Daemonen des Lichts
Weidenbaum spüren. Ich hatte es nicht in meiner Tasche zurücklassen wollen, die noch im Hubschrauber war – Sophie hatte versichert, sie würde für mich »darauf aufpassen«. Doch ich wusste, dass ich die Tasche nie wiedersehen würde. Ich hatte mich innerlich von allem abgeschottet, war mir aber bewusst, dass ich sofort die Beherrschung verlieren würde, wenn ich zu viel nachdachte. Es war, als müsste ich mich selbst wie ein rohes Ei behandeln, um nicht zu zerbrechen.
Neben der Tür stand ein Wachmann in der braunen Uniform eines Sicherheitsdienstes. »Hi, wir bringen die Abgesandte aus Wisconsin«, sagte Sophie lächelnd. »Könnten Sie Jonah Fisk Bescheid geben? Er erwartet uns.«
Der Mann sprach kurz in ein Funkgerät und einen Moment später kam ein junger Typ mit einem dunklen Lockenschopf an die Tür. Leicht überrascht sah ich ihn an. Ich weiß nicht, wie ich mir die Kontaktperson vorgestellt hatte, aber auf jeden Fall nicht so. Jonah sah aus, als wäre er zweiundzwanzig Jahre alt, und hatte sorgenvolle braune Augen. Er trug einen grauen Anzug und seine Krawatte war so silberblau wie meine Robe.
»Ahm … gut, Wisconsin, da bist du ja endlich«, sagte er und befeuchtete sich nervös die Lippen. Ein Teil von mir hätte beinahe laut aufgelacht, weil er so ein miserabler Lügner war. Dem Wachmann schien nichts aufzufallen. Er lehnte mit gelangweilter Miene draußen an der Wand.
Jonah nahm uns in Empfang und einen Augenblick später gingen wir durch einen langen stillen Korridor. Der Fußboden, die Wände und die Decke waren strahlend weiß. Er führte uns in einen leeren Raum, der ungefähr auf der Hälfte des Flurs lag, und schloss hinter uns die Tür. »Du bist also Willow«, sagte er und starrte mich an.
Ich nickte, meine Kehle war zu trocken zum Sprechen.
»Ist alles vorbereitet?«, fragte Nate.
Jonah betrachtete mich immer noch, als könne er seinen Augen nicht recht trauen. Mit einem leisen Kopfschütteln wandte er sich Nate zu. »Das hoffe ich. So gut vorbereitet, wie es eben ging.«
»Suchen sie nach ihr?«, warf Sophie ängstlich ein.
»Nein, ich glaube nicht. Raziel hat die Nachricht von ihrem Tod geschluckt. Äh … deinem Tod«, fügte er unbeholfen hinzu und sah mich an.
Ich rang mir ein schmales Lächeln ab. Alles, was ich denken konnte, war: Bald wird es wahr sein.
Sophie atmete aus. »Gott sei Dank, wenigstens etwas.« Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Okay, ich glaube, ich sollte mich auf den Weg machen.« Widerstreitende Gefühle spiegelten sich auf ihrem Gesicht, als sie meinen Arm berührte. »Viel Glück, Willow. Und was auch passiert, ich danke dir. Das klingt so unzulänglich, aber …« Sie verlor den Faden.
Ich versuchte, sie nicht dafür zu hassen, dass sie sich jetzt in Sicherheit brachte. »Ich … ich werde mein Bestes geben«, sagte ich. »Bestimmt.«
»Das wissen wir.« Auf einmal nahm sie mich kurz in den Arm, sie roch nach Parfüm und Zigarettenrauch. Dann wandte sie sich an Nate. »Dir auch viel Glück«, sagte sie und schüttelte ihm die Hand. »Es war mir eine Ehre, mit dir zu arbeiten.«
»Gleichfalls«, erwiderte Nate und lächelte schwach. Er beugte sich herunter, um ihre Wange zu küssen. Ich drehte mich weg, da ich die Endgültigkeit in ihren Abschiedsworten nicht hören wollte.
Nachdem Sophie gegangen war, schaute Nate ebenfalls auf die Uhr. »Ich sollte machen, dass ich zu meinem Platz komme -wir haben nicht mehr viel Zeit.« Eine Sekunde lang sah er mich an und ich konnte erkennen, wie verzweifelt er sich wünschte, dass ich Erfolg haben würde. »Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um dir zu helfen«, sagte er endlich. »Viel Glück, Willow. Und danke, dass du es versuchst, egal was dabei herauskommt.«
»Danke«, entgegnete ich. Das war nicht wirklich die richtige Antwort, war aber das Beste, was ich in dem Moment zustande brachte. Kurz drückte Nate meine Schulter, dann ging er und zog die Tür hinter sich zu.
Jonah war leichenblass. »Ich, äh … bringe dich dann besser mal zu den anderen Gottesdiensthelfern«, sagte er und fuhr sich nervös durch die Locken. »Er hat recht, wir haben nicht mehr viel Zeit. Ach, und ehe ich es vergesse, dein Name ist Carrie Singer, okay? Ich werde in ein paar Minuten jeden von euch einzeln aufrufen, vergiss also nicht, dass du das bist.«
»Werde ich nicht«, sagte ich. Überraschenderweise klang meine Stimme beinahe normal. Hinter einer Flügeltür konnte ich Lärm aus der Kathedrale
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