Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Daemonen des Lichts

Daemonen des Lichts

Titel: Daemonen des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. A. Weatherly
Vom Netzwerk:
hören, der zunehmend lauter wurde: eine Art gedämpftes, rhythmisches Wummern. Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, dass ein Chor sang. Krampfhaft schluckend tastete ich nach der Angelica, um mich zu vergewissern, dass sie noch da war.
    »Ahm … hier lang«, sagte Jonah und legte seine Hand auf meinen Arm, bevor wir an die Tür kamen. Bei seiner Berührung durchzuckte mich ein eiskaltes Angstgefühl, aber ich wusste nicht, ob es seine Angst war, die ich spürte, oder meine eigene. Er führte mich durch einen weiteren Flur. »Sie sind hier drin«, sagte er mit leiser Stimme, als er vor einer Tür stehen blieb. »Du solltest den Kopf vielleicht irgendwie gesenkt halten – ich bin mir sicher, dass sie alle dein Foto kennen.«
    Ich nickte und zog den Kopf ein. Wie auf Kommando rutschte die Kapuze nach vorne. Als wir den Raum betraten, begrüßte uns aufgeregtes Mädchengeschnatter. Alles, was ich erkennen konnte, war ein Getümmel aus silberblauen Roben. Jonah räusperte sich und rief: »Es wird Zeit – bitte alles aufstellen, so wie wir es gestern geübt haben.«
    Schlagartig verstummte das Geschnatter, erwartungsvolle Aufregung lag in der Luft. Es raschelte, als sich die Roben zu einer einzigen langen Schlange formierten. Da ich mir furchtbar auffällig vorkam, blieb ich, wo ich war. Ich war viel zu verängstigt, um allzu oft den Blick zu heben. Zudem wusste ich ja auch gar nicht, wo ich hinsollte. Glücklicherweise nahm Jonah mich abermals am Arm. »Okay, Wisconsin, wir stellen dich hier in die Mitte, so … da wären wir.«
    Er führte mich zu der Schlange und zwei Mädchen rückten zur Seite, um mir Platz zu machen. Als ich meine Position einnahm, fing die Zeit auf einmal an zu rasen und riss mich unbarmherzig mit sich. Meine Hände fühlten sich an wie zwei Eisklumpen.
    Jonah schritt die Reihe ab und hakte die Namensliste auf seinem Clipboard ab. Schon bald hatte er die halbe Reihe durch.
    »Jessie King?«
    »Hier.«
    »Latitia Ellis?«
    »Hier.«
    »Carrie Singer?«
    Es dauerte eine Sekunde, bis ich schaltete. »Hier«, sagte ich.
    Jonah setzte einen Haken hinter meinen Namen und ging vorbei, ohne mich anzusehen. »Kate Geter?«
    »Hier.«
    Der eintönige Wechsel von Namen und Antworten setzte sich fort. Steif stand ich da und spürte, wie die dünne Eierschale in meinem Inneren zu zerspringen drohte. Wir standen mit dem Gesicht zur Wand, an der ein Poster hing, auf dem stand: Die Engel sind die Rettung!
    Ich starrte es an, betrachtete den Engel darauf und versuchte, ihn mir in allen Einzelheiten einzuprägen.
    »Susan Brousso?«
    »Hier. Oder – eigentlich nicht. Ich bin Beth Hartley. Ich springe für Susan ein.«
    Blankes Entsetzen packte mich. Beth war hier} Ich konnte nicht anders, ich blickte die Reihe hinunter. Sie stand nur vier Plätze weiter. Ihr Gesicht unter der Kapuze sah müde aus, aber sie war so schön wie eh und je. Rasch schaute ich wieder nach vorne, bevor sie mich bemerken konnte. Das Herz schlug mir bis zum Hals.
    Jonah war wie angewurzelt stehen geblieben. Ich fühlte seine Verwirrung, seine Angst. »Beth«, wiederholte er.
    Sie nickte. »Susan ist krank, also haben sie mich gebeten, sie zu vertreten. Sie hätten Ihnen eigentlich Bescheid geben sollen. Aber das ist doch in Ordnung, oder? Ich wollte es Ihnen gestern schon sagen, aber es hat sich nicht ergeben.«
    Klar und deutlich, als wären es meine eigenen Gedanken, wusste ich, dass Jonah panisch überlegte, ob er Beth einen neuen Platz zuweisen konnte, um sie aus meiner Nähe zu entfernen. Aber dazu reichte die Zeit nicht mehr. »Nein, ahm – ist schon gut. Schön, dass du hier bist«, sagte er schließlich.
    Er ging weiter. Ein paar Minuten später verkündete er: »Es ist so weit, Mädchen.« Sogar aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, dass er blass und elend aussah. Er ging hin und öffnete die Tür. »Lasst uns gehen.«
    Er führte uns durch den kurzen Gang. In mir wurde alles taub, während ich zusah, wie die Doppeltüren näher kamen. Es war so weit. Jetzt war es wirklich so weit. Jonah brachte das erste Mädchen unmittelbar vor der Tür zum Stehen. Unsere lange Reihe zog sich durch den Flur. In unseren silberblauen Roben sahen wir alle gleich aus. »Es ist an der Zeit«, sagte er mit Blick auf seine Uhr. »Mögen … mögen die Engel mit euch sein.«
    Er stieß einen Türflügel auf und die Mädchen begannen, in Reih und Glied in die Kathedrale einzuziehen. Mir zitterten die Knie, aber ich achtete nicht darauf und

Weitere Kostenlose Bücher