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Danse Macabre

Danse Macabre

Titel: Danse Macabre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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im Computer gekommen war, der den Eindruck
erweckte, die Russen hätten ihre Raketen abgefeuert und der
Große Heiße hätte angefangen). Indem ich mir einfach zugestand, daß einige Menschen überlebten - keine Überle benden, keine Geschichte, habe ich recht? -, konnte ich die Vision einer Welt entwerfen, in der alle Kernwaffen einfach verrosten würden und eine Art normalen moralischen, politischen und ökologischen Gleichgewichts in das verrückte Universum zurückkehren würde, das wir unsere Heimat nennen.
Aber ich glaube, daß niemand weiß, was er wirklich denkt
- oder auch nur wirklich weiß -, bis er es niedergeschrieben
hat, und in mir wuchs die Erkenntnis, daß die Überlebenden
sehr wahrscheinlich erst die alten Streitigkeiten wieder aufnehmen würden und dann die alten Waffen. Noch schlimmer,
diese ganzen tödlichen Spielzeuge würden ihnen zur freien
Verfügung stehen, und alles könnte letztendlich zu einem
Wettlauf werden, welcher Gruppe von Irren es als erste r gelingt, sie abzuschießen. Meine eigene Lektion beim Schreiben von The Stand war, daß das Zerschlagen des Gordischen
Knotens das Rätsel nicht löst, sondern es vernichtet, und die
letzte Zeile des Buches ist ein Eingeständnis, daß das Rätsel
immer noch existiert.
Das Buch versucht außerdem, die strahlenderen Aspekte
unseres Lebens zu feiern: schlichtweg menschlichen Mut,
Freundschaft und Liebe in einer Welt, die so häufig weitgehend lieblos wirkt. Trotz seines apokalyptischen Themas ist The Stand größtenteils ein hoffnungsvolles Buch, das Albert
Camus’ Bemerkung widerspiegelt, wonach »auch Glück unvermeidlich ist«.
Prosaischer ausgedrückt, meine Mutter hat meinem Bruder David und mir immer gesagt: »Hofft auf das Beste und
rechnet mit dem Schlimmsten«, und das drückt das Buch, an
dessen Niederschrift ich mich hier erinnert habe, besser als
alles andere aus.
Kurz gesagt, wir hoffen also auf eine vierte Ebene (einen
dreifachen Werwolf?), die den Kreis wieder schließt und uns
zum Horror-Autor nicht nur als Schriftsteller, sondern als
menschliches Wesen bringt, als sterblichen Mann oder sterbliche Frau, als weiteren Passagier im Boot, als Pilger auf dem
Weg zu jedwedem Ziel, das es auch immer geben mag. Und
wir hoffen, daß er darüber schreibt, wenn er einen anderen
Pilger fallen gesehen hat - aber erst nachdem er dem Gefallenen wieder auf die Beine geholfen, ihm die Kleidung abgestaubt und sich vergewissert hat, ob es ihm so gut geht, daß er
weitergehen kann. Wenn es ein solches Verhalten gibt, dann
kann es nicht die Folge eines intellektuellen Standpunkts
sein; sondern ist darauf zurückzuführen, daß es so etwas wie
Liebe gibt, eine praktische Tatsache, eine praktische Kraft in
menschlichen Angelegenheiten.
Moral ist letztendlich ein Kodieren der Dinge, die das Herz
als Wahrheit begreift, sowie der Dinge, die das Herz als Anforderungen eines Lebens unter anderen versteht …, mit
einem Wort, Zivilisation. Und wenn wir das Etikett »HorrorStory« oder »Fantasy-Genre« oder was auch immer entfernen und einfach durch »Literatur« oder einfacher, durch
»Dichtung« ersetzen, dann wird uns deutlicher, daß man so
verallgemeinernde Vorwürfe der Unmoral nicht machen
kann. Wenn wir sagen, daß Moral einfach von einem guten
Herzen ausgeht - was wenig mit lächerlichen Posen oder
Glücklich-bis-ans-Ende-aller-Tage zu tun hat - und daß Unmoral aus einem Mangel an Fürsorge entsteht, aus kitschiger
Darstellung oder der Prostitution von Drama oder Melodram, um sich persönlich zu bereichern, finanziell oder sonstwie, dann werden wir feststellen, daß wir einen kritischen
Standpunkt erreicht haben, der einerseits funktioniert und
andererseits human ist. Dichtung ist Wahrheit innerhalb der
Lüge, und in der Horror-Geschichte gilt, wie bei allen anderen Geschichten auch, heute noch dieselbe Grundregel wie
damals, als Aristophanes seine Horror-Geschichte von den
Fröschen erzählte: Moral ist, die Wahrheit so zu sagen, wie
das Herz sie kennt. Als er gefragt wurde, ob er sich nicht
wegen der Roheit und Schäbigkeit seines JahrhundertwendeRomans McTeague schämte, antwortete Frank Norris: »Weshalb sollte ich? Ich habe nicht gelogen. Ich bin nicht zu
Kreuze gekrochen. Ich habe ihnen die Wahrheit gesagt.«
Wenn man sie in diesem Licht betrachtet, dann kann man
die Horror-Geschichte meiner Meinung nach häufiger frei als
schuldig sprechen.
17
    Sehen Sie sich das an …, ich glaube, die Sonne geht auf. Wir
haben die ganze Nacht hindurch

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