Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
schwungvoll eine dicke, rote Locke hinters Ohr, ohne von ihren morgendlichen Sortierarbeiten aufzusehen.
„Dieser Alexander Maar. Der Typ, mit dem ich das Interview führen soll.“
„Ach, den meinst du. Nein. Der hat vor ein paar Minuten angerufen. Der kommt erst gegen Zehn.“ Lille blickte zu ihr auf. „Willst du einen Kaffee?“
Doro nickte wortlos und wunderte sich insgeheim, wie frisch Lille nach dem gestrigen Gelage schon wieder aussah und woher sie so früh am Vormittag ihre unverschämt gute Laune nahm.
Lilles Kaffee war legendär. Das schwarzbraune Zeug schmeckte zwar nicht, aber dafür war es stark. Mit etwas Glück ließ sich damit auch ihr Kater bekämpfen. Sie folgte Lille in die kleine Kaffeeküche am Ende des Gangs. Die Art, wie leichtfüßig sich ihre Freundin, trotz ihrer ausgeprägten Rubensformen bewegte, faszinierte sie. Aber da war noch mehr. Nicht selten wünschte sie sich wenigstens ein bisschen von Lilles unerschütterbarer Frohnatur und ihrem Glauben daran, dass alles im Leben nicht nur seinen Sinn hatte, sondern, dass alles auch irgendwann eines Tages wieder gut werden würde. Sie beobachtete Lille, wie sie den Kaffee eine Spur zu schwungvoll in die Tasse kippte und einen Teil der Brühe zum Überschwappen brachte. Die Folge waren einige unschöne dunkle Spritzer auf Lilles grün-orange-pink geblümter Baumwollbluse, die ihrem ausgeprägtem Ökolook jedoch keinen Abbruch taten. Lille grinste und hob in einer Na-was-solls-Geste die Schultern.
Doro nahm ihr den Becher ab. „Danke, Lille. Was würde ich bloß ohne dich machen?“
„Kläglich untergehen“, scherzte Lille zurück. Doch Doro wusste, dass sie eigentlich Recht hatte.
Mit dem randvollen Becher in der Hand machte sie sich auf den Weg zu ihrem Büro. Es lag im ersten Stock. Die zweite Tür auf der linken Seite. Sie wollte die restliche Zeit nutzen und noch einmal ihre Notizen durchzugehen.
Sie legte ihren Rucksack auf den leeren Schreibtisch, der ihrem gegenüberstand. Seit ihr Kollege vor gut einem halben Jahr in Vorruhestand gegangen war, hatte sie das enge, spartanisch eingerichtete Büro für sich. Sie packte ihr Notebook aus, ging damit zu ihrem Schreibtisch, steckte Maus und Stromkabel ein und startete den Rechner. Das moderne Gerät wirkte auf der abgegriffenen Holzplatte wie ein Gegenstand aus einer anderen Welt. Denn, gleich den übrigen Büros, war auch dieses Zimmer vor ungefähr vierzig Jahren das letzte Mal neu eingerichtet worden. Außer ihrem Drehstuhl gab es hier kein einziges Möbelstück, das jünger war als sie. Lille tröstete sie immer damit, dass die Siebziger momentan wieder voll im Trend lagen…
Doro setzte sich an ihren Schreibtisch und seufzte leise. Das Interview mit Alexander Maar lag ihr bleischwer im Magen. Maar war Historiker und ein passionierter Sammler alter Beschwörungsbücher. Sein Spezialgebiet war die Dämonologie. Sie hatte sich bei ihren Recherchen intensiv bemüht, aber leider keinen finalen Zugang zu diesem Thema gefunden. In ihrem tiefsten Innern hielt sie Dämonenforschung für ausgemachten Quatsch. Genauso wenig, wie es in ihren Augen einen gütigen, Gerechtigkeit liebenden Gott oder Engel, gleich welcher Form gab, genauso wenig glaubte sie an die Existenz von Teufel, Fegefeuer, höllischen Legionen, Dämonen oder irgendwelchen Mischwesen, die aus den Verbindungen zwischen Mensch und Dämon hervorgehen konnten. Das war ausgemachter Blödsinn. Geister, Dämonen, Vampire, Werwölfe oder sonstige Fabelwesen existierten nicht, somit konnte sich auch kein Mensch mit ihnen paaren.
Sie nippte an ihrem Kaffee, verzog das Gesicht und kippte den restlichen Inhalt des Bechers in den nahezu blattlosen Benjamini auf der Fensterbank. Danach stellte sie den Kaffeepott bei Seite und nahm ihren erbarmungswürdig kurzen Fragenkatalog zur Hand. Offensichtlich gab es nicht viel, was sie von Alexander Maar wirklich wissen wollte und noch immer konnte sie sich beim besten Willen nicht vorstellen, was einen erwachsenen Mann dazu brachte, sich beruflich mit derart abgedrehtem Kram zu beschäftigten.
Das Läuten des Telefons riss sie aus ihren Gedanken. Sie nahm den Hörer ab. „Bergmann.“
„Dein Besuch ist da“, flötete Lilles fröhliche Stimme am anderen Ende der Leitung.
„Du meinst Maar?“
„Wen sonst?“
„Führst du ihn bitte ins Besprechungszimmer? Ich komme gleich.“
„Klar doch.“
„Danke, Lille“, gab sie zurück und legte auf. Danach packte sie ihre Unterlagen
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