Daemmerung ueber der See
geben.
Er dachte auch an Nelson und Averys überraschenden Vergleich. Nelson hatte seiner geliebten Emma noch einen Brief geschrieben, als die Vereinigte Flotte den Hafen verließ. Er schloß so:
Ich hoffe, daß ich nach der Schlacht noch in der Lage bin, diesen Brief zu beenden.
Bolitho faltete den Brief zusammen, doch versiegelte ihn nicht.
Ich werde ihn später beenden.
Der gefährlichste Franzose
Leutnant George Avery blickte sich im Inneren seiner kleinen einfachen Kabine um. Bald würden die Schotte, die im Rumpf der Fregatte etwas Privatsphäre gewährten, niedergerissen und im Laderaum verstaut werden. Seekisten, Bekleidung, Erinnerungsstücke, die Bilder der Lieben würden in den Bauch der
Valkyrie
wandern. Sie war ein Kriegsschiff und würde dann vom Bug bis zum Heck durchgängig frei sein, damit jede Kanone ungehindert bedient werden konnte, bis der Kampf gewonnen war. Eine Alternative wurde nicht erwogen.
Avery zog sich sorgfältig an, weil er wußte, daß Bolitho das erwartete. Sein Magen hatte sich bei dem Gedanken an Essen zusammengezogen, der fettige Geruch aus dem Kombüsenschornstein hatte ihn würgen lassen. Er besah sich sein Gesicht im Spiegel, der an seiner Kiste befestigt war. Er hatte sich rasiert und ein sauberes Hemd und Strümpfe angezogen. Er sah, daß das Gesicht ihn anlächelte.
Die üblichen Rituale.
Er bezweifelte nicht, daß es zur Schlacht kommen würde: Bolitho hatte ihn überzeugt.
Avery hatte schon andere Seeoffiziere gekannt, die diese Gabe hatten – wenn man es so nennen konnte –, aber keinen wie ihn. Avery war sich seines Verhältnisses zum Vizeadmiral noch immer nicht sicher und hatte gedacht, daß er vielleicht zu weit gegangen war, als er von Nelson gesprochen hatte. Aber Bolitho schien über seine Aufrichtigkeit eher amüsiert gewesen zu sein, so als erschien es ihm absurd, mit dem Helden verglichen zu werden.
Er zog seine Uhr heraus, das einzige, was von den Besitztümern seines Vaters überlebt hatte, und hielt sie neben die Laterne. Er würde den Admiral wecken gehen. Wie ruhig das Schiff war. Kein Licht brannte, als er am Niedergang vorbeikam.
Er hörte, wie Trevenen oben jemanden anschnauzte. Ein Mann, der wie die meisten seiner Besatzung nicht hatte schlafen können. Avery lächelte trocken.
Genau wie ich.
Der Korporal sprach mit dem Posten der Seesoldaten. Beide sahen ernst aus, dachte Avery. Der Posten würde seine Befehle erhalten. Sobald die Schlacht begann, würde er niemanden mehr vorbeilassen, der sich in Todesangst unten im Schiff verstecken wollte.
Die Tür öffnete sich, und Allday kam mit einer Schüssel gebrauchten Rasierwassers heraus.
Avery blickte ihn erstaunt an. »Ist der Admiral schon so früh auf?«
Allday erwiderte trocken: »Wir dachten schon, daß Sie heute bis nach dem Gefecht im Bett bleiben, Sir.«
Avery schüttelte den Kopf. Dieser Humor war entnervender als die grimmigen Vorbereitungen um ihn herum.
In der Kabine war es sehr hell, mehrere Laternen schaukelten an ihren Aufhängungen. Vor den Heckfenstern waren Blenden, die die Kabine ungewöhnlich gemütlich aussehen ließen. Er blickte auf einen Achtzehnpfünder, der noch festgelascht und mit Segeltuch abgedeckt war, um ihn weniger kriegerisch erscheinen zu lassen. Aber auch dieser Raum würde nicht ausgespart bleiben.
Bolitho trat aus seinem Schlafraum und zog sich ein sauberes Hemd an, während Ozzard hinter ihm hertrottete und versuchte, den Gürtel zu richten.
»Guten Morgen, Mr. Avery.« Bolitho setzte sich hin und blickte in seine Karte, während Ozzard mit seiner Halsbinde kämpfte. »Der Wind bläst stetig, aber nicht sehr stark.« Er ging zu seinem Schreibtisch, und Avery sah, daß er einen Brief in seine Weste schob. Einen von ihr, um ihn bei sich zu haben, so wie das Medaillon, das auf seiner Haut lag.
Bolitho erläuterte: »Wir werden gleich Schiff-klar-zum-Gefecht machen lassen. Mir wurde gemeldet, daß die Männer Wache um Wache abgefüttert wurden.« Das schien ihn zu amüsieren. Wahrscheinlich hatte er Trevenen dazu wieder einen ausdrücklichen Befehl geben müssen. Der Kommandant hätte seinen Leuten lieber
nach
der Schlacht zu essen gegeben, weil dann weniger Mäuler zu stopfen gewesen wären.
Er tippte auf die Karte. »Wir steuern weiter nach Norden. Wenn der Wind hält, sollten wir auf einem konvergierenden Kurs mit dem Feind liegen. Wenn dem so ist, muß er sehr hoch am Wind liegen, während wir den Luvvorteil haben. Für einige Zeit
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