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Dark Room

Dark Room

Titel: Dark Room Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Andresky
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kann mit ihr und ihrem Vater. Sie haben gefragt, ob ich Evis Autolack zerkratzt habe. Jemand hat ›Ich vermisse dich‹ quer über die Motorhaube geritzt, dabei weiß ich nicht mal, wo Evis Auto geparkt war. Fällt dir jemand ein, der Evi sonst vermisst hat?«
    Fiona schüttelte den Kopf. Sie dachte nach, doch Evi hatte außer der Sekte praktisch keine Kontakte mehr gehabt. In ihrem Schädel breitete sich ein plötzlicher Kopfschmerz aus, als würde er ihre Schädeldecke von innen anheben, und sie überlegte, ob sie ins Bad rennen musste, aber dann war der Moment der Übelkeit vorbei, und sie strich wieder beruhigend über Jans Arm.
    »Und die haben dich gehen lassen?«
    Jan nickte. »Ich soll mich zur Verfügung halten und morgen noch mal aufs Revier kommen. Für heute war’s das wohl.«
    Jan sah so bleich und erschöpft aus wie nach einer langen Wanderung. Fiona überredete ihn, sich eine Weile hinzulegen, und versprach, bei ihm zu bleiben, bis er eingeschlafen war. Sie breitete eine Decke über ihm aus und setzte sich im Schneidersitz auf den Sessel daneben. Seine Atemzüge wurden tiefer, und er hielt die Augen geschlossen, fast zugepresst, aber er kam lange nicht zur Ruhe und drehte den Kopf immer wieder von einer Seite auf die andere.
    Noch während Jan erzählt hatte, war es Fiona kalt über den Rücken gelaufen, aber sie hatte sich auf ihn konzentriert. Jetzt, wo sie Zeit hatte, um nachzudenken, stellte sich das unangenehme Gefühl sofort wieder ein, und es war nicht Trauer oder Entsetzen, sondern Schuld. Fiona hatte gewusst, dass es keinen Zugang aufs Grundstück gab außer den beiden gesicherten Toren und der losen Latte. Und diese Latte kannte außer Evi und Jan nur sie selbst.
    Das bedeutete, sie, Fiona, hatte den Täter auf das Grundstück geführt. Der Irre mit den Pfeilen, der ihr gefolgt war, hatte also gesehen, wie sie in dem Bauzaun verschwunden war, und hatte dann die Gelegenheit genutzt und sich Zugang zum Haus verschafft. Warum er dort getan hatte, was er getan hatte, konnte sie sich nicht erklären, das klang jedenfalls nicht nach einer spontanen Aktion, es musste mehr dahinterstecken.
    Sie sah, ohne genau zu wissen warum, immer wieder auf ihr Handy, das sie auf stumm geschaltet hatte, als sie in der Küche den Tee für Jan und sich gekocht hatte. Ihr wurde klar, dass sie auf einen Anruf der Polizei wartete. Bestimmt hatte Jan berichtet, wie er ihr einige Male auf die Mailbox geschimpft hatte. Auch wenn er in der Kneipe gewesen war und dadurch ohnehin schon ein Alibi hatte, musste es die Polizei interessieren, dass sie Evis einzige Freundin gewesen war, zumindest bis diese den Kontakt abgebrochen hatte.
    Fiona legte sich die Hand über die Augen und versuchte sich zu erinnern, was in dieser Nacht, als sie den Fluchtweg durch Evis Garten genommen hatte, noch passiert war. Püppi hatte sie aufgegabelt und heimgebracht. Ansonsten bekam sie wenig zusammen, vor allem von dem Verfolger wusste sie nur, dass er bei ihrem schnellen Blick zurück eher mittelgroß und schmächtig gewirkt hatte. Vielleicht hatte er eine Glatze gehabt, da war sie sich schon nicht mehr sicher.
    Mit dem, was Jan erzählt hatte, kam sie nicht weiter. Sie musste jemanden fragen, der mehr wusste, und das konnte nicht die Polizei sein. Aber es gab eine Person in Evis Umgebung, die nachts oft wach durch die Wohnung geisterte und am Fenster stand: Tante Lorina.
    Deren Wohnung nahm die gesamte erste Etage ein, das hieß, ein Fenster zeigte zur Straße, eines zu Evis Haus, von dem aus hatte sie Fiona in der Nacht zugewinkt, und eines ging nach hinten in die Stichstraße, wo Püppi sie gefunden hatte. Wenn jemand etwas wusste, dann Tante Lorina.
    Es musste die alte Frau gewesen sein, die die Polizei gerufen hatte, denn nur sie konnte gesehen haben, dass Jan durch Evis Garten lief und schrie.
    Fiona schlich sich aus Jans Wohnung und wählte im Hausflur Tante Lorinas Nummer.
    »Tante Lorina, hast du die Polizei gerufen heute früh?«
    »Liebes! Dieser Jan hat dermaßen herumgebrüllt, da wusste ich gleich, dass etwas Schlimmes passiert sein musste.«
    »Hat die Polizei mit dir gesprochen? Weißt du was?«
    »Ich weiß zumindest, wer Evis Auto so zugerichtet und ›Ich vermisse dich‹ in den Lack gekratzt hat.«
    »Jan? Hast du es der Polizei gesagt? Der schwört, dass er es nicht war.«
    Tante Lorina schwieg einen kleinen Moment, dann sagte sie mit sehr milder Stimme: »Du, Liebes. Du warst es.«

 
    4 JABBERWOCKY
    Das Blockhaus lag

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