich lächelte. «Sie hat was Neues am Laufen.»
    «Aha», meinte Jimmy nickend. Wir hatten alle seit Jahren Dianes Beziehungskarussell miterlebt. Sie war nicht der Mensch, der allein glücklich sein konnte.
    Mutter hob resigniert die Hände. «Die einzige Frau auf Gottes Erden, die dir gefallen hat, und sie ist strohdumm.»
    «Diane ist nicht dumm, Mutter», sagte Jimmy. «Sie ist süß. Und du wirst immer die einzige Frau in meinem Leben sein.»
    Mutter war gerührt. «Du bist einfach das schönste Wesen, das mir jemals unter die Augen gekommen ist, weißt du das?»
    Ich musste ihr zustimmen. Mein Bruder ist ein schöner, gutgebauter Mann mit haselnussbraunen Augen und dunkler Schokoladenhaut. Seine Herkunft ist ein Rätsel. Über seineleiblichen Eltern ist rein gar nichts bekannt, aber seit er in dieser reizbaren Familie gelandet ist, war er immer der Ruhepol.
    «Du solltest öfter nach Hause kommen», sagte Mutter. «Es ist nicht mehr so wie früher. Mittlerweile wohnen in der Nachbarschaft mehrere afroamerikanische Familien, und China muss irgendwo ein Tor aufgemacht haben, denn überall laufen kleine chinesische Mädchen herum.» Sie tätschelte die Hand meines Vaters. «Howard, wir waren unserer Zeit voraus.»
    Ich verdrehte die Augen, und Jimmy musste wegsehen. Die meiste Zeit unseres Lebens hatten wir an diesem Tisch Probleme gehabt. Beim Tischgebet hatte ich ihn häufig zum Lachen gebracht, und so etwas ließ Emily Street nicht durchgehen.
    Es dauerte nicht lange, bis Rauser seine Wachtel praktisch vollständig verschlungen hatte und zum zweiten Mal seinen Teller füllte. Er bediente sich noch einmal großzügig von den geschmorten Bohnen. Mutter macht sie nach Art des Südens mit einer schweren Pilzsoße und gibt Brotkrumen und gebratene Schalotten darüber. Schon vom Hingucken kriegt man einen Herzinfarkt. Eine Schüssel Chips hat weniger Fett.
    «Keye, kochst du eigentlich auch mal für diesen Mann?», fragte Mutter. Und dann sagte sie, an Rauser gewandt: «Ich habe ihr nämlich ein paar

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