… da war'n es nur noch drei - Disconnected ; 1
zusteure. Die Jungs teilen sich auf: Der eine stürmt hinter mir her, der andere hinter Nick. Das säuerliche Bier und die Angst stehen mir bis zum Hals. Ich laufe langsamer als ein Opa auf Krücken, deshalb kann die Sache nur ein Ende nehmen: eine Tracht Prügel. Dabei habe ich nichts anderes angestellt, als eine alte Wolldecke zu küssen!
Dann ruft jemand hinter uns: „Janus! Den nicht!“
Ich drehe mich um und sehe, wie der Typ, der anscheinend Janus heißt, zwanzig Meter hinter mir anhält. Er wirft mir nocheinen fiesen Blick zu, ehe er zu den anderen zurückrennt. Offenbar bin ich nicht so wichtig wie Nick, der Freundinnen-Küsser.
„Lasse! Bitte lass ihn in Ruhe!“, kreischt Dina hysterisch, gleichzeitig kann sie eine gewisse Zufriedenheit in ihrer Stimme nicht verbergen.
Nick ist gefangen, er steht mit dem Rücken zum Wassergraben. Er spurtet nach rechts, doch Lars schneidet ihm den Weg ab. Er sprintet nach links, doch aus dieser Richtung kommt Janus angestürmt. Dann dreht er sich um und nimmt den einzigen Weg, der ihm noch bleibt, über die kleine Holzbrücke, die über den Wassergraben zum Schloss führt. Eine dümmere Idee gibt es allerdings kaum, denn die Brücke endet an einem Gittertor, das so hoch und breit ist, dass man weder darüber- noch außen herumklettern kann.
„Lasse! Tu ihm nichts!“, ruft Dina halbherzig. Janne sagt, sie solle das Maul halten.
Nick ist in eine Sackgasse geraten. Es gibt nur einen Ausweg, und ich kenne Nick und weiß, dass er ihn nutzen wird.
Direkt in den Wassergraben.
Ich sehe gerade noch, wie er auf der anderen Seite an Land klettert und Lars und Janus beide Mittelfinger entgegenstreckt, ehe ich mich umdrehe und im Opatempo zur Gothersgade renne.
Mein Chef ist alles andere als begeistert darüber, dass ich zu spät komme. Die Zeitungen müssen spätestens um sechs Uhr in den Briefkästen oder auf den Fußmatten der Abonnenten liegen. Es gibt tatsächlich Menschen, die am Wochenende nichts Besseres zu tun haben, als früh aufzustehen und zu prüfen, ob die Zeitung auch wirklich gekommen ist. Leider kann ich auch nicht verbergen, dass ich betrunken bin, was meinen Chef natürlich endgültig auf die Palme bringt. Ich ignoriere ihn und radle mit den Zeitungen in meinem Fahrradanhänger davon. Ein wütendes „Morgen bist du verdammt noch mal pünktlich!“ schallt hinter mir her, während ich in Richtung Stadtteil Østerbro schlingre.
Aus irgendeinem Grund wohnen Zeitungsabonnenten IMMER im vierten oder fünften Stock, was schmerzende Beine und Lungen zur Folge hat. Nur einmal lege ich einen kurzen Zwischenstopp an einem Kiosk ein, um anderthalb Liter Cola zu trinken. Im Laufe der letzten zehn Treppen verschwindet die Cola genauso schnell wie mein Alkoholrausch. Jetzt bin ich einfach nur noch todmüde. Die letzte Zeitung findet ihren Weg in den vierten Stock zu einem Rentner im Morgenmantel, der auf seine Uhr blickt und mir erzürnt erklärt, dass es schon viertel nach sechs ist. Ich pfeffere die Zeitung auf seine Fußmatte und antworte, wenn das so sei, müsse er sich aber ziemlich beeilen, weil er sonst zu spät zu seiner Arbeit als Stänkerheini komme.
Müde und frustriert von meinem ätzenden Job schleppe ichdas Fahrrad, den Anhänger und mich in die Einfahrt unseres Reihenhauses in der Weysesgade und stolpere durch die Tür.
Meine Mutter steht in der Küche. Sie ist Krankenschwester und muss um sieben Uhr in der Notaufnahme des Bispebjerg Krankenhauses sein. „Warst du arbeiten?“
Da sie die Antwort genau kennt, nicke ich nur, stecke den Kopf unter den Wasserhahn und trinke.
„Habt ihr Nick vom Zug abgeholt?“
Ich nicke erneut, öffne den Kühlschrank und hole Käse und Butter heraus.
„Und dann wart ihr vielleicht noch aus?“, fährt meine Mutter fort. Eigentlich ist sie sonst nicht so neugierig, aber ich weiß genau, wo das Problem liegt: Nick is back in town, und jetzt fürchtet meine Mutter Turbulenzen.
Ich hole das Roggenbrot aus dem Brotkasten. „Mama, wir haben immerhin Sommerferien.“
„Wo seid ihr denn gewesen?“
„Unterschiedlich.“
„In der Innenstadt?“
„Ja, unter anderem.“
Meine Mutter wohnt schon ihr ganzes Leben lang im Stadtteil Østerbro und nährt ein starkes Misstrauen gegen die Kopenhagener Innenstadt.
„Warum könnt ihr denn nicht hier in Østerbro was unternehmen?”
„Da können wir ja gleich zu den Schnöseln nach Hellerup.“
„Mateus, ich sehe halt so viele junge Männer in der
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