Damon Knights Collection 10
den Mastodonknochen angekündigt und ausgegraben hatte. Die Funde jetzt waren so echt, wie man es erwartete, und doch wirkte ihre Anhäufung irgendwie verdächtig.
Und dieser Anteros war ein Erdarbeiter! Er entfernte den Sand, er entfernte die Steine, ihm entging nichts. Und mittags verschwand er.
Eine Stunde später kam er mit einem chromglänzenden Kombi wieder, aus einer überwachsenen Schlucht, wo niemand einen Weg vermutet hatte. Er war in der Stadt gewesen. Er brachte eine Menge Aufschnitt, Käse, Pasteten und appetitliche Kleinigkeiten, dazu zwei Kästen mit gekühltem Bier und etwas Whisky.
„Ich dachte, du seist ein armer Mann, Anteros“, tadelte Terrence.
„Ich sagte doch, daß ich ein reicher alter armer Mann bin. Ich habe neuntausend Morgen Grasland, ich habe dreitausend Stück Vieh, ich habe Luzernen- und Klee- und Getreidefelder und Weiden –“
„Oh, ich kann das nicht mehr hören!“ fauchte Magdalen.
„Ich habe andere Dinge“, schloß Anteros mürrisch.
Sie aßen, sie rasteten, sie arbeiteten den ganzen Nachmittag. Magdalen arbeitete ebenso rasch und gründlich wie Anteros. Sie war jung, sie war kräftig, sie war sonnengebräunt. Sie war nicht hübsch (Ethyl schon). Sie hätte jederzeit jeden der Männer haben können (Ethyl nicht). Sie war Magdalen, die oft Unangenehme, die meist Lässige, die plötzlich Leidenschaftliche. Sie war die Spannung der Gruppe, die Sehne des Bogens.
„Anteros!“ rief sie scharf, eben als die Sonne unterging.
„Die Schildkröte?“ fragte er. „Die Schildkröte im toten Wasser unter dem Felsvorsprung? Aber sie ist fett und glücklich und hat keinem etwas zuleide getan, es sei denn aus Hunger oder im Spaß.“
„Genau die! Sie wiegt achtzehn Pfund. Sie ist fett. Sie wird gut schmecken. Nur achtzig Meter, wo die Böschung zum Green River hin abfällt, unter dem kleineren Vorsprung aus Schieferton, der wie echter Schiefer aussieht, zwei Fuß tief –“
„Ich weiß, wo sie ist, ich werde die fette Schildkröte holen“, sagte Anteros. „Ich selbst bin die fette Schildkröte. Ich bin der Green River.“ Er ging, um sie zu holen.
„Oh, seine verdammte Poesie!“ fauchte Magdalen, als er fort war.
Anteros brachte die fette Schildkröte. Sie sah aus, als würde sie fünfundzwanzig Pfund wiegen; aber wenn Magdalen sagte, daß sie achtzehn Pfund wog, dann waren es achtzehn.
„Fang zu kochen an, Ethyl!“ sagte Magdalen. Magdalen besaß keine abgeschlossene Ausbildung, und es war ein Mordsdusel, daß sie an der Expedition überhaupt teilnehmen durfte. Die anderen Gruppenmitglie der waren alle bedeutende Archäologen. Magdalen hat te kein Recht, irgend jemandem Befehle zu erteilen, außer ihrem angeborenen Recht.
„Ich weiß nicht, wie man Schildkröte macht“, beschwerte sich Ethyl.
„Anteros wird es dir zeigen.“
„Der nächtliche Geruch frisch ausgehobener Erde!“ sinnierte Terrence Burdock, als sie etwas später um das Lagerfeuer saßen, voll Schildkröte und Whisky, und den Quellen der Weisheit ganz nahe. „Ein freigelegtes Zeitalter läßt sich meiner Meinung nach schon durch die besondere Geruchsnote bestimmen.“
„Geruchsnote! Daß ich nicht lache!“ tönte es von Magdalen. Aber tatsächlich, es ging ein zeitbeschwörender Hauch von der Grabung aus: kühl, zugleich modrig und schwer, erfüllt von altem, geschichtetem Wasser und zusammengepreßtem Tod. Geschichtete Zeit.
„Es hilft, wenn man bereits weiß, welcher Art das freigelegte Zeitalter ist“, sagte Howard Steinleser. „Hier haben wir eine Anomalie. Der Schlot verhält sich manchmal, als sei er jünger als der Hügel. Der Schlot kann nicht jung genug sein, um einen Felsblock mit Schriftzeichen zu enthalten, aber er tut es.“
„Die ganze Archäologie besteht aus Anomalien“, sagte Terrence, „die so zusammengesetzt werden, daß sie in ein Zufallsschema passen. Andernfalls gäbe es kein System für sie.“
„Jede Wissenschaft besteht aus Anomalien, die so zusammengesetzt werden, daß sie passen“, sagte Robert Derby. „Hast du die Schrift entziffert, Howard?“
„Ja, so ziemlich. Besser, als ich es erwartete. Charles August kann natürlich alles noch einmal überprüfen, wenn wir das Ding zur Universität bringen. Es ist eine Inschrift, die nichts mit einem König oder einem Stamm, aber auch nichts mit Krieg oder Jagd zu tun hat. Sie fällt unter keines der herausragenden Symbole, in keine unserer Kategorien. Sie kann nur als unkategorisiert oder persönlich
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