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Dalamay (Mein Leben ging einen anderen Weg)

Dalamay (Mein Leben ging einen anderen Weg)

Titel: Dalamay (Mein Leben ging einen anderen Weg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samarkand
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Hände.
    „Frage nicht nach dem Stier und frage nicht nach der Entscheidung. Die Entscheidung wird vom Schicksal getroffen. Ich bin der Befreier dieser Höhle. Hier entscheiden sich einige Schicksale. Andere Schicksale werden anderswo auf der Welt entschieden. Aber hier, hier in dieser Höhle bin ich, Gavin, der Befreier.“
    „ Was ist mit mir?“, flüsterte ich heiser.
    Auf einmal hatte ich furchtbare Angst, Angst davor, dass Gavin einfach wieder verschwinden würde . Angst davor, die nächsten Jahrzehnte genauso trostlos zu verbringen. Angst, aus diesem Traum aufzuwachen. Alles verschwamm vor meinen Augen, ich sackte in die Knie, ich fühlte, wie Gavins Hände mich losließen und ich schrie. Nur noch undeutlich hörte ich Gavin fragen, ob ich bereit sei, für die Freiheit alles aufzugeben.
     
    Wimmernd wie ein kleines Kind wachte ich langsam auf und mit tränennassem Gesicht rief ich immer wieder und wieder: „Ja, ja, ja, ich bin bereit.“
    Noch ganz benommen setzte ich mich auf und weinte leise vor mich hin. Der Traum war zum Greifen nah. An jede Einzelheit konnte ich mich erinnern. Selbst den Geschmack des erlesenen Weins konnte ich noch auf meinen Lippen schmecken. Das also war mein Leben. Es war in Wirklichkeit noch trostloser als im Traum. Denn hier war ich allein, im Traum war Gavin bei mir gewesen. Langsam atmete ich tief ein und aus, um mich zu beruhigen.
     
    Plötzlich hörte ich vom Eingang der Höhle ein Geräusch. Sehen konnte ich nichts, aber als ich mich langsam in der Höhle umschaute, sah ich, dass die Flammen in den steinernen Trögen ein violettes Licht aussandten. Es war wunderschön und es war unwirklich. Durch das Flammenspiel und durch die Lichtblitze der Stalaktiten kam Bewegung in die Reliefs. Ich sah den Stier laufen, ich sah ihn schwimmen und ich sah menschliches Haar, das sich im Wind bewegte.
    Da, wieder das Geräusch. Ich erhob mich von meinem Platz, griff nach meinen Schuhen und ging langsam in Richtung des Höhlenausgangs. Als ich den Gang vor mir sah, der aus der Höhle herausführte, konnte ich nur einen unscharfen Umriss sehen. Die Schritte auf dem Steinboden, die von diesem Umriss stammten, waren laut und ich hörte ein leises Schnauben. Langsam und ganz vorsichtig folgte ich dem Geräusch. Als ich mich dem Felsspalt näherte, sah ich vor mir nichts mehr, hörte nichts mehr. Ich sah durch den Spalt und sah, dass es mitten in der Nacht war und der Himmel war von Sternen übersät. Ich konnte die Plattform im Sternenlicht sehen, das Wasser hatte sie wieder freigegeben. Ich ging hinaus und sah mich um. Nichts.
    War wirklich a lles nur ein Traum gewesen? Den Wein konnte ich noch immer auf meinen Lippen schmecken und die Gestalt, die ich nur ihren Umrissen nach ausmachen konnte, hatte ich mir doch auch nicht nur eingebildet. Oder doch? Die Tränen auf meinem Gesicht waren mittlerweile getrocknet. Und wie von unsichtbarer Hand geführt, straffte ich meine Schultern, hob mein Gesicht dem Licht der Sterne zu und rief, nein schrie mit lauter Stimme: „Ja, ich bin bereit. Ich bin bereit, alles aufzugeben. Ich bin bereit für die Freiheit.“
    So stand ich eine Weile auf der Plattform. Und es geschah nichts. Was hätte auch geschehen sollen? Ich wandte mich der Treppe zu, um diese in der dunklen Nacht, nur begleitet vom Sternenlicht, empor zu klettern. Ich würde in meinen Turm zurückkehren, aber ich würde dort nicht bleiben. Laut sagte ich es mir selbst einige Male und fing an zu klettern. Ich hatte vielleicht die dritte Stufe erreicht, als ich ein gewaltiges Tosen hinter mir wahrnahm. Nur sehr vorsichtig konnte ich mich ein wenig drehen, um zu sehen, was dort war. In diesem Moment wurde ich von einer unsichtbarer Kraft leicht in die Höhe gehoben, wurde einige Male, so schien es mir, um die eigene Achse gewirbelt und blieb mit dem Blick zum Meer in der Luft hängen.
    Ich war vollkommen nackt und blickte in die Augen des Stiers. Ein wunderschönes Tier, prächtig, stark und mit so sanften Augen, in denen sich das Licht der Sterne widerspiegelte. Durch die Lüfte gehoben landete ich sanft auf seinem Rücken.
    „Du bist also bereit?“, fragte der Stier mich. Ich konnte nur nicken.
    „ Ich bin der Befreier dieser Höhle. Ich bin der Befreier all der Menschen, die hierher gelangen, durch das Schicksalslos hierher gelangen müssen. Deine Reise wird auf der Île de Sein beginnen.“
    Und er erhob sich mit mir auf seinem Rücken in die Lüfte, um mich meinem Schicksal

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