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Dante Valentine 03 - Feuertaufe

Dante Valentine 03 - Feuertaufe

Titel: Dante Valentine 03 - Feuertaufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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anderen Göttern geweiht. Kerzen flackerten im Dämmerlicht, und mir stieg der schwache Geruch von Kyphii in die Nase. Hier waren Gottesdienst, Schuld und Furcht ganzer Generationen zu spüren und auch Psinergie aus jüngerer Vergangenheit. Schamanen, Nekromanten, Sedayeen und Zeremoniale kamen hierher, um ihre Opfergaben darzubringen. Das Gemisch all ihrer Energien verwandelte die Luft in ein geradezu berauschendes Gebräu.
    Die meisten alten Tempel und später auch die Kathedralen hatte man an Stellen errichtet, wo sich verschiedene Flurgrenzen kreuzten. Mit Beginn der Mericanischen Ära schossen sie dann überall wie die Pilze aus dem Boden, ganz ohne jedes System. Nach dem Skandal um die Vatikanbank und mit Beginn des Großen Erwachens wurden Kirchen wieder zu Tempeln umfunktioniert. Dieser Prozess hatte sich nach dem Siebzigtagekrieg und dem Sturz der Evangelikalen von Gilead noch beschleunigt. Das Parapsychogesetz und die Klassifizierung psionischer Begabungen ließen lediglich den Gotteshäusern auf Kreuzungspunkten ihre Rechte. Alle anderen wurden dem Erdboden gleichgemacht, um Platz für die geplanten Stadtsanierungen zu schaffen.
    Dieser Ort hier zeugte von Psinergie und Gottesdienst über einen sehr langen Zeitraum hinweg. Am Altargitter stand eine große, schwarz umhüllte Gestalt mit einem goldenen Haarschopf, der aus sich selbst heraus leuchtete. Die Gestalt sah schlank und schön aus und war offensichtlich kein menschliches Wesen.
    Trotz Japhrimels umsichtiger Vorsichtsmaßnahmen brauchten wir offenbar gar keinen Führer in die Hölle.
    Anubis et’her ka. Mir blieb das Herz stehen. Eine Sekunde lang verspürte ich das dringende Bedürfnis, zur Tür zu rennen und abzuhauen, ganz gleich wohin, einfach nur weg von hier. Die Erinnerung daran, wie Luzifers Finger sich in meinen Hals gebohrt hatten, war schlagartig wieder lebendig. Meine letzte Chance, das Weite zu suchen. Und ich war nahe daran, sie zu nutzen. Mein ganzer Körper bäumte sich gegen die Schockstarre auf.
    Japhrimel packte mich am Arm und zog mich vorwärts, bis er seitlich hinter mir stand. Ich schluckte hinunter, was mir auf der Zunge lag, und schritt den Mittelgang entlang. Jeder Tritt auf den Steinfliesen und Holzdielen hallte von den Wänden wider. Es war wie ein Slicboard-Rennen in der Selbstmordgasse von North New York Jersey. Man konnte lediglich den Atem anhalten und Vollgas geben. Und hoffen, man würde sich nicht allzu sehr wehtun.
    Neben der vorderen Sitzreihe blieb ich stehen. Luzifer lehnte lässig am Gitter. Mein Herzschlag beschleunigte sich.
    Ich dachte, wir würden uns in der Hölle treffen. Die Vorstellung, mir wäre die Hölle lieber gewesen, nur um den Teufel erst ein paar Augenblicke später zu Gesicht zu bekommen, ließ mich vor Verzweiflung beinahe laut auflachen. Um diesen Reflex zu unterdrücken, presste ich den Mund so fest zusammen, dass meine Zähne lautstark protestierten. Ein beschämender Verdacht keimte mir in auf. Der Gedanke, mein edler Gefallener, der mich nach dem Doppelschlag von Mirovitchs geistiger Vergewaltigung und Jace’ Tod mit so viel Geduld gepflegt hatte, könnte immer noch aufseiten des Teufels stehen, war mir äußerst zuwider.
    Das kann nicht sein, Danny. Die Angst redet dir das ein. Nur deine dumme, blöde Angst.
    Ich gab keinen Laut von mir, genauso wenig wie Japhrimel, der mir folgte und spürbar auf der Hut war. Von ihm ging eine Anspannung aus, wie ich sie nur selten bei ihm gespürt hatte. Es erinnerte mich an die Zeit in Toscano, wenn er so rätselhaft in die Ferne zu lauschen schien. Nur war dieser Eindruck hier ungleich stärker.
    Nachdem er offenbar der Meinung war, er hätte mich lange genug schmoren lassen, drehte sich Luzifer endlich langsam um. Anscheinend hatte er alle Zeit der Welt.
    Die hatte er wahrscheinlich auch.
    Er sah einfach zu gut aus, auf eine androgyne Art, wie sie hin und wieder bei Holovid-Models zu bewundern ist. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass er ein Mann war, hätte ich möglicherweise ernsthaft daran gezweifelt. Das Mal auf seiner Stirn blitzte grün, ein Smaragd ähnlich dem der Nekromanten, nur nicht implantiert. Luzifers radioaktiv-grüne Augen waren direkt auf mich gerichtet, und wenn ich nicht schon Japhrimels Blick gewohnt gewesen wäre, hätte es mir jetzt vielleicht sogar den Atem verschlagen.
    Stattdessen starrte ich auf den Smaragd. Wenn ich mich auf den Edelstein konzentrierte, bildete er sich womöglich ein, ich würde ihm in die Augen sehen.

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