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Dackelblick

Dackelblick

Titel: Dackelblick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frauke Scheunemann
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mache ich bloß? Was ist hier los?
    Carolin würgt immer mehr, und ich sehe, dass sie dabei auf den hellen Teppich - oder das, was von ihm übrig geblieben ist - spuckt. Jetzt ist mir alles klar: Carolin hat sich vergiftet! Wahrscheinlich mit dem Zeug aus dieser Flasche! Das letzte Mal, dass ich gesehen habe, wie sich jemand übergeben hat, handelte es sich um Mamas Schwester Luise, und der hatte ein böser Nachbar etwas ins Futter gemischt. Wir brauchen sofort einen Arzt, sonst ist das Schlimmste zu befürchten!
    Ich renne aufgeregt hin und her, schließlich wieder zum Kopf von Carolin, die mittlerweile regungslos neben ihrem Erbrochenen liegt. Ich belle laut, damit sie wieder aufwacht - aber sie rührt sich nicht. Was soll ich bloß machen? Carolin braucht Hilfe, und zwar sofort.
    Vielleicht kommt wieder ein Nachbar, wenn ich nur mehr Lärm mache? Über die Musik haben die sich schließlich auch beschwert. Ich belle und knurre, springe auf und ab. Drei Minuten, fünf Minuten, bestimmt zehn Minuten lang. Aber nichts passiert. Erschöpft mache ich eine Pause. Verdammt, ist denn ausgerechnet heute niemand außer uns im Haus? Nicht mal Beck?
    Carolin ist immer noch bewusstlos und langsam ganz bleich im Gesicht. Ich robbe an sie heran und horche angestrengt hin. Gott sei Dank, sie atmet noch. Ich lege mich an ihr Kopfende, die Schnauze auf meine Vorderläufe und lausche ihrem Atem. Manchmal stockt der kurz, und Carolin gibt ein Stöhnen von sich. Was für eine furchtbare Situation. Und ich habe uns da reinmanövriert. Es ist nämlich alles meine Schuld - hätte ich Thomas nicht die Falle gestellt, dann wäre er noch hier, und Carolin hätte sich nicht vergiftet.
    Ich nehme noch einmal einen Anlauf, richtig Krach zu machen. Diesmal springe ich direkt vor der Balkontür auf und ab, während ich belle. Die steht auf Kipp, vielleicht hört mich ja draußen jemand? Ich bin schließlich so beschäftigt mit Herumspringen und Bellen, dass ich fast überhöre, als das Telefon klingelt. Ruft einer der Nachbarn vielleicht an? O nein, und ich weiß doch bis heute nicht, wie Menschen das so genau machen mit dem Telefonieren! Aber vielleicht ist das meine einzige Chance, jemanden zu alarmieren. Ich muss es also versuchen, und zwar schnell, bevor es nicht mehr klingelt. So viel habe ich vom Telefonieren immerhin schon verstanden.
    Das Telefon steht auf einem Tischchen im Wohnzimmer. Carolin nimmt es beim Telefonieren immer in die Hand, also renne ich hinüber und versuche, es mit der Schnauze hochzuheben. Aber das ist gar nicht so einfach, das Telefondings ist doch ziemlich groß. Beim ersten Mal erwische ich es nicht richtig, beim zweiten Mal fällt es mir herunter. Grrr, heute klappt aber auch gar nichts. Hoffentlich habe ich es jetzt nicht kaputt gemacht. Vorsichtig beschnüffele ich das schwarze Teil, das jetzt auf dem Boden vor mir liegt. Ob man mit ihm noch telefonieren kann? Und falls ja, wie? Als ich es genauer beäuge, höre ich, dass aus ihm eine Stimme kommt, die sehr weit weg klingt. Ich belle aufgeregt! Wenn ich die Stimme hören kann, kann die Stimme vielleicht auch mich hören. Mir ist zwar nicht ganz klar, ob die Stimme auch weiß, wo ich gerade bin, aber egal, ich gebe alles: belle, knurre, fiepe, jaule, hechle - immer schön in Richtung Telefon. Ab und zu horche ich noch mal nach der Stimme: Sie scheint noch da zu sein. Leider verstehe ich nicht, was sie sagt, bilde mir aber ein, einmal meinen Namen gehört zu haben. Ob das Telefon tatsächlich weiß, wie ich heiße?
    Dann auf einmal ist die Stimme weg, stattdessen nur noch ein Tuten. Frustriert knurre ich das Dings an. Wahrscheinlich hat das ganze Gebelle nichts gebracht. Ich trotte zurück zu Carolin und lege mich neben sie. Wenn es ihr schon so schlechtgeht, soll sie wenigstens nicht allein da liegen.
    In der Wohnung ist es ganz still. Zum ersten Mal seit längerer Zeit wäre ich jetzt sehr gerne wieder auf Schloss Eschersbach.
     

NEUN
    War ich etwa eingeschlafen? Ich weiß es nicht so genau. Jetzt jedenfalls bin ich hellwach, denn endlich, endlich passiert etwas. Erst klingelt es an der Haustür, nach einer Weile dreht sich ein Schlüssel im Schloss, und die Tür wird geöffnet. »Carolin, bist du da?«
    Bei der Mutter aller Fleischwürste - es ist Daniel! Sofort renne ich zu ihm, springe an ihm hoch und würde ihn am liebsten abschlecken.
    »Ho, hoppla, Herkules! Das ist ja eine nette Begrüßung. Wo ist denn dein Frauchen? Wir machen uns ein bisschen Sorgen

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