Damon Knight's Collection 04 (FiO 07)
wahr?«
Paul seufzte. »Ich gebe es zu. Ich bin der Versuchung erlegen. Der Gedanke, dich dich selbst um dein ganzes Vermögen bringen zu sehen, war zu verlockend. Aber jetzt tut mir das wirklich leid, Andrew.«
»Vergiß es.«
Erna rutschte vom Bett herunter und folgte Paul hinaus, berührte Andrews Hand, als sie vorbeiging. Er lauschte, wie die beiden den Korridor entlanggingen, dann das sanfte Schließen der Tür, als sie den Trakt verließen, um zu den Ställen hinaufzugehen. Danach lag er ruhig, hin- und herdenkend, während sich Versuchung und Zorn langsam zu einer Triebkraft zusammenballten. Schließlich wand er sich aus dem Bett und stand barfüßig auf dem Boden, sein ganzes Wesen war vergiftet, kalt, brutal.
Für dich wieder arbeiten! Für dich arbeiten! Wozu denn, du dämliches, rachsüchtiges altes Arschloch! Die Früchte eines Lebens um eines Augenblicks willen vernichten! Du vertrockneter Akademiker! Dich befriedigt es vielleicht, sechzig Jahre mit den Augen an einem Mikroskop hängend zu verbringen, aber mir steht der Sinn nach etwas anderem. Und diesmal werde ich keine fünfzehn Jahre verschwenden, um den Hintern vom Boden hochzukriegen.
Er wußte, daß sie mindestens für eine Stunde in den Ställen zu tun hatten. Er schlich den Korridor entlang, am Operationszimmer vorbei, ins Laboratorium. Es war dunkel bis auf ein kleines Licht über Pauls Schreibtisch. Er ging – seine Augen hatten sich augenblicklich auf die Dunkelheit eingestellt – vorsichtig und langsam den langen Gang hinunter, untersuchte dabei Pauls Ausrüstung im Vorbeigehen, berührte hier und da ein Gerät, erkennend, sich erinnernd, während das Wissen mit den anderen wiederbelebten Kräften in ihn zurückströmte. Auf halber Höhe des langen durchgehenden Arbeitstisches angelangt, blieb er stehen. Da, in einem Glaskasten, vor einigen Reihen ähnlicher kleiner Phiolen, war die eine mit der durch den Korken gestochenen Stopfnadel. Er blickte kühl berechnend auf das gläserne Gefäß.
»Wird es mit ihm in Ordnung gehen?«
Ernas Stimme, er erstarrte.
»Liebst du ihn?«
Beim Klang von Pauls Stimme wurde Andrew klar, daß er über eine offene Gegensprechanlage zwischen dem Labor und den Ställen mithörte. Er sah sich danach um und machte das Gerät etwas weiter links aus, er war im Dunkeln dran vorbeigegangen.
»Ich glaube, schon.«
Schwach aus dem Hintergrund konnte er jetzt ein Pferd schnaufen hören, und dazwischen das zeitweilig aussetzende Winseln eines Hundes. Er entspannte sich und wandte sich wieder dem Glaskasten zu, seine Augen auf die Phiole geheftet.
Ein Glucksen von Paul. »Andrew ist jetzt in Ordnung.«
»Wie kannst du so sicher sein?«
Sie war Millionen wert, diese Phiole. Ungezählte Millionen. Alles Glück der Welt würde ihm in den Schoß gepurzelt kommen. Die eitlen Reichen, Politiker, Sportler, Filmstars …
»Die Ratten, Erna.«
Verstohlen schob Andrew die Tür zu dem Glaskästchen auf. Seine Hände schlossen sich um die Phiole. Dann hielt er inne, prüfte die anderen Fläschchen, die in den Regalen aufgereiht waren. Enthielten sie dieselbe Flüssigkeit?
»Welche? Die ersten zwei sind gestorben.«
»Ah, aber sie haben ihren Zweck erfüllt! Wenn sie sich nicht, nachdem sie den Prozeß durchlaufen hatten, an den Irrgarten erinnert hätten, hätten wir nie vermutet, daß wir praktisch dasselbe Wesen reproduziert hatten.«
Andrew drehte die Phiole in den Fingern. Nun denn. Ich werde wohl schon eine Weile für dich arbeiten. Lang genug, um zu beobachten, zu lernen. Wenn ich genug weiß, kann ich ja jederzeit gehen.
»Aber die nächsten vier Ratten vergaßen den Irrgarten und mußten alles wieder von vorne lernen. So war es in jedem Fall, Erna. Diejenigen, die sich an den Irrgarten erinnern, sind auch diejenigen, deren Bluterzeugung nach einigen Wochen versagt. Es ist so, als ob das Wesen als Ganzes eine einschneidende Begradigung durchführen müßte, um zu überleben. Ich bin froh zu sagen, daß Andrew jetzt ein anderer Mensch ist.«
Während Andrew Pauls trockenes, überzeugtes Kichern hörte, fühlte er, wie die Phiole in seiner Hand schwer wurde.
Hinreichender Verdacht
( Probable cause)
Charles L. Harness
Das Recht der Menschen auf Unverletzlichkeit der Person, der Wohnung, der Urkunden und des Vermögens, gegen unrechtmäßige Durchsuchung und Beschlagnahmung darf nicht verletzt werden, und kein Haftbefehl darf erteilt werden, es sei denn aufgrund hinreichenden Verdachts
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