Damon Knight's Collection 01 (FO 01)
Witterungsverhältnissen einen Liebesfrühling gab – gleich welche Schrecken oder welche Verdammnis er mit sich bringen mochte. Zumindest konnte all das ein Anhaltspunkt sein, der ihr helfen würde, sich schließlich sogar aus dieser gewalttätigen Umarmung zu lösen.
Aber dieser Plan war so absurd, daß sie ihn nicht in Erwägung ziehen wollte, solange es noch irgendwelche anderen Möglichkeiten gab, und da war immerhin eine: der Ursprung der Warmluftströmung. Die Virusblase konnte, wie viele andere irdische Mikroorganismen auch, Temperaturen über 100° C ohne weiteres überleben, aber es war anzunehmen, daß die Fliegenden Mäntel, die in einer Welt entstanden waren, in der selbst Worte gefroren, schon einer relativ kleinen Hitzemenge gegenüber anfällig sein würden.
Die Frage war, ob sie sich aus eigenem Willen in diesem Sterbehemd bewegen konnte. Sie versuchte einen Schritt. Es ging, wenn auch zäh, als ob sie durch flüssigen Honig watete, aber sonst war sie, bis auf eine gewisse Schwerfälligkeit, die mit Erfahrung zu überwinden sein mußte, unbehindert. Es gelang ihr, den Schlitten ohne weitere Schwierigkeiten zu besteigen.
Die Zahnräder griffen mit einem trockenen, fast unhörbaren Knirschen in den Schnee, und der Schlitten bewegte sich zentimeterweise vorwärts. Da ihre Sicht ständig unterbrochen war, ließ Ulla ihn so langsam kriechen wie möglich.
Soweit sie das in dieser konturlosen Schneelandschaft beurteilen konnte, befand sich der freie Mantel an derselben Stelle wie vorher. Das war günstig, denn er war praktisch ihr einziger Anhaltspunkt für die Lage der Thermikquelle. Eine eigenartige Unruhe um sie herum – ein Rascheln, eine Bewegung, ein Aufflackern – brachte sie von neuem durcheinander. Es war, als ob ihre kombinierte Hülle leise zitterte. Der Eindruck verstärkte sich allmählich, während der Schlitten vorwärtszuckelte. Wie gewöhnlich schien sie nichts dagegen unternehmen zu können, außer vielleicht umzukehren. Aber dazu war es zu spät. Sie war ausgeliefert. Draußen begann sie das leise Pfeifen eines stetigen Windes zu hören.
Die Ursache der Warmluftströmung war fast trivial – ein Teich mit Flüssigkeit. Ruhig und tiefblau lag er, von flockigem Schnee gesäumt, in einer Spalte eines niedrigen, herzförmigen Eishügels. Es sah ganz wie eine Quelle aus, obwohl sie nicht einen Augenblick annahm, daß es sich bei der Flüssigkeit um Wasser handelte. Sie konnte den Grund nicht sehen; offenbar entsprang sie in beträchtlicher Tiefe. Der Gedanke an eine Quelle war vermutlich falsch. Alles, was in dieser Welt in flüssigem Zustand existierte, mußte man sich als eine Art vulkanische Erscheinung denken. Sicher stieg eine beachtliche Hitze daraus auf, denn, obwohl die Luft so dünn war, heulte der Wind fast. Der freie Mantel schwebte etwa dreißig Meter über ihr auf und nieder wie das letzte Blatt eines langen, grausamen Herbstes. Seinem Element näher, erzitterte der Blasenmantel unter etwas Komischem wie unterdrückter Wut.
Was jetzt? Sollte sie sich, in der Hoffnung, daß der fremde Teil des Blasenmantels die Hitze nicht ertragen würde, beherzt in die Spalte herablassen? So nahe davor, erschien ihr dieser Ausweg töricht, da sie ja nicht wußte, worum es sich bei dem Magma da unten handelte. Außerdem hatte das Unternehmen wahrscheinlich nur dann Sinn, wenn wenigstens die Hälfte der gesamten Oberfläche der Blase untergetaucht würde, und das war nicht durchführbar – dafür war die Quelle nicht groß genug, selbst wenn man annahm, daß der vermischte Virusanzug sich nicht wehren würde, was er im Reinzustand hätte tun müssen. Im großen ganzen war sie gegen ihren Willen froh, daß das Experiment unmöglich war, denn der bloße Gedanke daran, in dieser zweifelhaften Quelle ein neues Risiko einzugehen, entsetzte sie.
Doch hatte sie offensichtlich jetzt nur noch sehr wenig Zeit sich zu entscheiden, selbst wenn man annahm – wozu sie keine Veranlassung hatte –, daß der Anzug seine Funktionen noch nie voll erfüllte. Die Blase zitterte mittlerweile so, daß sie mit allem rechnen mußte, und auch wenn sie weiter funktionierte, konnte sie sie jeden Augenblick von der Außenwelt abschneiden.
Der freie Mantel senkte sich tiefer, als sei er neugierig. Das machte das Zittern nur noch schlimmer. Sie fragte sich warum.
War es möglich – war es möglich, daß das Ding, das ihren Begleiter umarmte, neidisch war?
4
Sie hatte keine Zeit, diesen Gedanken zu
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