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Damon Knight's Collection 01 (FO 01)

Damon Knight's Collection 01 (FO 01)

Titel: Damon Knight's Collection 01 (FO 01) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damon (Hrsg.) Knight
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– dafür hatten viele Jahre und nicht eben wenige unterdrückte Regungen gesorgt; es war zu spät für große Erschütterungen, besonders so weit weg von der Sonne, die ihre Stockholmer Straßen und ihre törichten Freundschaften gewärmt hatte. Heute lagen all diese nichtssagenden Abenteuer hinter ihr wie eine Krankheit. Die Phantomumarmung des Virusanzugs war vielleicht nicht so befriedigend – nur vielleicht –, aber sie war viel zuverlässiger. Sehr viel zuverlässiger.
    Dann, als sie sich bückte, um die Spitze eines Thermoelements in den Hochzeitskuchenboden zu rammen, traf sie der zweite Fliegende Mantel (oder war es derselbe?) ins Kreuz und stürzte sie in einen Alptraum.
     
     
2
     
    Mit der plötzlichen Dunkelheit überkam sie schlagartig eine heftige, unerklärliche Erregung – unerklärlich, doch auf irgendeine schockierende Weise vertraut. Augenblicklich außer Atem, fühlte sie sich erschlaffen, ihr Geist trübte sich, trieb im Nichts und stürzte gleichzeitig einer Trance entgegen.
    Der lange Fall verlangsamte sich kurz vor der Bewußtlosigkeit, halbwegs aufgefangen von einem Sims aus Traum, einem Gerüst aus Erfahrungen, die vier Jahre zurücklagen – eine große Entfernung, wenn man bedenkt, daß in einem vierdimensionalen System eine Sekunde Zeit gleich 300 000 Kilometer Raum ist. Seltsam, daß gerade eine so belanglose Erinnerung sie aufgefangen, ja gestützt haben sollte, eine Erinnerung nicht an ihr Zuhause, nicht an ihre wenigen Siege oder gar an ihre gescheiterte Ehe, sondern an ein schmutziges kleines Intermezzo mit einem Reporter, mit dem sie sich auf der Madrider Genetikertagung eingelassen hatte, als sie selbst schon außerordentliche Professorin war, schwedische Regierungsdelegierte, fünfundzwanzig Jahre alt, geschieden und alles in allem eine Frau, die es eigentlich besser hätte wissen müssen.
    Aber besser als was? Sogar in jenen Tagen war man als Wissenschaftler praktisch mit der Universität verheiratet. Es gab so viel zu lernen – zumindest mußte man immer gerade so viel wissen, um mitreden zu können –, daß jemand, der am gewöhnlichen Getriebe der Welt teilnehmen wollte, bald wieder absprang oder sich erst gar nicht darauf einließ. Solche Leute wandten sich mit Schaudern oder gar verächtlichem Schnauben von der Aussicht auf lebenslänglichen Verzicht ab. Wer eine wissenschaftliche Laufbahn einschlug, puppte sich in seiner Jugend auf unbestimmte Zeit ein, um sich dann eines Tages als Erwachsener in einem fremden Körper wiederzufinden. Sie war weder stolz noch von sich eingenommen noch irgendwie gefestigt, sondern bloß auf eigenartige Weise jungfräulich erstarrt daraus hervorgegangen, in hohem Maße abhängig von vertrauten Umgebungen und unbewußten Gewohnheiten, und, leicht beeinflußbar, allem und jedem, was sich auch nur mit normaler Selbstsicherheit präsentierte, schnell unterlegen – aber wenn die Wellen einer Mode, einer politischen Idee oder romantischen Richtung über sie hinweggegangen waren, ohne sie als eine zu unsichere Kandidatin, als daß man sie ins Zentrum der Dinge vorgelassen oder überhaupt in die engere Wahl gezogen hätte, mitzunehmen, verfiel sie wieder in dieselbe Starre wie vorher.
    Seltsam, höchst seltsam, daß sie in ihrer augenblicklichen leisen Panik ausgerechnet an einem so abwegigen Gedanken Halt gefunden haben sollte. Der Zwischenfall in Madrid war nicht wichtig gewesen; sie war fast sofort damit fertig geworden. Natürlich rechnete sie sich nie zu den Frauen, die »leicht zu haben« sind, und so hatte sie diese Affäre auch immer als die einmalige (oder schlimmstenfalls einmal wiederholte) rein sexuelle Erfahrung betrachtet, die jede Frau in ihrer Vergangenheit zu haben ein Recht besitzt. Auch war es in Wirklichkeit gar nicht so erfreulich gewesen. An sein Gesicht konnte sie sich jetzt nicht erinnern, und sie entsann sich vor allem deshalb nicht daran, wie er sich angefühlt hatte, weil er in so gleichgültiger und geringschätziger Eile gewesen war.
    Aber jetzt, da sie davon träumte, stellte sie wie unbeteiligt fest, daß sie ihr ganzes Leben lang auf diese oder jene Art immer wieder ins Belanglose abgeglitten war. Selbst in dieser Stunde ihres mutmaßlichen Todes gab es nichts, woran sie sich sonst noch erinnern konnte. Handlungen ziehen Konsequenzen nach sich, sagte ihr ein Gedanke, aber nicht unsere. Wir haben gehandelt, aber nicht gefühlt. Wir, du und, ich, sind auf dem Titan nicht einsamer als wir es immer waren. Basta,

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