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Damon Knights Collection 4

Damon Knights Collection 4

Titel: Damon Knights Collection 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damon Knight
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Fotografie ab. »Helen und ich werden als erste unterzeichnen«, sagte er einfach. »Das würde sie freuen.«

Robert Silverberg
 
Passagiere
     
    Von mir sind jetzt nur noch Fragmente übrig. Gedächtnisbrocken sind freigebrochen und weggetrieben wie von kalbenden Gletschern. Es ist immer so, wenn uns ein Passagier verläßt. Wir können nie sicher sein, was unsere beherrschten Körper getan haben. Wir tragen nur die zurückbleibenden Spuren, die Eindrücke.
    Wie Sand, der an einer meergeschüttelten Flasche haftet. Wie das Klopfen eines amputierten Beines.
    Ich erhebe mich. Ich besinne mich. Ich kämme mein Haar. An den Falten in meinem Gesicht sehe ich, daß ich während der letzten Tage wenig geschlafen habe. Ein schaler Geschmack ist in meinem Mund. Hat der Passagier mit meinem Mund Dreck gegessen? Sie tun das. Sie tun alles.
    Es ist Morgen.
    Ein grauer, ungewisser Morgen. Ich starre eine Weile hinein, und dann, fröstelnd, lasse ich die Verdunklung über das Fenster herunter und sehe mich statt dessen der grauen, ungewissen Oberfläche der inneren Verkleidung gegenüber. Mein Zimmer sieht unordentlich aus. Hatte ich eine Frau hier? Die Aschenbecher sind voll. Als ich nach Zigarettenstummeln suche, finde ich verschiedene mit Lippenstiftspuren. Ja, eine Frau war hier.
    Ich berühre die Bettlaken. Sie sind noch warm von geteilter Wärme. Beide Kopfkissen zerwühlt. Sie ist indessen gegangen, der Passagier ist verschwunden, und ich bin allein.
    Wie lange hat es diesmal gedauert?
    Ich nehme den Hörer ab und rufe die Zentrale an. »Welches Datum haben wir heute?«
    Die sanfte, weibliche Stimme des Computers erwidert: »Freitag, vierter Dezember 1987.«
    »Die Zeit?«
    »Neun Uhr einundfünfzig, östliche Standardzeit.«
    »Die Wettervorhersage?«
    »Vorausgesagte Temperatur für heute zwischen dreißig und achtunddreißig Grad Fahrenheit, augenblickliche Temperatur einunddreißig Grad Fahrenheit, Wind von Norden, sechzehn Meilen in der Stunde, geringe Neigung zu Niederschlägen.«
    »Was empfehlen Sie bei einem Kater?«
    »Essen oder Medikamente?«
    »Was Sie wollen«, sage ich.
    Der Computer grübelt eine Weile darüber nach. Dann entscheidet er sich für beides und aktiviert meine Küche. Der Hahn liefert kalten Tomatensaft. Eier beginnen zu brutzeln. Aus dem Medikamentenschlitz kommt eine purpurfarbene Flüssigkeit. Der Zentral-Computer ist immer so aufmerksam. Ob die Passagiere ihn wohl jemals tyrannisieren? frage ich mich. Welchen Anreiz könnte das für sie haben? Sicher muß es aufregender sein, die Millionen Gehirne der Zentrale zu beherrschen, als eine Weile in der schadhaften, kurzgeschlossenen Seele eines menschlichen Körpers zu leben.
    Vierter Dezember, sagte die Zentrale. Freitag. Also hat mich der Passagier für drei Nächte in der Gewalt gehabt.
    Ich trinke das purpurfarbene Zeug und untersuche behutsam meine Erinnerungen, wie man eine Eiterbeule untersuchen würde.
    Ich erinnere mich an Dienstag morgen. Miese Stimmung bei der Arbeit. Keine der Tabellen will sich als richtig herausstellen. Der Abteilungsleiter ist gereizt, innerhalb von fünf Wochen wurde er dreimal von Passagieren heimgesucht. Seine Abteilung ist als Ergebnis davon in Unordnung geraten und seine Weihnachtsgratifikation gefährdet. Obwohl es dem System entsprechend Brauch ist, eine Person nicht für Irrtümer zu bestrafen, die den Passagieren zuzuschreiben sind, scheint der Abteilungsleiter zu fühlen, daß man ihn ungerecht behandeln wird. Also behandelt er uns ungerecht. Wir machen eine schwere Zeit durch. Die Tabellen revidieren, an dem Programm herumändern, die Eingaben zehnmal und mehr überprüfen. Heraus kommen: die detaillierten Voraussagen für Kursveränderungen bei Aktien von öffentlichen Einrichtungen, Februar – April 1988. Am Nachmittag sollen wir uns treffen, um die Tabellen und das, was sie uns sagen, durchzusprechen.
    An Dienstag nachmittag kann ich mich nicht erinnern.
    Da muß es dann gewesen sein, daß mich der Passagier heimgesucht hat. Vielleicht bei der Arbeit, vielleicht mitten im mahagonigetäfelten Beratungszimmer, während der Konferenz. Rosig besorgte Gesichter rings um mich; ich huste, ich taumle, ich stolpere von meinem Sitz. Sie schütteln traurig ihre Köpfe. Niemand langt nach mir. Niemand hält mich zurück. Es ist zu gefährlich, sich mit jemandem zu befassen, der in der Gewalt eines Passagiers ist. Vielleicht liegt schon ein zweiter, körperloser Passagier auf der Lauer, der auf die Besitznahme

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