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Daemmerung ueber der See

Daemmerung ueber der See

Titel: Daemmerung ueber der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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zusätzliche Männer drehten. An den Rahen waren Ketten befestigt worden, um die Spieren am Platz zu halten, sollte die Takelage weggeschossen werden. Weiterhin hatte man Netze aufgeriggt, um die Männer an den Geschützen vor herabfallenden Spieren und Blöcken zu schützen. Das war etwas, was er kannte, seit er mit zwölf Jahren auf dem alten Achtziger
Manxman
in die bedrohliche und fremde Welt der Seefahrt eingetreten war.
    Herrick war unten in der relativen Sicherheit des Orlopdecks unter der Wasserlinie. Er würde sich über seinen verlorenen Arm und seine Hilflosigkeit ärgern, aber vor allem würde er sich erinnern.
    Er wanderte zu den dicht gepackten Finknetzen hinüber und wäre fast auf dem vom Spritzwasser glatten Deck ausgerutscht. »Hier liegt kein Sand auf dem Deck, Kapitän!« Er bemühte sich, seinen Ton ruhig zu halten, obwohl er innerlich wütend war über diese Nachlässigkeit. Die Männer konnten in der Hitze des Gefechts ausrutschen; und eine einzige Kanone, die nicht abgefeuert wurde, konnte den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmachen.
    Trevenens Antwort war überraschend: »Das gesamte Deck ist nicht gesandet, Sir Richard. Sollte der Feind nicht erscheinen, hätten wir grundlos guten Sand verschwendet.«
    »Dann holen Sie das jetzt nach! Ich bin sicher, daß wir an einem so riesigen Ozean neuen Sand finden werden.«
    Er hörte, wie ein Leutnant den Befehl weitergab, und sah, wie die Decksjungen zwischen den Kanonen herumwuselten.
    Allday hatte den scharfen Disput mitgehört und freute sich, daß Trevenen die Schärfe in Bolithos Stimme gespürt hatte. Er blickte in das Rigg. »Ich kann den Toppwimpel sehen, Sir Richard.«
    Bolitho sah nach oben zum dunklen Himmel und stellte sich den langen weißroten Wimpel im Masttopp vor.
    »Sobald die Sonne aufgeht, werden sie uns sehen.«
    Avery blickte in die Dunkelheit, die ihn umgab. Er wog die Chancen ab, den Sonnenuntergang noch zu erleben.
    Es war unheimlich, die Stärke des Gegners nicht zu kennen. Bolitho befahl: »Ihre Signalgäste sollen sich bereithalten, Mr. Avery. Sobald es hell genug ist, setzen Sie: ›Positionen wie befohlen einnehmen!‹ und für die
Larne
: ›Zum Flaggschiff aufschließen !‹«
    Avery sah die weißen Aufschläge an den Kragen seiner beiden Signalfähnriche, doch die angesteckten Flaggen waren noch farblos.
    Bolitho fuhr fast desinteressiert fort: »Ich bin sicher, daß Sie es schon vorbereitet haben, aber das nächste Signal wird dann sein: ›Angriff!‹«
    Er hörte Trevenen fragen: »Angenommen, der Feind ist nicht da, Sir Richard?« Avery fühlte die Präsenz seines Chefs körperlich.
    Bolitho antwortete kalt: »Dann habe ich versagt, und morgen wird Baratte Kommodore Keens Konvoi gefunden haben. Den Rest können Sie sich ausmalen.«
    Trevenen murmelte erstickt: »Die
Valkyrie
kann man dafür nicht verantwortlich machen.«
    »Wir beide wissen genau, wer die Verantwortung trägt, Kapitän. Lassen Sie uns noch einen Moment Geduld haben.«
    Ärgerlich darüber, daß er sich so leicht hatte reizen lassen, bemerkte Bolitho: »Ich kann den Masttopp sehen.« Er strengte seine Augen an, um das Gewirr der Takelage zu durchdringen, das von Tau und Spritzwasser glänzte. Männer, die er vorher nicht gesehen hatte, zeichneten sich gegen die Finknetze ab, vor denen sie darauf warteten, die Brassen und Fallen zu bedienen.
    Bolitho blickte zur Luvseite. Dort war ein schwacher Widerschein, der sich bald über den unsichtbaren Horizont schieben und alles sichtbar machen würde.
    Trevenen schnarrte: »Was ist mit dem Ausguck los, Mr. Urquhart? Schläft der da oben?«
    Urquhart wollte schon seine Flüstertüte heben, als Bolitho sagte: »Mr. Avery, entern Sie auf. Sie sind heute morgen mein Auge!«
    Avery zögerte, er erwog die Bemerkung und fragte sich, ob Bolitho sie vielleicht doppelsinnig gemeint hatte.
    Bolitho lächelte: »Oder sind Sie nicht schwindelfrei?«
    Avery war bewegt: »Es reicht, Sir.« Er nahm eins der Ferngläser aus der Halterung und schwang sich in die Wanten. Zwei Matrosen öffneten das Schutznetz für ihn. Bolitho konnte jetzt die Augen der Männer erkennen, die dem aufenternden Flaggleutnant nachschauten, dessen Degen gegen seine Hüfte schlug.
    Avery kletterte stetig in die Höhe. Er spürte die Webeleinen unter seinen Schuhen vibrieren, und langsam konnte er das gesamte Schiff überblicken. Die schwarzen Kanonen mit den halbnackten Männern, die darauf warteten, sie zu laden und auszurennen, waren

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