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Cut

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Titel: Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Kyle Williams
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Dinge beigebracht, müssen Sie wissen.»
    Rauser tupfte sich den Mund mit seiner Serviette ab. «Wir lassen uns eher was kommen», sagte er und sah mir dann lächelnd in die Augen. «Und damit bin ich ganz zufrieden.» Zu meiner Überraschung beugte er sich zu mir und küsste mich sehr sanft auf den Mundwinkel. Unter dem Tisch spürte ich seine Hand auf meiner.
    «Also, ein Mann wie Sie sollte sich sein Essen nicht kommenlassen müssen», hörte ich Mutter sagen, während ich immer noch Rauser in die Augen sah.
    In die darauffolgende Stille verkündete mein Vater plötzlich: «Nach dem Essen möchte ich euch allen etwas zeigen.»
    «Er wollte mich partout nicht in die Garage lassen», beschwerte sich Mutter und drohte meinem Vater mit dem Finger. Rauser drückte meine Hand, ließ sie dann los und widmete sich wieder seinem Teller.
    Nach dem Dessert schlenderten wir also alle hinaus in den Hof und warteten darauf, dass sich das Garagentor öffnete. Rauser stand neben mir und hatte mir einen Arm um die Schultern gelegt. Als ich zu ihm hochsah, küsste er mich auf die Stirn. Er war schon den ganzen Tag so anhänglich gewesen.
    Mutter hatte ihren Arm um Jimmys Taille gelegt, er hielt Mikis Hand. Auch die Nachbarn waren gekommen und warteten mit uns darauf, dass mein Vater sein neuestes Projekt enthüllte.
    Als sich das Garagentor langsam hob und Dads neues Hobby zum Vorschein kam, stockte uns allen der Atem. Ein fast zwei Meter hohes, abscheuliches Metallmonstrum stand vor uns. Wir sahen es an, kniffen die Augen zusammen, warfen uns Blicke zu und sahen dann wieder in die Garage. Niemand sagte ein Wort.
    Mein Vater wirkte durcheinander. «Das ist eine Skulptur», erklärte er. «Ein Adler mit einer Ratte im Schnabel.»
    Jemand sagte
Igitt!
Doch schließlich hatte Jimmy die gute Idee zu klatschen. Alle applaudierten und jubelten, und mein Vater machte einen feierlichen Diener.
    «Verdammter Idiot», flüsterte Mutter und legte sich die Hände vors Gesicht. «Nicht nur, dass er jedes Jahr mit Glühbirnen
Weihnachten
aufs Dach schreibt. Jetzt auch das noch!»
    Mein Vater ist Legastheniker, will es aber nicht zugeben.
    «Lust auf einen Spaziergang?», fragte mich Rauser nach der Enthüllung.
    Schweigend schlenderten wir bis zum Ende von Derrydown und überquerten Shadowmoor Drive. «Übrigens», sagte Rauser, als wir über die Holzbrücke zum Spielplatz hinter der Grundschule von Winnona Park gingen, «ich habe mit Jo endgültig Schluss gemacht.»
    «Wer ist Jo?», meinte ich und grinste ihn an.
    «Keye, als du in dieser Nacht auf der Interstate von der Straße abgekommen bist, dachte ich, mein Herz bleibt stehen.»
    Wir waren bei den Schaukeln auf dem Fußballplatz hinter der Schule. In den Häusern am Inman Drive und Poplar Circle, den beiden Straßen, die an das Schulgelände grenzten, brannten Lichter. Es war ein altes Viertel, in dem mittlerweile viele junge Familien in renovierten Eigenheimen wohnten. Ich sah einen Wagen neben dem Park anhalten, die Scheinwerfer gingen aus. Häufig treffen sich Jugendliche hier. Manchmal parken die Leute abends auf dem Schulhof und lassen ihre Hunde auf dem Fußballfeld laufen.
    Rauser stellte sich direkt vor mich und hielt meine Hände. «Ich dachte immer, man sollte nichts überstürzen. Doch in dieser Nacht wurde mir klar, wie schnell sich alles verändern kann und wie schnell die Zeit vergeht. Ich hätte dir schon längst sagen sollen, dass ich dich liebe, Keye.»
    Ich betrachtete die vertrauten Falten um seine Augenwinkel. Es sah immer so aus, als müsste er gleich lachen. Ich betrachtete sein dichtes graumeliertes Haar und seine breiten Schultern, und mir wurde klar, dass ich nicht mehr empfindungslos war. Ganz im Gegenteil. Ich wollte diesen Mann, der mich so gut kannte und mich trotzdem liebte.
    «Als ich dich damals anrief und Jo ans Telefon ging   …», begann ich.
    «Ich wusste, dass du total eifersüchtig warst», sagte er verschmitzt grinsend.
    «Ich war überhaupt nicht eifersüchtig.»
    «Aha», meinte er. «Und vielleicht kommt gleich Jodie Foster anspaziert, genau hier in diesem dämlichen Park.»
    «Und? Hast du nicht etwas vergessen? Tanzt sie nicht auf dem Tisch oder wackelt mit ihrem Hintern oder so was? Ich liebe diesen Teil.»
    Rauser schaute mich an, als hätte ich gerade mitten in der Kirche die Hosen runtergelassen. «Um Gottes willen, Keye, ich spreche von Jodie Foster. Ein bisschen mehr Respekt, ja?»
    Ich lehnte mich an ihn, und wir lachten. Als er seine

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