Da haben wir den Glueckssalat
haben. Das Ganze war lediglich eine schlechte Idee. Ich bin eine emanzipierte Frau, oder?
Es klingelt wieder.
» Pia… Komm her, du kleine Wildkatze«, sagt Mike und zwängt seinen Arm unter meinen Körper.
» Ich geh besser mal an die Tür. Es könnte was Wichtiges sein«, sage ich in bemüht unbekümmertem Ton, während ich um ihn herumklettere und dumpf auf dem dunkelgrünen Teppichboden lande.
Ich winde mich in meinen Slip hinein, rücklings auf dem Boden liegend, und versuche, einen coolen und ungenierten Eindruck zu machen, dann streife ich mir das erstbeste T-Shirt über, das mir in die Finger kommt. Es gehörte früher Smith, einem Typen vom College, mit dem ich mal zusammen war (na ja, mit dem ich ein paarmal in der Kiste war). Hinten auf dem T-Shirt steht: Ich bremse auch für Cheerleader… SCHARF . Hastig schlüpfe ich in meine abgeschnittenen Lieblingsshorts und meine Elmo-Pantoffeln und stecke mein Handy in die Hosentasche.
» Freut mich, dass du für Cheerleader bremst«, sagt Mike. » Eine vom Aussterben bedrohte Rasse.«
» Äh… absolut«, sage ich und würge ihn ab, indem ich die Tür hinter mir zuknalle.
Mike! Gott! Was für ein Albtraum!
Ich schließe die Augen und versuche, mich an die letzte Nacht zu erinnern. Es fällt mir beunruhigend schwer. Ich war nicht besonders gut drauf, nachdem Thompson (der Blödmann, mit dem ich ein paarmal aus… na ja… im Bett war) meine SMS ignorierte ( » Hola. Superfete. Bring Fluppen mit, wenn du kannst …« Guter Text, nicht? Ironischer Gebrauch von veraltetem Jargon, Auslassungspunkte statt einem langweiligen Smiley etc.). Und Zurückweisung steht mir nicht gut. Nicht am 26.August.
Also trank ich mehr. Und mehr. Und noch mehr.
Ich weiß noch, dass ich getanzt habe. Auf dem Tisch vielleicht? Ja, irgendwie klingelt da was bei dem Wort Tisch… Und ich glaube, ich habe im Achtziger-Aerobic-Stil getanzt. Egal, ich hatte Spaß. Gewöhnlich mache ich mir nicht viele Gedanken, wenn ich Spaß habe.
Und Mike hat Liegestütze gemacht, und das ziemlich schlecht, was mich zum Lachen brachte, und dann bin ich gestolpert, und bevor ich wusste, wie mir geschah, waren Mikes Lippen auf meinen. Ich küsse für mein Leben gern, wirklich. Und Mike küsst ziemlich gut, und außerdem war ich betrunken, also hab ich vorgeschlagen, auf mein Zimmer zu gehen. Und dann… O mein Gott. Nichts brennt so schlimm wie Scham in verkatertem Zustand.
Der Besucher an der Tür möchte unbedingt hereingelassen werden. Dingdongdingdongdingdong.
» Ich komme!«, rufe ich und bahne mir einen Weg zwischen den Flaschen und Zigarettenkippen die Treppe hinunter.
Ich hoffe, es sind nicht die Bullen. Ich glaube zwar nicht, dass auf der Party Drogen konsumiert wurden, aber man kann nie wissen. Auf meinem zweiten Internat dachte ich einmal, mein damaliger Freund Jack hätte eine Zwangsstörung, weil er ständig Talkumpuder zu Linien zog, aber es stellte sich heraus…
Augenblick. Zurück zu dem Albtraum.
Ich öffne die Haustür und stoße ein erleichtertes Seufzen aus. Es ist nur ein alter Mann. Sein Kopf, der einer großen Rosine mit spitzen Elfenohren ähnelt, sitzt auf einem langen, schmalen Körper.
» Junge Dame, wo ist Ihr Vater?«, fragt er mit einem starken Brooklyner Akzent.
» In Zürich, Sir«, antworte ich höflich. (Und da heißt es immer, ich hätte keinen Respekt vor Älteren.)
» Sind Sie eine Verwandte von Julia?«
» Sch…ich meine, Schande, nein.«
» Nun, das hätte ich mir denken können. Ich wüsste nämlich nicht, dass Pete wieder geheiratet hat. Und Sie sind eindeutig irgendetwas Halbes.«
Ernsthaft?
» Ich bin ein Ganzes und kein Halbes. Meine Mutter stammt aus Indien, mein Vater ist Schweizer. Bitte kommen Sie später wieder.« Ich versuche, die Tür zu schließen, aber er stellt seinen Fuß dazwischen.
» Ich muss mit Miss Russotti sprechen.«
» Mit welcher? Es gibt zwei. Russotti, die Ältere, auch als Julia bekannt, und Russotti, die Jüngere, auch als Coco bekannt.«
» Welche auch immer für die laute Feier bis heute Morgen um fünf, die meine Küchendecke zum Einstürzen gebracht hat, verantwortlich ist.«
Ich keuche erschrocken auf. Er muss der Mieter aus der Erdgeschosswohnung sein. Ich überlege fieberhaft. Wie kann ich das in Ordnung bringen?
» Oh, das tut mir sehr leid, Sir. Ich werde den Schaden bezahlen, ich…«
» Gehe ich recht in der Annahme, dass keine Eltern anwesend waren?«
» Ja, aber ich glaube, meine Mitbewohnerin
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