Cyberabad: Roman (German Edition)
einen Hauch von Wahnsinn in die schreckliche Party, und anschließend fühlt sich Thal schwindlig und redselig. Ys ist voller Leben und Erstaunen, sich in einer neuen Stadt und mit einem neuen Job wiederzufinden, im Auge des gesellschaftlichen Mahlstroms mit einem kleinen, dunklen, wunderschönen Neut.
Dann zerfließt alles wie Kalligraphie im Regen. Irgendwann tanzt Thal, ohne sich zu erinnern, wie ys auf den Floor gelangt ist, und es sind noch viel mehr Leute da, die eher herumstehen als tanzen. Eigentlich tanzt überhaupt niemand, nur Thal. Ys tanzt allein, wundervoll und makellos, als hätte sich der Wind, der durch den Tempel wehte, an einer Stelle in einem Wirbel gesammelt – wie ungewohnte Chota Pegs, wie Licht, wie Nacht, wie die Versuchung, wie ein Laser, der auf Tranh gebündelt ist, um nur ys allein zu erhellen. Es sagt Ich will ich brauche ich werde, na komm , es lockt Na komm schon , es zieht Tranh an, Schritt für Schritt, doch ys lächelt nur und schüttelt den Kopf. Für so einen Scheißdreck bin ich nicht zu haben, mein Liebstes. Doch ys wird in den Kreis gezogen, durch dieses Spiel aus Shakti und Purusha, bis Thal sieht, wie Tranh erzittert, als wäre etwas aus der Nacht gekommen und in ys hineingefahren, etwas Besitzergreifendes, Vernachlässigtes, und Tranh zeigt ein kleines, leicht irres Lächeln, und sie kommen zusammen im Kreis der Musik, ein Jäger und das Wesen, das ys jagt, und alle Blicke sind auf sie gerichtet, und aus dem Augenwinkel sieht Thal YULI , den hellsten Stern am Firmament, wie ys mit sys Entourage davonstapft. Blasiert.
Die Meeja warten nur darauf, dass sie sich küssen und das Drama perfekt machen, doch trotz der Kaskaden aus erotischen Skulpturen, die sich von jeder Säule und jedem Pfeiler herabstürzen, sind sie indische Neuts, und der richtige Ort und die richtige Zeit für den Kuss ist nicht hier und nicht jetzt.
Dann sitzen sie im Taxi, und Thal weiß nicht, wie oder wo, doch die Dunkelheit ist sehr groß, und die Musik hallt in sys Ohren nach, und die Chota Pegs dröhnen in sys Kopf, aber allmählich zerbrechen und vereinzeln sich die Dinge wieder. Thal weiß jetzt, was ys will. Ys weiß, was geschehen wird. Die Gewissheit ist ein dumpfes, rötliches Pochen in sys Unterbauch.
Auf der Rückbank des ruckelnden Phatphat lässt Thal sys Unterarm, die weiche Haut der Innenseite nach oben, auf Tranhs Schenkel fallen. Ein kurzes Zögern, dann streicheln Tranhs Finger über die empfindsame, haarlose Haut, suchen die verborgenen Knospen des Hormonkontrollsystems unter der Haut und klopfen zart den Erregungskode. Unmittelbar darauf spürt Thal, wie sys Herzschlag zulegt, wie sys Atem stockt, wie sys Gesicht errötet. Sex lässt sys Körper schwingen wie eine angeschlagene Sitar, jeder Akkord und jedes Organ klingen harmonisch zusammen. Tranh bietet Thal sys Arm an. Ys spielt mit den subdermalen Empfängern, winzig und empfindlich wie Gänsehaut. Ys spürt, wie Tranh erstarrt, als der Hormonschub kommt. Sie sitzen Seite an Seite im schaukelnden Taxi, ohne sich zu berühren, doch sie zittern vor Lust, unfähig zu sprechen.
Das Hotel liegt am Flughafen, bequem, anonym, mit internationaler Diskretion. Die gelangweilte Rezeptionistin blickt kaum von ihrem romantischen Magazin auf. Der Nachtportier rührt sich, bis er die Gäste identifiziert hat, und versteckt sich wieder hinter den Cricket-Highlights im Fernsehen. Ein gläserner Aufzug bringt sie an der Seite des Hotels hinauf zu ihrem Zimmer im fünfzehnten Stock. Das Muster der Flughafenlichter breitet sich immer weiter um sie herum aus wie ein mit Edelsteinen besetzter Rock. Der Himmel wimmelt von Sternen und den Navigationslichtern von Truppentransportern, die im Zuge der erhöhten Alarmbereitschaft anfliegen. Heute Nacht bebt alles, im Himmel und auf der Erde.
Sie stürzen ins Zimmer. Tranh will nach ys greifen, doch Thal entwindet sich kokett. Eine nötige Sache fehlt noch. Thal findet die Zimmeranlage und steckt einen Chip ein. FUCK MIX . Nina Chandra spielt, und Thal schwankt und schließt die Augen und schmilzt dahin. Tranh kommt auf ys zu, bewegt sich im Rhythmus, tritt aus sys Schuhen, streift den rein weißen Mantel ab, den Leinenanzug, die Netzunterwäsche von einer Großen Bekannten Marke. Ys bietet ys sys Arm an. Thal streicht mit den Fingern über die Orgasmustasten.
Alles ist Soundtrack.
Der Geist der sich verflüchtigenden Chota Pegs weckt Thal und treibt ys ins Badezimmer, um Wasser zu trinken. Ys starrt,
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