Dante Valentine 03 - Feuertaufe
Nächsten, der mir zu nahe kam, mein Schwert vor die Nase zu halten.
Beinahe hätte ich das auch getan, aber Japhrimels Finger schlossen sich so fest wie eine Manschette um mein Handgelenk – ebenso sanft wie unnachgiebig. „Du bist wirklich nicht ganz auf dem Damm“, murmelte er. Ich musste so laut lachen, dass es in den Straßen widerhallte.
„Den Nächsten, der hier angeschwirrt kommt, klatsche ich in den Kanal“, sagte ich.
„Das kannst du dir sparen. Wir sind da.“ Er blieb vor einem steinernen Gebäude stehen, das so hoch war, dass ich den Kopf in den Nacken legen musste, weiter und immer weiter.
Die Türme der Kathedrale liefen spitz nach oben hin zu, hoch in den nächtlichen Himmel, der von den Reaktiv- und Elektrolampen der Stadt in oranges Licht getaucht wurde. Ich sah ein rundes Fenster mit echtem Glas, das stellenweise mit Plasglas ausgebessert worden war, in Form einer Rose, die von innen heraus rot leuchtete, wenn die Sonne darauf fiel. „Der Eingang zur Hölle ist ein Gotteshaus?“
„Nein.“ Er schüttelte den Kopf. In seinen Augen flackerten kurz diamantgrüne Runenmuster auf. „Wir sollen hier nur unseren Führer treffen. Allerdings wären die meisten Gotteshäuser durchaus gute Orte, um nach Pforten in die Hölle zu suchen.“ Wir stiegen die Stufen hinauf, und ich hielt mich am hüfthohen Gitter fest. Mit der rechten Hand – der Hand, die Santino getötet und sich in eine Klaue verwandelt hatte, nachdem ich Splitter meines alten Schwertes in das finstere Herz dieses aasfressenden Dämons getrieben hatte.
Ich berührte den Griff meiner Waffe und hob die schlanke Klinge etwas in die Höhe.
Hatjado mir ein Schwert gegeben, das den Teufel töten kann?
Ich hatte ihn seinerzeit nicht danach gefragt, da ich zu sehr mit Rigger Hall und der Trauer um Japhrimel beschäftigt gewesen war. Und woher hätte ich auch wissen sollen, dass der Fürst der Hölle mir erneut ins Leben pfuschen würde? Ich dachte, das erste Mal hätte ihm gereicht. Ich jedenfalls hatte ganz entschieden die Schnauze voll von ihm.
Ich starrte auf Japhrimels Rücken, als er vor der Doppeltür stehen blieb und eine seiner goldenen Hände hob, um sie zu öffnen.
Als ich geglaubt hatte, er wäre tot, hatte mich die Trauer beinahe umgebracht. Deshalb hatte er mir nicht gesagt, dass Luzifer nach mir gefragt hatte – um mich zu schützen. Er hatte recht gehabt. Wenn ich mich mit Luzifer hätte beschäftigen müssen, während mir gleichzeitig noch der Nachhall von Mirovitchs dünner Stimme durch den Kopf geisterte, dann hätte ich den Verstand verloren.
Keine mildernden Umstände, schnauzte mich mein Gewissen an. Was ist bloß aus der alten Danny Valentine geworden, die niemand anzulügen gewagt hätte?
Ich tat etwas, das ich noch nie zuvor getan hatte: Ich versuchte, meine innere Stimme zum Schweigen zu bringen. Ich schaffte es auf nicht gerade elegante Weise.
„Japhrimel.“
Er drehte den Kopf ein wenig zu mir her, um gleichzeitig die Tür im Auge zu behalten.
„Das würde ich niemals tun. Du weißt schon, an dir zweifeln.“ Wegen dir habe ich einen meiner wichtigsten Grundsätze verletzt. Ich brachte es nicht über mich, auch noch den Rest auszusprechen, hoffte aber, er würde auch so verstehen.
Er verzog die Lippen, aber das Mal an meiner Schulter erwachte plötzlich zu einer sanften Flamme, die meinen ganzen Körper umloderte. Zur Stärkung holte ich tief Luft.
Er stieß die Tür auf und schaute kurz in das Gebäude. Seine Schultern spannten sich an. Er drehte sich um und warf mir einen warnenden Blick zu. Irgendetwas stimmte nicht. Dann trat er ein und ließ die Augen aufmerksam durch die ganze Kirche schweifen. Ich wartete.
Schließlich ging er weiter. Ein schwerer Duft drang aus der offenen Tür zu mir, und mein Herz schlug mir bis zum Hals. Qualmender Moschus, frischgebackenes Brot und der undefinierbare Geruch eines Dämons.
Nicht eines x-beliebigen Dämons. Diesen Geruch kannte ich. Und ich hatte gehofft, ihn nie wieder riechen zu müssen.
Ich betrat die Kirche. Psinergie strich mir wohltuend über die Haut. Mein Mund war ausgetrocknet, mein Herz schlug Purzelbäume. Sogar in den Knöcheln konnte ich den Pulsschlag spüren.
Na, sieh mal einer an. Leise, wie aus eigenem Antrieb – oder von seinem Willen gelenkt – glitt die Tür hinter mir zu. An langen Reihen von Sitzbänken vorbei gelangte man zum Altar. Auf diesem stand ein mächtiges Sonnenrad der Hegemonie. Die Nischen der Seitenaltäre waren
Weitere Kostenlose Bücher