Dackelblick
Riecht gut, oder?« Ich lege mich vor Carolins Füße, und sie streichelt mich kurz. »Oder suchst du Daniel?«
Als ich diesen Namen höre, wedele ich mit dem Schwanz. Carolin soll gleich mal wissen, was ich mir unter einem netten Herrchen vorstelle.
»Ah, daher weht der Wind. Daniel ist nett, nicht? Aber es ist Wochenende, und da arbeiten wir normalerweise nicht. Ich muss auch nur kurz ein paar Sachen erledigen, die seit deinem Einzug bei mir liegengeblieben sind. Dann gehen wir eine Runde spazieren, versprochen. Du kannst dich so lange ein bisschen im Garten umschauen, bis ich fertig bin, okay?«
Ein guter Plan, denn den Garten habe ich noch gar nicht inspiziert. Überhaupt - bis auf Wohnung und Werkstatt ist das Haus noch gänzlich unbekannt für mich, und ich freue mich schon darauf, es nach und nach zu erkunden. Carolin geht zu einem der Fenster im zweiten Raum und öffnet es. Erst jetzt sehe ich, dass von dort zwei Stufen hinauf in den Garten führen. Schnell springe ich sie hoch und sitze sofort im Gras. Herrlich - wie das am Bauch kitzelt! Die Sonne scheint mir auf die Nasenspitze, und ich muss niesen. Carolin lacht.
»So, dann viel Spaß - ich lasse die Tür auf, du kannst also reinkommen, wenn dir langweilig wird.«
Keine Sorge, Carolin, das wird garantiert nicht passieren! Ich trabe los und beschnuppere den riesigen Baum, der seitlich vorm Haus steht. Hm, interessant. Offensichtlich war hier schon längere Zeit kein Hund mehr, denn es ist absolut nichts markiert an diesem Stamm. Ich hole das sofort nach und hebe gleich mal mein Beinchen. Oft habe ich das noch nicht gemacht und an so einem breiten Stamm schon gleich gar nicht, deshalb sieht das Ganze bestimmt noch ein bisschen amateurhaft aus. Aber egal, das kann ich hier schließlich ausgiebig unter Ausschluss der Öffentlichkeit üben. So lange, bis ich es genauso gut hinkriege wie die erwachsenen Rüden, die ich dabei schon heimlich beobachtet habe. Total lässig sind die: laufen an einem Baum vorbei und heben - als wäre es keine große Sache - einfach ihr Bein.
Ich versuche es noch einmal auf der anderen Seite, ist schließlich wichtig, dass man es mit beiden Beinen hinkriegt. Gar nicht so leicht, das! Nur gut, dass mich keiner sieht.
»Na, Kleiner?«, tönt es in diesem Moment von direkt über mir. »Das schaut noch ganz schön wackelig aus. Machst du wohl noch nicht so lang, he he!«
Wer, zum Teufel, ist das? Ich gucke nach oben und sehe in der Baumkrone eine dicke, schwarze Katze. O nein, welch Schmach! Ein heimlicher Beobachter und dann ausgerechnet noch eine Katze!
»Im Übrigen sind das hier
mein
Garten und
mein
Baum - ich möchte dich also auffordern, dieses Rumgepinkel hier zu unterlassen. Es ist ekelhaft und stinkt.«
Mit diesen Worten klettert die Katze gemächlich den dicken Stamm hinunter und steht dann vor mir. Für eine Katze ist sie ziemlich groß. Vor allen Dingen ist sie auch fett. Ich knurre sie an.
»Was denn? Ist das etwa eine korrekte Begrüßung? Ihr Hunde habt einfach kein Benehmen. Kommst hier quasi ohne anzuklopfen in mein Wohnzimmer und stellst dich nicht mal vor. Aber na gut«, die Katze seufzt, »fangen wir eben anders herum an: Ich bin Herr Beck.«
Aha, ein Kater.
»Ich bin Carl-Leopold von Eschersbach. Erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen, Herr Beck.« Schließlich will ich mir von so einem nicht nachsagen lassen, ich wüsste nicht, was sich gehört.
Der Kater kichert. »Carl-Leopold? Komisch, meine eben gehört zu haben, dass Carolin dich Herkules nennt. Und >von Eschersbach< klingt reichlich überkandidelt.«
Was für eine Frechheit! Am liebsten würde ich diesem fetten Viech gleich mal richtig in die Fersen beißen - aber vom Umgang mit den Schlosskatzen weiß ich, dass das für einen kleinen Hund wie mich ziemlich schmerzhaft ausgehen kann. Diese Biester sind echt schnell und haben richtig scharfe Krallen. Obwohl ich innerlich schäume, versuche ich also, mich ganz kühl zu geben.
»Eine tolle Frau wie Carolin kann mich nennen, wie sie will. Bei einer gewöhnlichen Katze wie Ihnen muss ich leider auf
Carl-Leopold
bestehen. Im Übrigen ist das hier mitnichten Ihr Wohnzimmer, sondern mein neuer Garten. Ich möchte Sie also bitten, in Zukunft nicht mehr auf meinen ebenfalls neuen Baum zu klettern. Sie beschädigen ihn mit Ihren Krallen.«
Der Schwanz des Katers beginnt zu zucken. Allerdings leider nicht, weil Beck vor Angst zittert, sondern weil er in geradezu hysterisches Gelächter
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