Darf’s einer mehr sein?
dem Fressen direkt wieder wegzunehmen und den Hunden nicht zu gestatten, gegenseitige Restekontrolle zu betreiben.
Selbstkontrolle in Bezug auf Futter
Das It’s-your-choice-Spiel (Du-hast-die-Wahl-Spiel) der kanadischen Trainerin Susan Garrett ist in unserer Grunderziehung ein festes Element geworden, um die Selbstkontrolle des Hundes in Bezug auf Fressbares zu schulen. Dabei lernen die Hunde zunächst im Einzeltraining, nicht an die dargebotenen Leckerchen in der offenen Hand zu gehen. Am leichtesten geht dies im Sitzen, wenn man die Leckerchenhand auf den eigenen Oberschenkel legt, um der Versuchung zu widerstehen, die Hand wegzuziehen. Bei jedem Versuch des Hundes zu klauen, schließt man schnell wortlos die Hand und öffnet sie sofort, wenn er auf Abstand geht. Reißt er sich zusammen, bekommt er als Belohnung mit der anderen Hand ein Leckerchen. Worauf es hierbei ankommt, ist, dass man weder durch Neinsagen noch Loben das Verhalten des Hundes beeinflusst, sondern er selbst den Zusammenhang zwischen aktivem Zurücknehmen und dem Erreichen seines Ziels erkennt.
Jeder Hund sollte das It’s-your-choice-Spiel erst einzeln kennenlernen, bevor es in der Gruppe gespielt wird.
Beim Füttern kommt jeder reihum mal dran, Vordrängeln gibt’s nicht.
Für Fortgeschrittene kann man alternativ erst ein, später immer mehr Futterstückchen um den Hund herum auf dem Boden verteilen. Versucht er zu klauen, nimmt man das Futter entweder wortlos wieder weg oder hält seine Hand darüber. Auch hier erscheint das Leckerchen sofort wieder, wenn der Vierbeiner sich beherrscht, und er wird aus der anderen Hand belohnt.
Hat ein Hund verstanden, dass er die besten Chancen auf sein Leckerchen hat, wenn er sich aktiv zurücknimmt, ist das eine ideale Voraussetzung, damit Futterneid in der Gruppe gar nicht erst ein Thema wird. Durch das It’s-your-choice-Spiel lernt er, dass es sich weder lohnt, für Futter aufdringlich zu werden, noch sich zu beeilen, um heruntergefallene Happen vom Boden zu sammeln. Sind diese Spielregeln klar, wird zu zweit und später zu mehreren gespielt. Jeder einzelne Hund wird dabei reihum belohnt und mit Namen angesprochen, bevor er sein Leckerchen bekommt. Dies verbessert wieder das gegenseitige Namensbewusstsein der Hunde in der Gruppe, und alle lernen, brav zu warten, bis sie dran sind.
Je größer die Selbstkontrolle in Bezug auf Futter, desto geringer die Gefahr, dass beim Füttern Stress aufkommt.
Übt man mit Futterbrocken auf dem Boden, ist es für mehrere Hunde zu Anfang leichter, mit etwas größerem Abstand in einer festen Position, zum Beispiel im Platz, „geparkt“ zu werden. Setzt man diese Übung ein, um gezielt das Verhalten eines tendenziell futterneidischen Hundes zu verbessern, kann man diesen wieder mit einer Leine absichern und so anbinden, dass er im Ernstfall keine Gelegenheit hätte, zum zweiten Hund zu gelangen.
Wie in jeder konfliktträchtigen Situation ist es im Sinne des Familienfriedens prinzipiell die Aufgabe des Menschen, für die Einhaltung der guten Umgangsformen zu sorgen. Bei aufkeimender schlechter Stimmung und erkennbaren Anzeichen für einen möglichen Streit ums Futter sollte sofort eingeschritten werden.
Was für die täglichen Fütterungen gilt, lässt sich genauso auf Kaustangen, Knochen, gefüllte Kongs und andere Dinge übertragen, an denen die Hunde länger fressen. Jeder bekommt seinen Anteil und darf sich ungestört damit beschäftigen. Je nachdem, wie angespannt oder entspannt dies abläuft, müssen auch die Kauzeiten beaufsichtigt werden. Unsere Regel lautet: Verwaiste Kauknochen dürfen aufgesammelt werden, Wegnehmen ist verboten. Je attraktiver der Kaugegenstand ist, desto größer ist die Gefahr, dass es zu Reibereien kommt. Wie bei Kindern im Sandkasten ist ein großes Geschrei zu erwarten, wenn der Dreijährige seine Lieblingsschaufel geklaut bekommt.
„Teilen“ zu können oder ohne Gegenwehr zuzulassen, wie ein anderer Vierbeiner das eigene Futter oder die Kaustange auffrisst, ist die hohe Kunst der Selbstkontrolle. Wie leicht oder schwer es einem einzelnen Hund fällt, dies zu lernen, hängt davon ab, wie wichtig Futter für ihn ist und wie intensiv schon an der Selbstkontrolle geübt wurde. Dabei spielen frühe Erfahrungen beim Züchter eine wichtige Rolle. Hatte jeder Welpe einen eigenen Napf und durfte ungestört fressen? Oder mussten die Kleinen sich einen großen Napf teilen, wo das Recht des Stärkeren galt?
Weitere Kostenlose Bücher