Dämonenfluch (Gesamtausgabe) (German Edition)
Halder. Ein Name wie aus einem Märchen. Das Bild der langen rotbraunen Haare und der traurigen, ernsten Augen wollte ihn nicht loslassen. Sie war schön. Selbst gemessen am Maßstab seiner Art war sie schön.
Es geschah schon wieder: Er war unkonzentriert. Was mindestens ebenso ungewöhnlich war, wie die Tatsache, dass er von einer Sterblichen bemerkt wurde.
Eine seltsame Nacht.
Erneut wanderte sein Blick durch den Raum. Eigentlich sollte er seine Aufgabe längst erledigt haben, aber sein mangelnder Fokus hielt ihn davon ab. Wenn er einen Mord rächte, so musste diese Rache perfekt sein. Das gelang nur, wenn er sich mit jeder Faser seines Wesens auf sein Tun konzentrierte.
Torsten Halder, der aus einer alten, ehrwürdigen Hamburger Bankerfamilie stammte, würde sterben.
Aber nicht heute.
Ohne davon zu wissen, hatte sich die Spanne seines Lebens soeben um einige Tage verlängert. Alexander brauchte Zeit, um darüber nachzudenken, wie der Hamburger Banker sterben würde, nachdem das heutige Vorhaben gescheitert war.
Er hatte den Tod verdient. Mehr als verdient. Einen flüchtigen Augenblick lang überlegte Alexander, ob Halders Nichte ebenfalls dieser Meinung sein würde.
2
Einige Sekunden lang stand sie regungslos inmitten der Menschen. Sie war es nicht gewöhnt, dass sie gleich zu Beginn eines Gesprächs einfach stehen gelassen wurde.
Er hieß Alexander. Und er sah verdammt gut aus, schien aber nicht viel von Höflichkeit zu halten. Sariel hätte gerne länger mit ihm gesprochen, was ungewöhnlich für sie war, denn in letzter Zeit ging sie Männern aus dem Weg. Aber sein offensichtliches Desinteresse hatte ein Gefühl der Sicherheit in ihr erweckt. Ein verspätetes Unbehagen kroch in ihr hoch. Er musste gedacht haben, sie wollte etwas von ihm! Was, wenn er …?
Mit einem Schulterzucken brach sie diesen Gedankengang ab. Am besten wäre es, sich ebenfalls zurückzuziehen. Sie hatte keine Lust, unter all den Fremden herumzustehen und so zu tun, als amüsierte sie sich. In Wahrheit fühlte Sariel sich unbehaglich, fehl am Platz, und wäre nur zu froh gewesen, sich in die Sicherheit und Abgeschiedenheit ihrer Räume flüchten zu können. Sie wünschte, ihr Onkel hätte nicht auf ihrer Anwesenheit bestanden.
„Es wird dir gut tun, Sariel. Du gehst zu wenig unter die Leute“, hatte er gesagt. Er hatte recht. Obwohl der Tod ihrer Eltern schon zwei Jahre zurücklag, war sie noch immer nicht darüber hinweg. Verkroch sich lieber in ihr Schneckenhaus, als unter Menschen zu sein.
Sie sollte loslassen. Aber es war so verdammt schwer.
Eine einzelne Träne löste sich. Glitt an ihrer Wange hinab und hinterließ eine silberne Spur. Mit einer ungeduldigen Handbewegung wischte Sariel den Beweis ihrer Trauer ab.
Es war lächerlich. Peinlich … Und außerdem würden ihre Eltern wünschen, dass sie glücklich war.
Mit einem tiefen Seufzer drehte sie sich um, versuchte mit der Dunkelheit zu verschmelzen. Niemand sollte bemerken, wie sie sich davonstahl. Für heute hatte sie lange genug, die unbekümmerte, glückliche Sariel gemimt. Außerdem war die Abgeschiedenheit ihrer Räume besser, als die hoffnungsfrohen Annäherungsversuche der Mitgiftjäger zu ertragen, die seit Kurzem Interesse an ihr bekundeten.
Sariel Halder war reich. Und jung. Und, wenn man Forbes glauben sollte, eine der besten Partien des europäischen Geldadels.
Toll!
Seit dieser Artikel herausgekommen war, konnte sie sich vor dem Interesse der männlichen Bevölkerung kaum noch retten. Zu einer anderen Zeit hätte Sariel sich darüber amüsiert. Jetzt aber sehnte sie sich nach Einsamkeit. Trotz dieses Gedankens ertappte sie sich dabei, wie sie die Menge nach dem Mann absuchte, der sich nicht für sie zu interessieren schien.
Er war fort. Was gut war. Sie wollte keine belanglose Konversation führen. Mit einem ärgerlichen Seufzer versuchte sie, das Gefühl zu unterdrücken, das in ihr aufstieg. Es fühlte sich an … wie Enttäuschung. Was war nur mit ihr los? Sie hatte kein Interesse …
„Ich hatte schon befürchtet, dich nicht mehr zu finden.“ Die Stimme beschwor ein Bild von schwarzem Samt herauf. Eine seltsame Klangfarbe für einen Mann. Bevor sie sich umdrehte, wusste sie, wer sie angesprochen hatte. Der Unbekannte, nach dem sie vor wenigen Sekunden die Menge abgesucht hatte.
„Nein … ich ... Ich wollte gerade gehen.“ Sariel wurde heiß. Innerlich verwünschte sie
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