Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
einem zusätzlichen Königreich– erst recht nicht an einem, das so weit entfernt ist.“ Die Entfernung spielte in der Anderswelt keine große Rolle, aber zum Lindenland brauchte man schon ein wenig länger als etwa zum Vogelbeerland oder zu Dorians Eichenland.
„Das mag sein“, sagte sie unsicher. „Doch ist es kein Geheimnis, dass König Dorian seinen Machtbereich gern ausweiten würde. Darum hat er Euch ja zur Gefährtin genommen, nicht wahr?“
Nun erstarrte ich. „Nein. Darum geht es überhaupt nicht. Keiner von uns hat Interesse an Eurem Land. Aber Eure Nachbarn– oder einige Eurer Landsleute selbst– wahrscheinlich schon. Nach allem, was ich gehört habe, hätte Damos gern seine Tochter als Thronfolgerin.“
Ranelle nickte langsam. Die Thronfolge wurde durch die Macht festgelegt, nicht durch das Blut. Aber die meisten Monarchen wünschten sich dennoch Nachfolger aus der eigenen Familie– wenn sie schon das Glück hatten, überhaupt Kinder zu haben. Ich bedachte Ranelle mit einem wissenden Lächeln.
„Ob sie das Land beherrschen kann, hängt natürlich von ihrer eigenen Macht ab. Aber wenn Damos uns jetzt helfen würde, könnten wir sicher später Beistand leisten, gegen jedweden… Thronräuber, der darauf baut, das Lindenland für sich beanspruchen zu können.“
Ein Attentat, ein ausgewachsener Krieg. Die Methode war nicht so wichtig wie meine Aussage an sich. Ranelle schwieg, ließ sich das zweifellos durch den Kopf gehen. War ein solches Versprechen es wert, ihre Heere auszuschicken? Keine Ahnung. Aber auf jeden Fall, dass ihr König darüber nachdachte.
„Und darüber hinaus“, fügte ich beiläufig hinzu, um uns von diesem gefährlichen Thema wegzubringen, „würde ich mich freuen, mit Eurem König in Verhandlung über äußerst günstige Handelsvereinbarungen zu treten.“
Womit ich meinte, dass meine Leute verhandeln würden. Ich konnte Wirtschaftsfragen und Handelspolitik nicht ausstehen. Aber mein Königreich war heiß, buchstäblich und im übertragenen Sinne. Es Arizona nachzuformen hatte zu harten Lebensbedingungen geführt– aber auch reichhaltige Kupferlager mit sich gebracht. In einer Welt, die nicht mit Eisen umgehen konnte, war Kupfer das wichtigste Metall.
Ranelle nickte erneut. „Ich verstehe. Ich werde ihn darauf aufmerksam machen.“
„Gut.“ Ich stand auf. „Ich muss jetzt leider gehen, aber wenn Ihr noch irgendetwas braucht, dann lasst es mein Personal wissen. Und richtet Damos meine Grüße aus.“
Ranelle versicherte mir, dass sie das tun würde, und ich verließ sie, wobei ich ziemlich zufrieden mit mir war. Ich mochte solche diplomatischen Gespräche beinahe ebenso wenig wie Handelsgespräche, vor allem wegen meiner mangelnden Kompetenz. Aber dieses war gut gelaufen, und selbst wenn sich das Lindenland uns nicht anschloss, war ich sicher, dass Dorian recht hatte: Gegen uns in den Krieg ziehen würde es auch nicht.
Ich ging gerade Richtung Ausgang, da ich vorhatte, das nächstgelegene Tor zurück zur Menschenwelt zu nehmen, als ich an einem bestimmten Gang vorbeikam. Ich zögerte, starrte ihn hinunter und kämpfte mit mir. Dann verzog ich das Gesicht, änderte mein Ziel und bog um die Ecke. Der Raum, zu dem ich wollte, war leicht zu finden, da zwei Wachsoldaten davorstanden. Sie gehörten zu Dorians Truppen, was Absicht war, denn wenn schon jemand den Thronerben des Sturmkönigs zeugen sollte, dann doch bitte ihr Herr. Und alle Welt wusste, dass ich die Mutter war, die ihm vorschwebte, und nicht die Bewohnerin dieses Raumes.
Der eine Soldat klopfte an und öffnete die Tür einen Spaltbreit. „Die Königin ist hier.“
Ich brauchte in meinem Schloss nicht erst eine Erlaubnis, um einen beliebigen Raum zu betreten, wartete aber trotzdem die Antwort ab.
„Komm rein.“ Jasmine saß im Schneidersitz auf dem Bett und versuchte sich an einer Art Stickerei. Als sie mich erblickte, warf sie die Handarbeit genervt beiseite. „Das ist das Blödeste, was ich je gemacht habe. Ich wünschte, die Glanzvollen hätten Hobbys, die mehr Spaß machen. Ich wünschte, ich könnte reiten gehen.“
Den letzten Satz sprach sie mit wissendem Unterton, und ich ersparte mir eine Antwort. Jasmine stand unter Hausarrest, und ich ließ definitiv keine Aktivität zu, bei der die Gefahr bestand, dass sie den Wachen entwischte. Ich hob das grüne Stück Samt auf, an dem sie gearbeitet hatte, und sah mir die Stickerei an.
„Goldfisch?“
„Narzissen!“, rief sie.
Ich legte die
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