Cypherpunks
gutes Recht sei, das unter Verschluss zu halten und als Geheimnis zu behandeln, und sie machen die Computer entweder komplex oder bauen rechtliche Hürden auf, die ihr Verständnis erschweren. Tatsächlich ist das gefährlich für die Gesellschaft, weil wir wissen, dass Menschen nicht immer im besten Interesse aller handeln. Außerdem wissen wir, dass Menschen eben Fehler machen – nicht böswillig – deswegen ist es aus einer Reihe von Gründen sehr gefährlich diese Dinge geheim zu halten, nicht zu letzt, weil wir alle unvollkommen sind. Das ist schlicht eine Tatsache. Die Möglichkeit, Zugang zu den Blaupausen der Systeme zu haben, die unser Leben bestimmen, ist einer der Gründe, warum es so wichtig ist, freie Software zu haben, aber auch freie Hardware. 37 Sie verbessert unsere Fähigkeit, freie, nachhaltige Investitionen zu tätigen, die Systeme, die wir benutzen, zu verbessern und zu beurteilen, ob diese Systeme so arbeiten wie erwartet.
Doch von der Freiheit einmal abgesehen, ist es auch deshalb so wichtig, diese Systeme zu verstehen, weil es andernfalls dieallgemeine Tendenz gibt, sich der Autorität zu unterwerfen, den Leuten, die sie verstehen oder zumindest Kontrolle über sie ausüben können, selbst wenn sie ihr Wesen selbst nicht begreifen. Das ist übrigens der Grund, warum so ein Bohei um den Cyberkrieg gemacht wird, weil nämlich einige Leute, die in Kriegsdingen offenbar das Sagen haben, anfangen, über Technologie zu reden, als ob sie etwas davon verstünden. Solche Leute nehmen oft das Wort Cyberkrieg in den Mund, aber nicht einer von ihnen, kein einziger, spricht von »Cyberfriedensstiftung« oder von irgendetwas, was mit Friedensstiftung zu tun hat. Sie reden unablässig vom Krieg, weil es ihr Geschäft ist und sie versuchen, technologische und juristische Prozesse zu kontrollieren, als Mittel, um ihre eigenen Interessen voranzubringen. Wenn wir also keine Kontrolle über unsere Technologie haben, wollen solche Leute sie für ihre eigenen Zwecke einspannen, insbesondere Krieg. Das ist ein Rezept für ziemlich gruseliges Zeug – wodurch wir, wie ich glaube, bei Stuxnet gelandet sind. Ansonsten vernünftige Leute behaupten glatt, während die USA im Krieg sind, dass sich mit solchen Taktiken irgendwie Kriege verhindern lassen. Das mag ja ein vernünftiges Argument für ein Land sein, das nicht in andere Länder einmarschiert, aber es ist bei einer Nation, die gleichzeitig in einer Vielzahl andauernder Invasionen verstrickt ist, kaum überzeugend.
PRIVATWIRTSCHAFTLICHE SPIONAGE
JÉRÉMIE: Staatliche Überwachung ist wirklich ein großes Problem, das den Wesenskern aller Demokratien und ihr Funktionieren bedroht, aber Überwachung gibt es auch bei Unternehmen, die private Daten in massivem Umfang ausforschen können. Schaut euch nur mal Google an. Wenn du ein gewöhnlicher Google-Nutzer bist, dann weiß Google von dir, mit wem du kommunizierst, wen du kennst, was du im Netz suchst, dem Unternehmen sind möglicherweise sogar deine sexuelle Orientierung, deine Religion und deine philosophischen Ansichten bekannt.
ANDY: Es weiß mehr über dich als du selbst.
JÉRÉMIE: Mehr als deine Mutter und vielleicht mehr als du selbst. Google weiß, wann du online bist und wann nicht.
ANDY: Weißt du, was du vor zwei Jahren, drei Tagen und vier Stunden gesucht hast? Du weißt es nicht; Google weiß es.
JÉRÉMIE: Tatsächlich versuche ich, Google nicht mehr zu nutzen, aus eben diesen Gründen.
JACOB: Das ist ja wie »Kill your television« fürs 21. Jahrhundert! 59 Schlagkräftiger Protest, schade nur, dass der Netzwerkeffekt deinem Protest die Wirksamkeit raubt. 60 Kill deine Glotze, Mann!
JÉRÉMIE: Na ja, es ist kein Protest, es ist eher meine persönliche Sicht der Dinge.
ANDY: Ich hab diese wunderschönen Filme gesehen, wo Leute ihre Fernseher aus dem dritten Stock werfen.
JÉRÉMIE: Es ist nicht nur die staatlich betriebene Überwachung, es geht um die Frage der Privatsphäre, um die Art, wie Daten von Dritten behandelt werden, und ob die Menschen denn wissen, was mit ihren Daten passiert. Ich nutze Facebook nicht, deshalb weiß ich nicht viel darüber. Aber bei Facebook sieht man jetzt, wie überglücklich Nutzer damit sind, alle möglichen persönlichen Daten von sich preiszugeben. Und kann man es den Leuten verübeln, dass sie die Grenze zwischen Privatsphäre und Öffentlichkeit nicht kennen? Vor ein paar Jahren, vor dem Aufkommen der digitalen Technologien, waren Menschen, die ein
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