Dark Desires - Im Bann der Unsterblichkeit
durcheinanderbringen. Schließlich trat sie zögernd näher. Auch ihre Bewegungen verrieten ihre Jugend. Neugeborene Vampire bewegen sich wie Teenager, die zu schnell gewachsen waren: linkisch, tollpatschig, uneins mit ihrem veränderten Körper. Ein Mensch würde es nicht bemerken, doch Vampiraugen nahmen jede Nuance wahr.
„Es tut mir leid, dass Sie den weiten Weg machen mussten“, fuhr Martin fort. „Wir wissen Ihre Hilfe wirklich sehr zu schätzen.“
Devon trat vom Van zurück, um dem anderen Vampir Platz zu machen. Martin bedankte sich mit einem Nicken und öffnete die Seitentür. Paula vergaß beim Anblick des Toten ihre Angst. Sie kam heran und betrachtete den jungen Mann neugierig. Dann entdeckte sie die Bisswunde an seinem Hals. Ein gelblicher Schimmer überzog ihre braunen Augen. Wenn Paula in der Großstadt überdauern wollte, würde sie sich mit Blutkonserven und den Spenden menschlicher Verbündeter begnügen müssen. Vielleicht würde sie niemals auf die Jagd gehen. Niemals ihre wahre Stärke und ihr wahres Potential erreichen. Der Verzicht würde leichter sein, wenn sie die Jagd nicht kannte. Das Hochgefühl des Tötens, den Moment, in dem das Herz zu schlagen aufhörte und mit dem letzten, dem süßesten Schluck das Leben aus dem menschlichen Körper strömt. Dieses Feuer in den Adern, das heiße Prickeln auf der Haut, dieses kurze, viel zu kurze Gefühl der Lebendigkeit, würde sie vielleicht nie erleben.
Devon bedauerte und beneidete sie.
„Sieh dir das gut an“, befahl Martin seiner Frau. „Du wirst niemals etwas Derartiges tun, verstanden? Es ist eines der größten Vergehen überhaupt!“
„Was wird mit dem Vampir geschehen, der das getan hat?“, fragte Paula mit dünner Stimme.
„Wenn wir ihn finden, wird er bestraft. Er wird irgendwo Fingerabdrücke hinterlassen haben. Wir nehmen den ganzen Van auseinander!“
„Vielleicht war es keine Absicht.“ Paula berührte zaghaft ein Bein des Toten. „Vielleicht war es ein Versehen.“
„Dann wird der Herrscher der Stadt über sein Schicksal entscheiden.“
„Ihr Schicksal“, korrigierte Devon.
Martin sah ihn überrascht an. „Sind Sie sicher?“
„Der Tote hat einem Freund eine Textnachricht geschrieben, in der er eine Frau erwähnt.“ Devon wollte das Handy aus der Jackentasche ziehen, doch ihm fielen Dashiells Worte ein und er überlegte es sich anders. „Die beiden haben eine Bar namens Gold Bar besucht. In der Albert Street, in St. Kilda.“
„Gut. Sehr gut. Das wird uns helfen. Endlich ein Hinweis.“ Den letzten Satz sagte der Vampir mehr zu sich selbst.
„Warum?“ Devon fühlte sich durch den Tonfall des anderen zu dieser Frage genötigt. Hören wollte er die Antwort eigentlich nicht. Und Martin wollte sie ihm offensichtlich nicht geben. Dass er es doch tat, geschah wohl aus Respekt vor dem Älteren. Oder aus Verzweiflung.
„In den vergangenen vier Wochen sind drei Männerleichen gefunden worden. Zwei Obdachlose und ein Tourist aus Queensland. Alle drei vollkommen ausgeblutet. Bei den Obdachlosen konnte die Ursache dafür nicht mehr festgestellt werden, weil der Verwesungsprozess zu weit fortgeschritten war. Man hat sich auch keine große Mühe gegeben, es herauszufinden. Was verdammtes Glück für uns war, denn unser eigener Gerichtsmediziner hat die Ursache bei beiden zweifelsfrei feststellen können.“
„Einer von uns.“
Martin nickte grimmig. „Die Bisswunden waren leicht zu entdecken, wenn man wusste, wonach man sucht.“
„Wo wurden die Obdachlosen gefunden?“
„Port Melbourne. Den Ersten hat ein Hund in einem Park ausgebuddelt, der andere lag in einem leer stehenden Haus.“
Port Melbourne. Direkt vor Devons Haustür.
„Und der Tourist?“
„Wurde in der Kanalisation gefunden, in der Nähe des Luna Parks. Leider haben die Ratten genug übrig gelassen, um gefährliche Fragen aufzuwerfen. Einer der ermittelnden Beamten ist ein menschlicher Verbündeter, sonst hätte die Presse längst Wind von dem Fall bekommen. Obdachlose sind eine Sache, aber wenn Touristen verschwinden …“ Martin ließ den Rest des Satzes im Raum stehen. „Jetzt haben wir die vierte Leiche und ich denke nicht, dass es damit endet.“
„Könnte es jemand aus Melbourne sein?“
„Vermutlich nicht.“ Martin kratzte sich ratlos am Kinn. Eine äußerst menschliche Geste. „Die Vampire der Stadt sind zu diszipliniert. Wir denken, dass der Vampir von außerhalb kommt. Vielleicht eine Neugeborene, die ihren Meister
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