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Daemmerung ueber der See

Daemmerung ueber der See

Titel: Daemmerung ueber der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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waren es etwa zwanzig Kapitäne und Offiziere gewesen, deren Schiffe von Baratte gekapert worden waren. Bolitho hatte sich ausführlich mit allen unterhalten und sich anschließend ein viel klareres Bild von der Stärke des Gegners machen können. Baratte verfügte über viele kleine Schiffe, einen Teil seiner Prisen hatte er mit Kaperbriefen ausgestattet und ließ sie nach einzeln segelnden Fahrzeugen suchen.
    Baratte war also gut informiert und darauf vorbereitet, die Militärtransporter anzugreifen. Deren Verlust würde das Scheitern des Unternehmens bedeuten, bevor es überhaupt angefangen hatte.
    Offensichtlich war Generalmajor Drummonds Armee das Hauptziel. Baratte kannte genau die Stärke des Geschwaders in Kapstadt, das trotz der Unterstützung durch Keen in großer Gefahr schwebte.
    Bolitho hatte die Brigg
Orcadia
mit allen gesammelten Informationen zurückgeschickt und Jenour angewiesen, Keen mitzuteilen, daß die Armee stillhalten solle, bis Barattes Schiffe ausgeschaltet waren.
    Jenour war ihm lustlos und müde erschienen, und er hätte sich gewünscht, mehr Zeit zu haben, um mit ihm zu sprechen. Aber die Zeit zerrann ihm zwischen den Fingern. Die
Thruster
war verloren, und Jenour suchte nach Keen. Es mußte bald etwas passieren. James Tyacke war auf Bolithos Anordnung kurz an Bord gekommen und hatte bestätigt, daß es sich bei dem unbekannten englischen Kommandanten um einen ehemaligen Seeoffizier handeln mußte, der eine kleine Fregatte der Königlichen Marine kommandiert hatte, bis er wegen Mißhandlung von feindlichen Kriegsgefangenen vor ein Kriegsgericht gestellt worden war. Er war genau der skrupellose Charakter, der Barattes Anforderungen entsprach. Ein Mann, der eine Horde von Verbrechern um sich versammelt hatte. Die meisten würden gehängt werden, brachte man sie vor ein Gericht. Sein Name war Simon Hannay: ein Freibeuter, Pirat, Mörder, der schon zu lange den Kapitänen der einsamen Handelsschiffe auf dem großen Ozean Angst eingeflößt hatte.
    Tyacke war auf ihn gestoßen, als er ein großes Geschwader kontrolliert hatte, das regelmäßig an der afrikanischen Küste überfallen wurde. Als die Sklaverei verboten und die Patrouillen verstärkt wurden, hatte Hannay festgestellt, daß die arabischen Sklavenhändler ihn nicht so fürchteten wie den »Teufel mit dem halben Gesicht.« Er hatte seine Dienste nicht zum ersten Mal den Franzosen angeboten, und nach Aussage eines der befreiten Gefangenen hatte man ihm eine Fregatte mit zweiunddreißig Kanonen und dem sinnigen Namen
Le Corsaire
gegeben. Barattes Flagge wehte auf der Fregatte
Chacal.
Sie war neu, aber sonst wußte man wenig über sie. Ansonsten verfügte er über andere kleine Schiffe wie Briggs, Brigantinen und ehemalige Küstenschoner.
    Bolitho trat vom Tisch zurück und blickte nachdenklich auf die glänzende See. Es war Mittag, und Tyacke würde sich inzwischen weit nach Luv gearbeitet haben, bereit, wieder zu den beiden Fregatten zu stoßen, sobald ein fremdes Segel gesichtet wurde.
    Er hörte das Stampfen von Stiefeln und das Zwitschern der Pfeifen, als Kapitän Dawes von der
Laertes
an Bord begrüßt wurde. Avery war oben, um ihn mit Kapitän Trevenen zu empfangen.
    Bolitho mußte an die heftigen Emotionen denken, die sich auf Averys Gesicht abgezeichnet hatten, als sie die beiden Frauen und den alten Abt zwischen wilden Blumen am Hang des Hügels beerdigt hatten. Auch er war beim Anblick der ermordeten Frauen, beides junge Ehefrauen von Fischern, geschockt gewesen. Ihnen war nichts erspart geblieben, nicht einmal ein schneller Tod war ihnen vergönnt gewesen. Einer der befreiten Seeleute hatte von der Nacht erzählt, als die Wachen volltrunken gewesen waren und sich ihr wüstes Brüllen mit den Schreien der Frauen vermischt hatte. Simo n Hannay war nicht dabei gewesen, aber er hätte es sein können – und dafür würde er bezahlen.
    Das Verhalten der Mönche war schwer verständlich gewesen. Sie hatten weder Dankbarkeit noch Verärgerung gezeigt und nur wenig Trauer über den Tod ihres Abtes. Vielleicht zerstörte das Leben auf dieser gnadenlosen Insel die Fähigkeit, normale menschliche Gefühle zu zeigen.
    Er dachte an Herrick, der unten im Lazarett lag und von George Minchin, dem Schiffsarzt, versorgt wurde. Herrick hatte sehr gelitten, und Minchin hatte darauf bestanden, daß man ihm Ruhe ließ, bis er sich erholt hatte.
    Es klopfte an der Tür, und Trevenen trat ein, gefolgt von Avery und Kapitän Dawes. Dawes war jung,

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