DAEMON
Pete Sebeck die sauberen Boulevards an seinem Beifahrerfenster vorbeiziehen sah, fiel ihm wieder ein, warum Laura und er vor dreizehn Jahren hierhergezogen waren – damals, als man es sich noch hatte leisten können. Ventura County war für das Leben mit Kindern gemacht. Wenn man es hier nicht schaffte, seine Kleinen anständig großzuziehen, dann hätte einem auch Gott persönlich nicht helfen können.
«Migräne, Pete?»
Sebeck wandte sich Nathan Mantz zu, der ihn vom Fahrersitz besorgt beobachtete. Sebeck schüttelte kaum merklich den Kopf. Mantz kannte ihn zu gut, um nachzuhaken.
Sebeck dachte an Burkows Funkruf. Das würde in einigen Country Clubs ganz schöne Wellen schlagen. Sebeck und Mantz durchquerten die Stadt mit Blinklicht, aber ohne Sirene. Nur kein unnötiges Aufsehen. Aus seinem ungekennzeichneten Crown Victoria betrachtete Sebeck die nichtsahnenden Bürger – die Stützen der Gesellschaft beim Powerwalken. Heute Abend in ihrem Pilateskurs würden sie jedenfalls Gesprächsstoff haben.
Der Crown Vic tauchte in die noch unbebauten Canyons hinter der letzten Wohnanlage hinab. Ihr Ziel war nicht schwer zu finden. Ein Krankenwagen, drei Streifenwagen und ein paar ungekennzeichnete Fahrzeuge auf dem sandigen Bankett der Potrero Road markierten es deutlich. Zwei Beamte des Sheriff’s Department standen vor einem geschlossenen Stahltor in einem Maschendrahtzaun.
Mantz hielt vor dem Tor. Sebeck stieg aus und wandte sich an den nächststehenden Beamten. «Der Coroner?»
«Unterwegs, Sergeant.»
«Wo ist Detective Burkow?»
Der Beamte zeigte auf ein Loch, das in den Maschendrahtzaun geschnitten war.
Sebeck wartete auf Mantz, der noch mit der Zentrale sprach. Er wandte sich wieder an den Beamten. «Können wir das Tor hier öffnen?»
«Geht nicht, Sergeant. Es hat ein integriertes Fernbedienungsschloss. Da ist nichts, was man einfach durchsägen kann.»
Sebeck nickte, während Mantz herankam.
«Das Anwesen gehört einer hiesigen Firma – CyberStorm Entertainment. Mit denen haben wir schon gesprochen. Sie schicken jemanden her.»
Sebeck zwängte sich durch das Loch im Zaun, und Mantz kam hinterher. Sie folgten einem unbefestigten Weg, der sich durch den Chaparral auf dem Grund des Canyons wand. Schon nach einem kurzen Stück erreichten sie eine Gruppe von Sanitätern und Deputys des Sheriff’s Department, die in sorgsamem Abstand von einem Polizeifotografen schweißglänzend in der glühenden Mittagssonne standen. Die Sanitäter hatten eine Rolltrage, aber offenbar keine Eile. Die Köpfe drehten sich, als Sebecks und Mantz’ Schritte heranknirschten. «Tag, die Herren.» Ein Blick in die Runde. «Und Damen.»
Die Versammelten murmelten irgendwelche Begrüßungsfloskeln und traten beiseite, um Sebeck und Mantz durchzulassen.
Detective Martin Burkow, ein korpulenter Mann in den Fünfzigern mit schlechtsitzenden Hosen, stand auf einem sandigen Hügel am Wegrand. Neben ihm beugte sich der Polizeifotografvor, um von oben einen Leichnam abzulichten, der auf der Straße lag. Eine bräunliche Pfütze aus angeronnenem Blut kam unter dem Körper hervor und bildete dunkle Bächlein in Richtung des Gefälles.
Sebeck betrachtete die Umgebung. Eine Motocross-Maschine lag zwanzig Meter weiter an einer Böschung. Er konnte erkennen, wo sie gegen die linke Canyonwand geprallt und dann auf die andere Seite hinübergeschlittert war.
Zwischen ihm und der Leiche spannte sich in Halshöhe ein straffes Drahtseil über den Weg. Es schnitt diesen im Fünfundvierzig-Grad-Winkel, auf der linken Seite näher bei Sebeck als auf der rechten. Alles, was hier mit hohem Tempo entlangkam, musste das Drahtseil entlanggleiten wie über ein Sägeblatt. Auf einem gut drei Meter langen Stück war der Draht blutverkrustet. Die Leiche lag zehn Meter dahinter, ein Motorradhelm nochmal fünf Meter weiter.
Sebecks Blick folgte dem dünnen Drahtseil nach rechts zu einem Stahlpfosten, der aus dem Chaparral ragte. Dann nach links durch die Büsche. Direkt unter dem Seil zog sich eine frische Furche über den Weg.
«Was haben wir bisher, Martin?»
Detective Burkow gab das schwindsüchtige Husten eines lebenslangen Rauchers von sich. «Hallo, Pete. Danke, dass Sie gekommen sind. Männliche weiße Person, circa dreißig. Ein Anwohner, der mit seinem Hund spazieren war, hat ihn vor etwa einer Stunde gefunden. Es wurde zuerst als 10 - 54 gemeldet, aber ich dachte, ich hole euch doch besser dazu. Mir sieht das mehr nach einer 187
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