Daemonen in London
kamen, hielt sie es nicht mehr länger aus.
Die
übliche Zeit für die Dämonenjagd war zwischen zwei und
drei Uhr morgens, weil um diese Uhrzeit die Dämonen am
leichtesten aufzuspüren waren. Doch sie wusste ja bereits, wo
der Höllenhund sich versteckte und beschloss, nicht mehr länger
zu warten.
Also
zog sie sich an, präparierte ihre Waffen und befestigte sie an
den Halterungen. Genauso lautlos wie in der Nacht zuvor schlich sie
in den Keller und stellte erleichtert fest, dass der Werkzeugkasten
wieder an seinem Platz stand. Sie wählte einen Klauenhammer und
steckte ihn sich an den Gürtel, huschte durch den Hinterausgang
und trat auf die Straße.
Keeva
hob ihren Kopf und blickte nach oben. Es war eine klare Nacht, der
Mond leuchtete hell und vereinzelt waren sogar ein paar Sterne zu
sehen - trotz der Lichterkuppel, die London auch in der Nacht über
sich trug und die normalerweise das Sternenlicht überdeckte.
Für
ein paar Sekunden genoss sie die klare Luft und die leisen Geräusche
der schlafenden Stadt. Sie atmete mehrmals tief ein und aus und
schaffte es so, ihre Nervosität etwas zu dämpfen und ihre
innere Ruhe wiederzufinden.
Dann
lief sie los.
*
Der
Höllenhund erwachte. Erfreut stellte er fest, dass die Nacht
hereingebrochen und die Zeit für die Jagd endlich gekommen war.
Sein
Schlaf in den letzten Stunden war extrem unruhig gewesen, immer
wieder war er aufgewacht und hatte ewig gebraucht, bis er wieder
einschlafen konnte, so sehr hatten seine Mägen geknurrt. Beim
letzten Aufwachen hatte er vor Verzweiflung im Hinterhof ein paar
Ratten gejagt und verspeist – aber nachdem er nun einmal
Menschenfleisch gekostet hatte, konnte eine einfache Ratte sein
Verlangen nicht mehr stillen. Eigentlich bedauerlich, wie er fand.
Früher hatte er gerade Rattenfleisch wegen seiner Würze so
geschätzt. Jetzt aber erschien es ihm ordinär und er sehnte
sich nach zarten Mädchenschenkeln.
Er
horchte. Noch war es auf den Straßen recht unruhig, also würde
er sich noch ein wenig gedulden müssen, wenn auch nicht mehr
lange. Voller Vorfreude streckte er seine kraftvollen Beine und
leckte anschließend die Wunde an seiner Vorderpfote. Sie war
nun fast verheilt und schmerzte kaum noch.
Er
schob seine beiden Klauen heraus, eine nach der anderen, und reinigte
sie sorgfältig mit Zunge und Zähnen von etwaigen kleinen
Steinchen und Blutresten. Das Mondlicht spiegelte sich in ihnen als
er fertig war und stolz betrachtete er seine wundervollen
Mordwerkzeuge.
Er
war gerade zu dem Entschluss gekommen, dass es nun an der Zeit wäre
aufzubrechen, als er plötzlich ein Geräusch vernahm.
Schritte! Jemand war in die Tordurchfahrt gegangen und blieb jetzt
vor dem Bretterzaun stehen.
Der
Höllenhund zog sich in die dunkelste Ecke des Hofes zurück
und lauschte aufmerksam. Ja, es befand sich jemand auf der anderen
Seite des Zaunes und jetzt schien sich derjenige auch noch an den
Brettern zu schaffen zu machen. Der Dämon hörte das leise
Quietschen eines Nagels, der aus feuchtem Holz gezogen wurde.
Er
streckte seine Schnauze vor und witterte. Nur ganz leicht, jedoch
unverkennbar, konnte er den süßen Duft einer Menschenfrau
einatmen, diesmal ohne den unangenehmen Beigeschmack von Schweiß
und Parfüm. Sofort schoss ihm Speichel in das Maul und er verzog
seine Lefzen zu einem teuflischen Grinsen. Seine Zunge hing seitlich
heraus und lange Fäden dünnen Schleims tropften auf den
Boden.
Na,
das war ja wunderbar!
Schon
wieder kam das Futter zu ihm und er brauchte einfach nur darauf zu
warten.
*
Shane
streifte durch die nächtliche Stadt. Er blickte auf die Uhr: es
war erst Mitternacht und noch viel zu früh für die
Dämonenjagd.
Die
beste Jagdzeit war zwischen zwei und drei Uhr morgens, und da das
Mädchen gestern Nacht um genau diese Uhrzeit im Park aufgetaucht
war, erwartete er sie heute auch nicht wesentlich früher. Er
würde also noch ein paar Stunden vertrödeln müssen,
ehe er sich auf die Lauer legen konnte.
Andererseits
langweilte er sich. Er war bereits in voller Ausrüstung, trug
seinen langen dunklen Ledermantel und den Gürtel mit seiner
Waffe. Letztere könnte er verstecken und mit seinen schwarzen
Klamotten würde er in vielen Lokalen Londons kaum Aufsehen
erregen – aber ihm war nicht nach irgendeiner Gesellschaft. Er
sehnte sich danach, dem Mädchen wieder zu begegnen. Der Gedanke
an sie hatte ihn den ganzen Tag nicht losgelassen, er wollte
unbedingt in Erfahrung bringen, wer sie war, wollte
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