Cypherpunks
Lobby bilden, die verhindert, dass es verboten wird. Das ist so ähnlich wie die Durchsetzung der Kryptografie. Erst wurde sie mit Waffenhandel auf eine Stufe gestellt und einige von uns als Waffenhändler klassifiziert, aber sobald sie einmal in Browsern und fürs Banking benutzt wurde, gab es eine Lobby, die stark genug war, um ihr Verbot zu verhindern – auch wenn ich zugebe, dass es wieder Schritte in Vorbereitung sind.
JACOB: Das Problem ist, dass die Sorge um den Datenschutz hier fehl am Platz ist. Machen wir uns da nichts vor. Es ist falsch, so zu tun, als ob die wirtschaftliche Dimension der Sache mit dem Internet anders wäre als ohne. Als ich mich auf den Weg hierher machte, habe ich britische Pfund gekauft. Dazu musste ich meine Sozialversicherungsnummer preisgeben, in den USA meine unverwechselbare Kennnummer, ich musste meinen Namen nennen, ich musste eine Bankverbindung angeben und das Geld aushändigen. Die Seriennummern wurden festgestellt, dann ging diese ganze Information an die Bundesregierung. Das ist also die Analogie. In den USA ist es sogar noch schwieriger als anderswo, an Devisen zu kommen, weil wir so weit ab vom Schuss liegen. Aber es gibt eine historische Tendenz zur Devisenkontrolle, diesen Überwachungsdrang erkennen wir nicht nur im Hinblick auf das Internet. Tatsächlich gibt es meines Wissens Geldautomaten in Banken, die Seriennummern der Banknoten aufzeichnen und sie dann verfolgen, um Geldströmezu analysieren und in Erfahrung zu bringen, wo es ausgegeben wird und wer damit was gemacht hat.
Wenn wir uns diese Systeme anschauen und dann auf das Internet blicken, hat sich der Datenschutz mit der Wanderung ins Internet nicht verbessert – tatsächlich ist es so schlecht um ihn bestellt wie zuvor. In dieser Hinsicht finde ich es sehr wichtig, sich die Trends aus der Welt vor dem Internet anzusehen, um zu erkennen, wohin wir gehen. Man kann feststellen, dass du, wenn du einen Haufen Geld hast, eine Prämie zahlst, um deine Daten zu schützen, und wenn du nicht viel Geld hast, dann hast du fast sicher auch keinen Datenschutz. Und beim Internet ist es noch schlimmer. Etwas wie Bitcoin ist ein Schritt in die richtige Richtung, weil du damit in Verbindung mit einem anonymen Kommunikationskanal, wie Tor zum Beispiel, WikiLeaks einen Bitcoin schicken kannst, und jeder, der diese Transaktion beobachtet, wird einen Tor-Nutzer sehen, der einen Bitcoin schickt, den du erhältst. Es ist möglich, das zu tun – das ist in mancher Hinsicht weit besser als Bargeld.
JULIAN: Wir alle sprechen von Schutz der Kommunikation und dem Recht zu publizieren. Das ist ganz einfach zu verstehen – es hat eine lange Geschichte –, und tatsächlich sprechen Journalisten liebend gern darüber, weil sie ihre eigenen Interessen schützen. Aber wenn wir diesen Wert mit dem Wert des Datenschutzes und der Freiheit der wirtschaftlichen Interaktion vergleichen, kann die CIA tatsächlich jedes Mal, wenn sie eine wirtschaftliche Transaktion sieht, erkennen, dass sie von dieser Partei an diesem Standort zu jener Partei an jenem Standort geht, und sie haben eine Kennzahl, die sie dem Wert und der Bedeutung dieser Interaktion geben. Ist also nicht die Freiheit oder die Vertraulichkeit wirtschaftlicher Interaktionen in Wirklichkeit wichtiger als die Redefreiheit, schließlich ist es wirtschaftlicher Austausch, auf dem die ganze Gesellschaftsstruktur in Wahrheit basiert?
JACOB: Sie hängen im Kern zusammen. Ich glaube, hieran erkennst du den Unterschied zwischen den amerikanischen und europäischen Cypherpunks ganz genau, weil die meisten amerikanischen Cypherpunks sagen würden, dass sie exakt ein und dasselbe sind. Denn in einer Gesellschaft, die einen freien Markt hat, würde man argumentieren, dass man für seine Überzeugungen auch mit seinem Geld einsteht.
JULIAN: Was du mit deinen Geld unterstützt, darin setzt du deine Macht.
JACOB: Genau. Ich sage nicht, dass das richtig ist, es ist fast eine rechte Haltung, vielleicht nicht ganz das, was wir wollen. Vielleicht wollen wir zum Beispiel einen sozial gezügelten Kapitalismus.
JULIAN: Sehen wir es einfach mal aus der schlichten Perspektive eines Geheimdienstes: Du hast ein Geheimdienstbudget von zehn Millionen Dollar. Du kannst damit jetzt den E-Mail-Verkehr von Leuten ausspionieren oder eine vollständige Überwachung ihrer wirtschaftlichen Transaktionen bekommen. Was würdet ihr vorziehen?
ANDY: Tja, heute würde man sagen: »O.K., wir zwingen die Bezahldienste
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