Daemmerung ueber der See
er, und Wasser lief über sein Kinn. Allday sah zu, sein Gesicht schien wie aus Stein gemeißelt. »Aye, Sir. So schnell werden Sie mich nicht los, Sir.«
Bolitho blickte sich um und sah Herricks Ausgehuniform an der Wand hängen. Sie war mit einem Leinentuch sorgfältig gegen Schmutz und Feuchtigkeit geschützt worden. Herrick mußte seinen Blick mitbekommen haben. »Sie wollten mich bei der Siegesparade vorführen, deshalb mußte die Uniform schön sauber und adrett aussehen.« Er hätte trotz der Schmerzen fast gelacht. Bolitho nahm die bandagierte Hand vorsichtig in die seine und betete, daß der Arzt bald kommen möge.
»Wer hat dir das angetan, Thomas? War es Baratte?«
»Er war hier, aber ich habe ihn nicht gesehen. Es war ein anderer Mann.«
»Amerikaner oder Franzose?«
Herrick blickte auf den schmutzigen Verband. »Weder noch. Ein verdammter Engländer!«
»Spare deine Kräfte, Thomas. Ich glaube, daß ich den Mann kenne.« Aber Herrick starrte an seiner Schulter vorbei auf den Gefangenen, der den Abt gespielt hatte. »Wer auch immer er sein mag, er wußte, daß er seine Zeit vergeudete, als er mich über die Stärke deines Geschwaders befragte.« Sein Körper schüttelte sich in lautlosem Gelächter. »Nicht, daß ich ihm etwas hätte sagen können. Schließlich war ich auf dem Weg in das weite neue Land.« Er beruhigte sich wieder. »Also hat mir dieser Überläufer etwas versprochen, bevor er mich wieder verließ. Ich würde nie wieder einen Degen für den König halten können.« Sein Kopf deutete auf einen Steinblock in der Ecke. »Sie hielten meinen Arm fest und zertrümmerten meine Hand damit.« Er hielt die verbundene Hand in die Höhe. Bolitho konnte sich die Verwundung und den Schmerz vorstellen. »Aber selbst dabei haben sie einen Fehler gemacht, nicht wahr, Richard?«
Bolitho blickte ihn an, vor seinen Augen verschwamm alles.
»Ja, Thomas, du bist Linkshänder.«
Herrick versuchte bei Bewußtsein zu bleiben. »Der Gefangene an der Tür. Er hat es getan.« Dann wurde er ohnmächtig. Bolitho hielt ihn im Arm und wartete ab, bis ein Seesoldat die Fußfessel mit dem Bajonett geöffnet hatte. Er sah sich um und erinnerte sich daran, daß ihn Herrick mit dem Vornamen angeredet hatte. Während des anstrengenden Gesprächs war etwas verstummt, so wie eine Uhr, die stehenbleibt. Sergeant Plummer stellte ruhig fest: »Der andere alte Herr ist gestorben, Sir.«
Nur selten sahen tote Männer so würdevoll aus, überlegte Bolitho. »Lösen Sie seine Fußfessel, Sergeant, dann bringen Sie ihn zu den anderen Toten!« Er ging zur Tür, als Urquhart mit weiteren Männern hereinkam.
Avery fragte: »Was machen wir mit diesem Mann, Sir?«
Die Augen des Gefangenen leuchteten wie glühende Kohlen.
»Wir lassen ihn bei den anderen zurück. Tod!«
Die Proteste des Mannes erfüllten den engen Raum, so daß sich Herrick wie in einem Alptraum rührte.
»Ich will ihn nicht auf dem Schiff. Die Männer haben dort schon zu viele Demonstrationen der Autorität gesehen.« Er sah den Schrecken und die Ungläubigkeit auf dem Gesicht des Mannes. »Die einzigen Zeugen werden die Frauen sein, die Sie getötet haben!«
Vor der Tür lehnte sich Bolitho an die Mauer, die Steine waren erstaunlich kühl. Er lauschte den Schreien und Bitten des Mannes, als der Stufen herabgezogen wurde.
Avery und Allday sahen zu, wie ein paar Matrosen Herricks schlaffen Körper vorsichtig heraustrugen. Avery fragte direkt: »Was bedeutet das? Können Sie mir das erklären?« Allday sah ihn traurig an. »Es bedeutet, daß er seinen Freund wiedergefunden hat.« Sie fielen mit den anderen in Gleichschritt. Allday fragte: »Was haben Sie vorhin zu dieser Ratte gesagt, Sir?«
»Nun, ich war mir nicht sicher, aber alle Priester sprechen Latein. Ich habe die Frage beantwortet, die er hätte stellen sollen. Ich sagte: ›Die Flotte zu führen, dem König zu folgen.‹«
Ein einzelner Schuß peitschte durch das Kloster, und Allday spuckte auf den Boden.
»Hoffentlich hat er seine Gebete gesprochen.«
Kapitäne
Yovell lehnte sich etwas zur Seite, als Bolitho nochmals die Befehle überflog, die er gerade diktiert hatte. Das große Schiff knarrte unruhig, während es beigedreht auf die Gig mit dem Kommandanten der
Laertes
wartete.
Es waren zwei Tage vergangen, seit das Landungskommando in das Kloster eingedrungen und Herrick befreit hatte. Man hatte noch weitere Männer in der spartanischen Behausung gefunden. Neben den anderen Mönchen
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